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Bei der Landtagssitzung am Mittwoch wurde streng auf Abstand und Hygiene geachtet, mancher trug wie der CDU-Abgeordnete Andre Schaller einen Mundschutz.

© Soeren Stache/dpa

Corona-Situation im Brandenburger Landtag: Parlament hilft Kommunen und Volksinitativen

Trotz Coronakrise bleibt der Landtag arbeitsfähig. Was auf der Sondersitzung beschlossen und beraten wurde. Ein Überblick.

Potsdam - In Krisenzeiten wie jetzt in der Corona-Pandemie ist auch in Brandenburg die Regierung besonders gefordert. Schnelle Entscheidungen müssen getroffen oder vorbereitet werden. Oft steht da das Parlament, der Souverän, deshalb weniger im Fokus: Doch auch Brandenburgs Landtag leistet einen wichtigen Beitrag im Krisenmanagement, um die Folgen im Land abzumildern und die Rückkehr zur Normalität vorzubereiten. Am Mittwoch kam das Parlament, in einem einem strengen Abstands- und Hygiene-Regime, zu einer Sondersitzung zusammen – um den Kommunen zu helfen. Die Ausschüsse für Inneres, Wirtschaft und Umwelt tagten. Was beschlossen wurde, was vorbereitet wird – ein Überblick.

Streit um Hilfen für Soloselbstständige

Im Wirtschaftsausschuss des Landtags machte Minister Jörg Steinbach (SPD) einen schweren Konflikt mit dem Bund um Soforthilfen für Soloselbstständige öffentlich. Nach rigiden Kriterien, die der Bund inzwischen für sein später aufgelegtes Programm formuliert hat, nämlich Betriebskostenbelege, würde viele Soloselbstständige keinen Anspruch haben – und müssten stattdessen Grundsicherung beantragen. „Das ist nicht die Philosophie dieser Regierung. Wir wollen auch den Soloselbstständigen helfen“, sagte Steinbach. Zusammen mit anderen Wirtschaftsministern versuche man, den Bund umzustimmen. „Wir haben der Regelung schriftlich widersprochen.“ Bis zur Klärung versuche Brandenburg weiterhin mit Augenmaß, die Soforthilfen auch an Soloselbstständige nach seiner Linie zu bewilligen. 

Die Botschaft: Betroffene müssen sich keine Sorgen machen, die Landesregierung lässt sie nicht im Stich. Insgesamt hat Brandenburg laut Steinbach über die Investitionsbank (ILB)  inzwischen 289 Millionen Euro Soforthilfen bewilligt, davon 254 Millionen Euro ausgezahlt. 67 000 Anträge wurden gestellt. Wer vor Ostern den Antrag gestellt hat, soll spätestens Ende April einen Bescheid haben, so Steinbach. Er wies darauf hin, dass auch das Hochfahren der Wirtschaft nach den Einschränkungen nicht wie das Umlegen eines Schalters gehe, es Vorlauf brauche.

Videokonferenzen in Kommunalparlamenten möglich

Mit den Stimmen aller Fraktionen außer der AfD beschloss der Brandenburger Landtag am Mittwoch das „Brandenburgische kommunale Notlagengesetz“. Vorerst bis zum 30. Juni soll es aufgrund der Coronakrise den Kommunalvertretungen möglich sein, ihre Sitzungen als Videokonferenz oder Telefonschalte abzuhalten. Beschlüsse des Hauptausschusses oder der Gemeindevertretung sollen im schriftlichen Umlaufverfahren möglich sein. Und manche Entscheidungen der Gemeindevertretung soll künftig deren Hauptausschuss fällen dürfen. „Die Kommunen vor Ort können zum Teil keine Sitzungen mehr abhalten“, beschrieb der CDU-Kommunalexperte André Schaller die aktuelle Lage. „Sitzungen werden einberufen und sind dann beschlussunfähig.“ Gleichzeitig gebe es eine inflationäre Entwicklung bei Eilentscheidungen durch Bürgermeister. Diesen Wildwuchs wolle man stoppen. 

Auch Vertreter von Linken und Freien Wählern stimmten dem Gesetzesentwurf zu. Der AfD-Abgeordnete Daniel Freiherr von Lützow erklärte dagegen, dass die Gemeindevertretungen auch so sehr wohl arbeiten könnten. Um Video- und Telefonkonferenzen einführen zu können, bedürfe es einer Änderung der Kommunalverfassung. Die Koalition schloss eine spätere Änderung der Kommunalverfassung allerdings ebenfalls nicht aus. 

So erklärte der Grünen-Abgeordnete Heiner Klemp: „Wir machen den Experimentierkasten auf und erproben neue Sitzungsformate, wie Videokonferenzen.“ Er könne sich gut vorstellen, „dass Video-Konferenzen künftig zum normalen Instrumentarium der Kommunalparlamente gehören“. Der SPD-Kommunalexperte Andreas Noack betonte, dass die Grundsätze der Öffentlichkeit und der Transparenz auch künftig gewahrt bleiben sollten. „Nur in äußersten Notfällen sollen unaufschiebbare Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren oder durch den Hauptausschuss getroffen werden“, sagte Noack.

Landtag geht auf Unterschriftensammler zu

Brandenburgs Landtag macht den Weg für verlängerte Sammelfristen der laufenden Volksinitiativen frei. Am Mittwoch überwiesen die Parlamentarier einen entsprechenden Gesetzesentwurf der oppositionellen Linken einstimmig zur weiteren Beratung in den zuständigen Hauptausschuss des Landtags. Zuvor hatten sich mehrere laufende Volksinitiativen mit offenen Briefen an die Abgeordneten gewandt. Derzeit sei es kaum noch möglich, Unterschriften für Volksinitiativen zu sammeln, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, der Prignitzer Landtagsabgeordnete Thomas Domres. 

Doch am 9. August ende die Sammelfrist für die Volksinitiativen „Keine Geschenke den Hohenzollern“ und „Klimanotstand in Brandenburg“. Und am 15. August ende die Frist für die Volksinitiative „Verkehrswende in Brandenburg jetzt“. „Von uns wird eine Lösung erwartet, die sichert, dass die vor der (regulären) Zwölf-Monats-Frist geleisteten Unterschriften ihre Gültigkeit nicht verlieren“, sagte Domres. Der Handlungsdruck für den Landtag sei groß, denn die von Ehrenamtlichen getragenen Initiativen müssten jetzt entscheiden, ob und wie sie mit dem Sammeln weitermachten. Vertreter der übrigen Parteien teilten diese Position.

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