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Schloss im Kleinformat. Katrin Radzick von der Bildgießerei Seiler in Schöneiche arbeitet an einem Teil eines Zink-Modells des Schwedter Schlosses im Maßstab 1:33. Obwohl es bereits 1962 abgerissen wurde, ist das Schwedter Schloss in der Stadt noch immer präsent.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Das Schwedter Schloss in Zink

1962 wurde das Schwedter Schloss abgerissen. Einst residierte in dem Bau aus dem 17. Jahrhundert die hohenzollerschen Nebenlinie Brandenburg-Schwedt. Jetzt kommt es wieder – nur kleiner

Schwedt - Ein lauter Knall beendete 1962 eine traditionsreiche Geschichte in der aufstrebenden Industriestadt Schwedt in der Uckermark: In Zeitlupentempo sackten die mächtigen Außenmauern des Hohenzollernschlosses in sich zusammen. Zuvor hatte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht den Ort besucht und entschieden: „Dieses Relikt des Junkertums muss weg.“ Das belegen Dokumente und Zeitzeugenberichte, bestätigt Edith Gelhaar, Vorsitzende des Schwedter Schlossgittervereins. Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Berliner Stadtschloss hatte Ulbricht schon 1950 sprengen lassen, die Ruine des Potsdamer Schlosses wurde 1960 platt gemacht.

Von der Sprengung in Schwedt sind auf der Internetseite des Schlossgittervereins Schwarz-Weiß-Aufnahmen einer 16-Millimeter-Kamera zu sehen. Obwohl dieser Vorfall bereits mehr als 60 Jahre zurückliegt, ist der Prunkbau – laut Gelhaar einst immerhin das drittgrößte Schloss in der Mark Brandenburg – längst nicht vergessen. „Es ist in Schwedt noch immer ein Thema, da immer noch stadtprägend“, bestätigt Stadtsprecherin Corinna Müller und verweist auf die 100 Meter breite Lindenallee, die mit dem Schlossbau im 17. Jahrhundert angelegt worden war und direkt auf das Gebäude zulief. „Diese Straße im Schwedter Zentrum ist immerhin breiter als die Straße Unter den Linden in Berlin“, sagt sie mit hörbarem Stolz in der Stimme.

Während zu DDR-Zeiten nur hinter vorgehaltener Hand über das Schwedter Schloss gesprochen wurde, an dessen Stelle 1978 ein modernes Kulturhaus gebaut worden war, gründete sich nach der Wende der Schlossgitter-Verein, um an die Geschichte des Ortes zu erinnern.

„Wir trauern nicht dem Schloss hinterher, das unwiederbringlich verloren ist. Uns ging es darum, dass die Schwedter begannen, sich für die Vergangenheit ihrer Heimatstadt zu interessieren“, erklärt Gelhaar. Immerhin 100 Jahre lang hatten die Markgrafen von Brandenburg-Schwedt in dem imposanten klassizistischen Bau residiert. Bis 1945 war die Hohenzollernfamilie Eigentümerin der dreiflügeligen Anlage mit barockem Schlosspark, deren Ende mit dem Granatenbeschuss der Roten Armee am 20. April 1945 begann.

Der Verein sammelte auch am Rande vielfältiger Veranstaltungen zur Stadthistorie über Jahre Spenden für den Nachbau des früheren Schlossgitters, das den barocken Park umgab. „120 000 Euro kamen zusammen, seit sieben Jahren steht das Gitter und ist zu einem beliebten Fotomotiv geworden“, erzählt die Vereinsvorsitzende.

Besonders bemerkenswert findet sie, dass die Summe tatsächlich allein durch Spenden aufgebracht worden war. Denn wie auch in anderen Industriestädten in der DDR ist die Schwedter Bevölkerung nicht natürlich gewachsen und verwurzelt, sondern in den 1960er-Jahren mit dem Bau des Petrolchemischen Kombinates aus allen Teilen der damaligen Republik „zusammengewürfelt worden“.

Durch die überwältigende Resonanz und viele Fragen ermutigt, beschloss der Verein weiterzumachen: In der Bildgießerei Seiler in Schöneiche (Oder-Spree) entsteht jetzt ein Zink-Modell des Schwedter Schlosses im Maßstab 1:33. Es soll noch in diesem Jahr, begleitet von einem großen Volksfest, im Park unweit des Schloss-Gitters aufgestellt werden. „Ursprünglich sollte es eine Bronze-Miniatur werden, doch das hätten wir nicht finanzieren können“, sagt Gelhaar.

An den rund 200 000 Euro teuren Anfertigungskosten beteiligen sich unter anderem die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, die Schwedter Stadtverwaltung und ortsansässige Firmen. Auch das Land Brandenburg stellt Lottomittel zur Verfügung. Der Sockel steht bereits.

Wenn das Modell mit einer Grundfläche von drei mal drei Metern dann im einstigen Schlosspark steht, können Betrachter zumindest erahnen, wie prunkvoll und stadtbildprägend das Gebäude mit den zwei Türmen und dem großen Ehrenhof einst war. Und sie bekommen eine Erklärung dafür, warum der einstige Schwedter Schlossgarten heute ein Europäischer Hugenottenpark ist. Hatte doch Kurfürstin Dorothea, Initiatorin des Schwedter Schlosses, 1685 Hugenotten in die Uckermark geholt, die rings um Schwedt den Tabakanbau verbreiteten und damit zum späteren Reichtum der Stadt beitrugen.

Jeanette Bederke

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