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Brandenburg: „Das Verständnis für Patente ist gewachsen“

Bernhard Bomke, Leiter von Brainshell, über das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft

Herr Bomke, wozu braucht das Land Brandenburg eigentlich eine Patentverwertungsagentur? Warum können die Forscher ihre Erfindungen nicht selbst vermarkten?

Die Wissenschaftler sollen sich voll auf ihre Forschungsarbeit konzentrieren können. Zudem fehlt es ihnen oftmals an den betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Grundkenntnissen, um ihre Entwicklungen möglichst gewinnbringend zu vermarkten. Unser Angebot soll die Forscher entlasten. Insgesamt arbeiten wir mit 13 Partnern zusammen. Bekommen wir von den Hochschulen eine neue Entwicklung gemeldet, prüfen wir, ob sie patentierbar ist. Wenn ja, suchen wir nach Unternehmen zu denen die Erfindung passen könnte.

Brainshell gibt es seit 2002. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Bisher haben wir 146 Erfindungen zum Patent angemeldet. Allerdings kann es zwei bis drei Jahre dauern, bis das Patentamt eine Entscheidung getroffen hat. Seit 2002 wurden insgesamt 55 Patente erteilt. Mit der Vermarktung beginnen wir jedoch bereits mit der Anmeldung. Von den 146 angemeldeten Patenten haben wir mittlerweile 41 vermarktet, also etwas weniger als ein Drittel. Vergleichbare Erhebungen der einzelnen deutschen Verwertungsagenturen gibt es seit 2005 leider nicht mehr. Bis dahin lagen wir aber immer unter den ersten zehn von insgesamt 20.

In welchen Bereichen sind die brandenburgischen Hochschulen besonders innovativ?

Brandenburg hat teilweise sehr starke Lehrstühle, die auch von Unternehmen im Ausland wahrgenommen werden. Aus den Erfindungsmeldungen, die wir erhalten, können wir Forschungsschwerpunkte insbesondere in den Bereichen Energie, Verfahrenstechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien und grüne Biotechnologie erkennen. Die Technische Universität Cottbus etwa hat sich auf die Fahne geschrieben, eine Energie-Universität zu sein. Die Universität Potsdam dagegen ist besonders stark in den Bereichen Informationstechnik und Life-Science. Entscheidend ist nicht ein besonders großes Angebot, sondern die Spezialisierung.

Deutschen Universitäten haftet der Ruf an, zwar hervorragende Grundlagenforschung zu betreiben, aber zu wenig an die wirtschaftliche Verwertbarkeit zu denken. Ist dieser Ruf überholt?

Es hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Mittlerweile ist das Verständnis für die Notwendigkeit von Patenten gewachsen – bei Hochschulen und bei den Unternehmen. Wissenschaftler legen viel Wert auf eine Veröffentlichung ihrer Erfindungen. Dagegen ist natürlich auch nichts einzuwenden. Zuvor sollte das Forschungsergebnis aber zum Patent angemeldet werden. Danach geht es nicht mehr. Mittlerweile bekommen wir im Jahr durchschnittlich 40 bis 50 neue Erfindungen gemeldet. Auch bei den Unternehmen hat sich die Einstellung gegenüber Patenten verändert. Noch vor rund fünf Jahren hieß es in Gesprächen oft, Patente seien zu teuer, zu zeitaufwendig. Dabei sind Patente ein Vermarktungsfaktor, helfen zum Beispiel bei Gesprächen mit Banken und Investoren.

Wie vermarktet Brainshell die Erfindungen?

In unserem Team arbeiten fünf sogenannte Innovationsmanager, die alle auf bestimmte Wissenschaftsbereiche spezialisiert sind. Teilt uns eine Hochschule eine neue Erfindung mit, trifft sich der jeweilige Innovationsmanager vor Ort mit den Wissenschaftlern und lässt sich die Entwicklung erklären. Im Anschluss erstellen wir ein Gutachten. Dabei spielen folgende Kriterien eine wichtige Rolle: Wurde die Erfindung zusammen mit anderen Partnern entwickelt? Standen Drittmittel zur Verfügung? Ist die Technologie wirklich neu und welchen Mehrwert bietet sie? Wie lange dauert es voraussichtlich, bis die Erfindung marktreif ist? Was an den Hochschulen entwickelt wird, ist meist kein fertiges Produkt. In der Regel werden die Erfindungen von den Firmen, mit denen die Lizenzverträge abgeschlossen werden, noch weiter entwickelt. Zu Innovationen, die wir für vermarktbar halten, erstellen wir nach dem Gutachten ein Kurzexposé und stellen sie zudem auf unserer Homepage vor. Die richtige Vermarktung läuft allerdings häufig über Messen. Ist ein Unternehmen interessiert, wird zunächst eine Geheimhaltungserklärung abgeschlossen.

In jüngsten Studien etwa der Bertelsmann-Stiftung zur Innovationsbereitschaft hat Brandenburg schlecht abgeschnitten. Dabei sind Forschung und Entwicklung aus Sicht des Landeswirtschaftsministerium entscheidend, um die aktuelle Wirtschaftskrise zu meistern. Wie hat sich die Krise bisher auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Anfang des Jahres war zu spüren, dass die Unternehmen bei Verhandlungen über Lizenzverträge zögerlicher geworden waren. Einige Verträge sind dann auch leider gar nicht erst zustande gekommen. Mittlerweile aber zieht es wieder an.

Das Gespräch führte Matthias Matern

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