zum Hauptinhalt
Frühlingsblüher. Narzissen und Stiefmütterchen blühen in Brandenburg an der Havel auf dem Buga-Gelände am Packhof. Die Bundesgartenschau, die am 18. April ihre Tore öffnet, erstreckt sich über fünf Standorte und zwei Bundesländer.

© Bernd Settnik/dpa

Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion: Aus Potsdamer Fehlern gelernt

In neun Tagen startet die Havelland-Buga. Sie ist teurer als geplant, doch die Investitionen in die Region sollen nachhaltig sein.

Potsdam - Jetzt fehlt nur noch Sonne. In neun Tagen startet in der Havelregion um die Stadt Brandenburg, mit dem Regio eine halbe Stunde von Potsdam entfernt, die Bundesgartenschau. Und zwar eine, die sich von der „alten Tante Buga“ abhebt, wie die Macher versprechen. Es ist Deutschlands erste Landschaftsbuga, mit der alten märkischen Chur- und Hauptstadt Brandenburg, Rathenow, Stölln, Premnitz und Havelberg gleich auf fünf Standorte entlang der Havel verteilt. „Das bleibt eine Herausforderung. Es ist ein Experiment“, sagte Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU), zugleich Chefin des Buga-Zweckverbandes, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Potsdam.

75 Millionen Euro investiert

Noch laufen letzte Vorbereitungen. Doch die gut eine Million Blumenzwiebeln sind in der Erde. Und alles ist rechtzeitig fertig geworden, wie Tiemann sagte, „selbst die Autobahnabfahrt“ oder die gotische Johanniskirche in Brandenburg. In der früheren Ruine der Klosterkirche, die nun wieder ein Dach bekam, werden bis Oktober 18 wechselnde Blumenschauen präsentiert. Insgesamt waren in den fünf Kommunen für die Buga rund 75 Millionen Euro investiert worden. Allerdings fast ausschließlich in Projekte, sagte Tiemann, „die sowieso gemacht worden wären“, wie die Sanierung des maroden Hauptbahnhofs in Brandenburg. Investitionen wie einst die Biosphäre in Potsdam, die seitdem der Stadt jährlich enorme Folgekosten verursacht, waren für die Havelregion-Buga gar nicht erst geplant. „Wir haben auch aus den Potsdamer Fehlern gelernt“, sagte Tiemann. „Was wir machen, ist nachhaltig.“

Nur noch neun Tage. Und der Verkauf ist nach Worten von Marketingchef Matthias Ulrich bereits besser angelaufen als erwartet. Die Buga ist nach seinen Worten in den Katalogen von 60 Reiseveranstaltern drin. „Ein Augsburger Anbieter hat 20 Reisen angeboten. Ich hab ihn angerufen: ,Das ist aber mutig.’ Seine Antwort: ,Warum? Die sind verkauft. Ich lege jetzt noch zehn auf’“, schilderte Ulrich. Die Buga mache neugierig, die Region, in der auch Fontanes Ribbeck liege, sei ein Geheimtipp. Inzwischen sind 58 000 Tageskarten zu je 20 Euro und 13 500 Dauerkarten zu je 90 Euro sowie 1100 Führungen bereits verkauft. So sind die Macher der nach Cottbus (1997) und Potsdam (2001) dritten Brandenburg-Buga optimistisch, dass die eher konservativ kalkulierten 1,5 Millionen Gäste auch kommen werden. In Cottbus und Potsdam waren es einst über zwei Millionen Besucher, in Hamburg 2013 dagegen nur eine Million. Die Besucherzahl muss geschafft werden, damit die Buga auch die Ausgaben für ihre Durchführung wieder einspielt, immerhin rund 35 Millionen Euro. Und das sind mittlerweile sieben Millionen Euro mehr als beim Zuschlag 2007 kalkuliert. Ein Grund ist laut Tiemann der mittlerweile geltende Mindestlohn, der etwa die Kosten für die Bewachung der Anlagen deutlich verteuert hat. Auf der anderen Seite seien auch die Sponsoring-Einnahmen weitaus höher als einst gedacht, so Tiemann.

Viele Eigeninitiativen wegen der Buga

Die Havelregion im Westen Brandenburgs hatte sich die Buga mit dem neuartigen Konzept 2007 mit einem Aufstand von unten ertrotzt, gegen Widerstände der eigenen Landesregierung, der das alles nicht geheuer war. Der damalige Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) schwenkte um, als der Druck aus der Bevölkerung massiv wurde und der SPD in der Region eine Wahlschlappe drohte.

Mittlerweile hat die Buga vor Ort schon viele der erhofften Eigeninitiativen ausgelöst, betonte Tiemann. So öffnete am Brandenburger Bahnhof jüngst eine neue Fahrrad-Ausleihstation, auch mit E-Bikes, um die Region zu erkunden. Mit Genugtuung berichtete sie, dass zwischen Brandenburg und Havelberg bis Oktober Hotelschiffe schippern. „Als wir vor einigen Jahren Betreiber anfragten, hieß es: Nur mit einer öffentlichen Ausfallbürgschaft“, so Tiemann. „Jetzt geht es auch so.“ So hatten die Buga-Macher auch keine Seilbahn, keinen neuen Aussichtsturm geplant, um Folgelasten für die Kommunen zu vermeiden. Jetzt gibt es doch einen: Ein privater Anbieter stellt seinen „Buga-Skyliner“ nacheinander in der Stadt Brandenburg, Rathenow und Havelberg auf, immerhin „den mit 70 Metern höchsten mobilen Aussichtsturm der Welt“, wie es heißt, der nun einen Panoramablick über die Havellandschaft verspricht. Etwas abseits liegt die Buga-Kulisse Stölln, wo einst Otto Lilienthal seine Flugversuche startete und eine ausgemusterte IL 62 der DDR-Interflug als Museum auf dem Acker steht.

Marketingchef Ulrich ist sich sicher, dass einige Hunderttausend Gäste auch hierher finden. Und zwar nicht nur, weil in „schwebenden Gärten“ exotische Pflanzen aus den Regionen der Welt gezeigt werden, die nach dem Logbuch die IL 62 einst anflog. „Der Buga-Besuch ist eine Frauenentscheidung. Das haben alle Befragungen ergeben. Der Mann sagt dann: ,Ja, das machen wir, das finde ich gut’“, sagt Ulrich. „In Stölln können die Männer in ein Flugzeug klettern.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false