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Bundesinnenministerium erteilt Genehmigung: Brandenburger Jesiden-Programm genehmigt

Schon 2016 hat Brandenburg beschlossen, verfolgte Jesiden im Land aufzunehmen. Jetzt wird es endlich konkret.

Potsdam - Das Bundesinnenministerium hat dem Brandenburger Landesaufnahmeprogramm für vom IS verfolgte und traumatisierte Jesidinnen und Jesiden aus dem Irak zugestimmt. Das geht aus der schriftlichen Antwort des Potsdamer Staatskanzleichefs, Staatssekretär Martin Gorholt, auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Andrea Johlige (Linke) hervor, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. „Das bedeutet, dass wir jetzt nicht mehr nur planen und vorbereiten können, sondern die konkrete Umsetzung der Aufnahme besonders schutzbedürftiger Menschen starten können“, so Gorholt.

In den nächsten Wochen wird demnach das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) dem Land Dossiers von Personen zur Verfügung stellen, die für eine Aufnahme vorgesehen seien. Das einzige Kriterium für die Aufnahme dieser Menschen sei deren Schutzbedürftigkeit, so der Staatskanzleichef. Ein Mitarbeiter des Landes Brandenburg werde in der Autonomieregion Kurdistan im Nordirak zusammen mit dem UNHCR Auswahlinterviews mit Kandidaten für das Umsiedlungsprogramm führen. Zusätzlich werde das Bundesamt für Verfassungsschutz Sicherheitsüberprüfungen durchführen.

Probleme könnte es mit fehlenden Unterlagen geben 

Dieser Prozess beginne voraussichtlich im März, anschließend werde das deutsche Generalkonsulat in Erbil, der Hauptstadt von Kurdistan, den Menschen Visa ausstellen, führte Gorholt aus. Probleme könnten sich allerdings insbesondere dann ergeben, wenn die betreffenden Menschen nicht über alle nötigen Unterlagen verfügten. Im Dezember 2016 hatte das Landesparlament mehrheitlich ein Aufnahmeprogramm für verfolgte Jesiden beschlossen. Diese Entscheidung bekräftigte es im November 2017 erneut. Zwischenzeitlich hatten zudem die Friedensnobelpreisträgerin Nadja Murad und ranghohe jesidische Vertreter im Landtag gesprochen. 

Stichwort Jesiden
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Weltweit hat die monotheistische Religionsgemeinschaft mehrere hunderttausend Mitglieder. Erstmals erwähnt werden die Jesiden in nahöstlichen Quellen aus dem 12. Jahrhundert. Ihr Name geht vermutlich auf den frühislamischen Kalifen Yazid I. ibn Muawiya (680-683) zurück. Die Jesiden leben vor allem im nördlichen Irak, der Großteil ist dort jedoch nach Angaben Einheimischer vor der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) geflüchtet. Ferner leben Jesiden in Nordsyrien, dem Nordwestiran und in der südöstlichen Türkei. Auch in Westeuropa gibt es inzwischen jesidische Gemeinden, nach Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung findet sich die weltweit größte Diasporagemeinde der Jesiden in Deutschland. Rund 150.000 Jesiden gehören ihr demnach an. Der jesidische Glaube vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum. Das religiöse Zentrum ist Lalisch, eine Stadt im Nordirak nahe Mossul. Im Jesidentum gibt es keine verbindliche religiöse Schrift. Die Glaubenslehren werden mündlich überliefert. Nach jesidischer Vorstellung ist Gott „einzig, allmächtig und allwissend“. Jesiden glauben nicht an ein Paradies oder eine Hölle, sondern an Seelenwanderung und Wiedergeburt. Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt. Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Heiratet ein Jeside einen Andersgläubigen, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft.
Jesiden wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verfolgt, sowohl religiös als auch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden - ethnisch. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als „ungläubig“ und „vom wahren Glauben abgefallen“. Deshalb verbergen Jesiden in ihren Heimatgebieten häufig ihre Identität. Das Verhältnis zu Christen gilt nach eigenen Angaben als gut.
Die Jesidin Nadia Murad erhielt 2018 den Friedensnobelpreis. Die Irakerin war vom IS versklavt worden und setzt sich seit ihrer Befreiung als Menschenrechtsaktivistin ein.

KNA

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