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Brandenburg: Datenkollekte statt Geld

Rot-rote Landregierung lehnt Finanzierung längerer Betreuungszeiten in Kitas weiter ab

Potsdam - Rot-Rot hat der Forderung von Opposition und Kita-Trägern, längere Betreuungszeiten in den Tagesstätten zu finanzieren, erneut eine Absage erteilt. „Niemand weiß, wie der tatsächliche Bedarf ist. Und bevor wir das nicht besser wissen, können und wollen wir keine seriöse Veränderung auf den Weg bringen“, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Mittwoch in einer von den Grünen beantragten Aktuellen Stunde im Landtags.

Anlass für die Debatte war die Selbstanzeige des Kita-Trägers Fröbel. Wie berichtet hat sich einer der größten Träger Brandenburgs selbst beim Bildungsministerium angezeigt, weil er den vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel nicht erfüllen könne. Schuld daran sei das Land, weil es nur eine Betreuungszeit von maximal 7,5 Stunden täglich gegenfinanziere, viele Eltern ihre Kinder wegen langer Arbeitszeiten- und wege aber länger in den Kitas lassen. Das Problem betreffe nicht nur sein Unternehmen, sondern alle Kita-Träger, hatte Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker im PNN-Interview erklärt. Ein gemeinsamer Antrag von Grünen und CDU, eine dritte Betreuungsstufe, also längeren Aufenthalt der Kinder in den Einrichtungen, auszufinanzieren, war im Januar vom Landtag abgelehnt worden. Mit der Mehrheit von Rot-Rot war damals lediglich beschlossen worden, den tatsächlichen Betreuungsbedarf landesweit zu evaluieren.

Das sei eine „fadenscheinige Ausrede“, um das Projekt auf die lange Bank zu schieben, kritisierte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Marie Luise von Halem. Rot-Rot verstecke sich hinter dem Vorwand, erst Daten erheben zu müssen, betonte auch der Bildungspolitiker der CDU, Gordon Hoffmann. Die Daten lägen längst vor. Laut einem Zwischenbericht des „Expertendialogs Kita Brandenburg“ stieg beispielsweise im Krippenbereich der Anteil der Kinder, die länger als acht Stunden betreut werden, von 60 Prozent im Jahr 2001 auf 70 Prozent 2016. Bei den Drei- bis Sechsjährigen stieg der Anteil im selben Zeitraum von 59 Prozent auf 68 Prozent. Laut Fröbel haben landesweit in allen Einrichtungen ein Drittel der Eltern einen Rechtsanspruch auf eine Kitabetreuung ihrer Kinder von mehr als siebeneinhalb Stunden.

Es gebe auch Regionen in Brandenburg, in denen die Kinder deutlich weniger als sechs Stunden in der Kita verbringen, betonte hingegen die SPD-Abgeordnete Gabi Theiss. Der Antrag sei „populistisch“, warf Gerrit Große (Linke) der Opposition vor. Seit 2009 habe Rot-Rot kontinuierlich in die Verbesserung der Kita-Qualität investiert.

Das Vorgehen von Fröbel sei in seinen Augen keine Selbstanzeige, sondern „eine Anklage gegen die Landesregierung, machte der CDU-Politiker Hoffmann deutlich. Dem Träger droht der ein Entzug der Betriebserlaubnis, wenn er den Personalschlüssel nicht einhält. Das Bildungsministerium prüft die Selbstanzeige. Die Anfrage, ob die Prüfung schon etwas ergab, blieb am Mittwoch unbeantwortet. Marion Kaufmann

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