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Diese Weltkriegsbombe wurde im November 2020 in Oranienburg entschärft.

© dpa

Computerprogramm für Bombenentschärfer: 3D-Software simuliert Explosion von Blindgängern

Brandenburg ist das Bundesland mit der größten kampfmittelbelasteten Fläche. Eine neue Software könnte helfen, aufwendige Evakuierungen zu vermeiden.

Potsdam - Brandenburgs Bombenentschärfer testen derzeit ein Computerprogramm, mit dem die Auswirkungen von explodierenden Blindgängern aus dem Zweiten Weltkrieg simuliert werden können. Damit sollen die aufwendigen Evakuierungen von Gebäuden im Sperrkreis von Sprengkörpern vermieden oder eingeschränkt werden, wie das Innenministerium in Brandenburg auf eine Anfrage aus der Grünen-Landtagsfraktion mitteilte.

Nach Bombenfunden wie in Oranienburg müssen bislang nicht selten Hunderte Einwohner ihre Wohnungen vorübergehend verlassen, bis die Blindgänger vom Kampfmittelbeseitigungsdienst entschärft sind. Häufig sind dabei auch aufwendige und kostenintensive Transporte von Patienten aus Krankenhäusern oder Bewohnern von Pflegeeinrichtungen erforderlich, die im Sperrkreis liegen.

Druckwelle und Splitterflug werden simuliert

Das Computerprogramm simuliert nach Angaben des Ministeriums in einer dreidimensionalen Darstellung die Druckwelle und den Splitterflug einer Fliegerbombe, die bei einer Entschärfung explodiert. Damit könnten besser als bislang Schutzmaßnahmen geplant werden, wie etwa das Aufstellen von Splitterschutzwänden. Auch die Sperrzonen um den Bombenfund könnten damit besser zugeschnitten werden.   

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Die 3D-Software wurde bei drei Bombenentschärfungen in Dortmund durch den Kampfmittelräumdienst Nordrhein-Westfalens erfolgreich getestet, wie das Ministerium auf die Anfrage weiter mitteilte. Dabei hätten 600 Patienten eines Krankenhauses, das sich in einem Sperrkreis befand, in der Klinik bleiben können. Entwickelt wurde das Programm von einem Softwareunternehmen, das dreidimensionale Stadtmodelle am Computer simuliert, und dem Fraunhofer Ernst-Mach-Institut.  

Oranienburg war Standort vieler Rüstungsbetriebe

Wie ein Sprecher des Brandenburger Kampfmittelbeseitigungsdienstes auf dpa-Anfrage sagte, wird derzeit ein Test mit der 3D-Software in Oranienburg vorbereitet. Wann das Programm zum Einsatz komme, hänge vom Fund des nächsten Blindgängers ab. Allerdings könne das System keine Folgen einer Explosion im Erdreich simulieren. Um die Wirkung von Erdstoßwellen auf Gebäude abzuschätzen, seien weitere seismische Messungen erforderlich, erläuterte der Sprecher.

Oranienburg war im Zweiten Weltkrieg als Bahnknotenpunkt und Standort vieler Rüstungsbetriebe häufig Ziel alliierter Luftangriffe. Vermutet werden in der Stadt noch mehrere hundert Blindgänger, nach denen gezielt gesucht wird. 285 Tonnen Kampfmittel sind in Brandenburg von Januar bis Ende November 2020 von den Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes gefunden worden. Unschädlich gemacht wurden unter anderem 260 Minen, 90 221 Granaten sowie 4853 Brand- und 1322 Sprengbomben über 5 Kilogramm. (dpa)

Manfred Rey

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