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Einkaufen an der frischen Luft. Der Wochenmarkt in Eberswalde (Barnim) war am Freitag trotz Coronakrise noch recht gut besucht. 

© Patrick Pleul/dpa

Coronakrise: Vorerst keine Ausgangssperre in Brandenburg

Brandenburg folgt Bayern noch nicht. Laut Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) wird es keine Ausgangssperre geben - zumindest nicht sofort. 

Potsdam - In Brandenburg wird vorerst keine Ausgangssperre wie in Bayern oder im Saarland verhängt. Das erklärte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag in Potsdam auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz zur Corona-Lage im Land. Ein solcher Schritt möge anderswo nötig sein, so Woidke. „Für Brandenburg kann ich das für die nächsten Stunden, für die nächsten Tage ausschließen“. Er begründete diese Linie der Kenia-Regierung damit, dass die bisherigen Maßnahmen wirken würden, und zwar sowohl die umgesetzten Restriktionen mit geschlossenen Kitas, Schulen und Geschäften, als auch die Aufrufe, soziale Direktkontakte auf ein Minimum zu reduzieren, also Abstand zu halten. Das ist nach seinen Worten die aktuelle Einschätzung der Regierung, der Landräte und Oberbürgermeister.

Das Verhalten habe sich geändert 

„Das Verhalten der Menschen hat sich geändert“, sagte Woidke. Er habe für Brandenburg „einen sehr sehr guten Eindruck.“ Man sehe es auch im Potsdamer Stadtbild oder an leeren Straßenbahnen. Zuvor hatten am Freitag Bayern und das Saarland Ausgangsbeschränkungen verhängt. Auch eine generelle Schließung aller Gaststätten – noch dürfen diese bis 18 Uhr öffnen, mit Mindestabständen zwischen den Tischen – wird dort diskutiert. Brandenburg sei wie Berlin bisher nicht der Auffassung, dass das bei Gaststätten nötig sei, so Woidke. Man werde sich am Wochenende anschauen, wie die Praxis aussehe. Woidke schloss nicht aus, dass in Brandenburg womöglich einzelne Städte, wenn es nötig werden sollte, zu strengeren Reglements greifen. Der Kreis Dahme-Spreewald ruft die Bürger „zum freiwilligen häuslichen Rückzug“ auf, wie Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Carsten Saß sagte. „Bitte beteiligen Sie sich! Bitte bleiben Sie zuhause!“

Warnung an Jüngere 

Ob sich die Ausbreitung der Pandemie tatsächlich verlangsamt, wird man auch in Brandenburg nach Einschätzung der Experten erst in vierzehn Tagen wissen – anhand der Zahlen zu Neuinfektionen und Erkrankten. Ausdrücklich wandte sich Woidke auf der Pressekonferenz diesmal an Jüngere: Es gebe unter ihnen die verbreitete Meinung, dass die Krankheit jüngere Menschen nicht treffen könne. „Das stimmt nicht“, sagte er. Das belege die Lage in Italien jeden Tag. „Auch jüngere Menschen sind einer riesengroßen Gefahr ausgesetzt.“ Zugleich hob der Regierungschef die „Welle der Hilfsbereitschaft“ im Land hervor. Insgesamt zeige sich bisher, dass Brandenburg gut aufgestellt sei, wie der bisherige Verlauf zeige: „Wir sind ein starker Staat.“

Städte- und Gemeindebund: Auflagen werden weitgehend akzeptiert

Die in Brandenburg inzwischen geltenden Auflagen und Verbote, die die Corona-Ausbreitung bremsen sollen, werden auch aus Sicht des Städte- und Gemeindebundes weitgehend umgesetzt. Mitarbeiter der Ordnungsämter überprüften die Einhaltung der neuen Vorschriften – „und in den meisten Fällen wird dies akzeptiert“, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Jens Graf. „Uns liegen aber schon erste Berichte vor, dass von den Kreisbehörden erste Schließungen schriftlich angeordnet wurden.“ Dabei kommt auch die Polizei ins Spiel. „Zum Teil wird über eine stärkere Präsenz der Landespolizei berichtet“, erklärte Graf. In verschiedenen Orten gebe es abgestimmte Streifendienste von Polizei und Ordnungsamt. „Die Sichtbarkeit der Landespolizei unterstützt die Umsetzung der Verordnung gerade in der Anfangsphase sehr“, betonte Graf. „In anderen Regionen wünscht man sich mehr Präsenz der Polizei, insbesondere um Menschenansammlungen aufzulösen.“ Solche Gruppen bildeten sich etwa in Parks und an Discountern.

Freie Wähler fordern Ausgangssperre 

So mehren sich in Brandenburg inzwischen Stimmen, stärker durchzugreifen und vorsorglich eine landesweite Ausgangssperre zu verhängen. Als erste Fraktion im Landtag forderten das am Freitag noch vor dem Auftritt Woidkes die Freien Wähler. Eine Sperre, zunächst auf zwei Wochen begrenzt, wobei das Verlassen der eigenen Wohnung für Arztbesuche, Fahrten zur Arbeit und Einkäufe weiterhin erlaubt sein sollten, sei nötig. „Als Bürgerrechtsbewegung der Mitte tun wir uns mit der Einschränkung von Freiheitsrechten sehr schwer“, sagte Fraktionschef Péter Vida. Doch die dramatische Entwicklung der vergangenen Tage zeige, dass zur Eindämmung und Verlangsamung der Pandemie stringentere Maßnahmen angewandt werden müssten. „In solch einer Phase sind es Verharmlosung und Unvernunft, die dazu führen, dass leider alle mit ungewollten Einschränkungen leben müssen.“ Es werde erkennbar, dass die bisherigen Allgemeinverfügungen und Versammlungsbegrenzungen in Brandenburg nicht ausreichten. „Immer noch treffen sich zu viele Menschen auf zu engem Raum und riskieren somit eine Ausbreitung des Virus“, so Vida.

CDU-Innenpolitiker verlangt strengere Regeln 

Auch der CDU-Vizefraktionschef im Landtag und Innenexperte Björn Lakenmacher sprach sich in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Sicherheitsexperten Martin Wagner, Dozent an der Verwaltungshochschule des Bundes in Berlin, für eine sofortige bundesweite Ausgangssperre aus: „Wir schlagen vor, diesen Weg offensiv zu beschreiten. Gerade in Brandenburg, wo die Zahl der Infizierten noch überschaubar ist, könnte eine solche Maßnahme wirksam sein.“ Allerdings müssten dies Polizei und Ordnungsämter auch durchsetzen, so Lakenmacher. „Bürger müssen direkt auf der Straße gefragt werden, ob sie einkaufen wollen oder zu anderen, nicht erlaubten Zwecken das Haus verlassen haben.“ Sollten Polizei und Ordnungsämter das personell nicht schaffen, „muss die Bundeswehr bei entsprechenden Kontrollen aushelfen“. (mit dpa)

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