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Braunkohle: Klage gegen Tagebau Welzow Süd vor dem OVG: Erste Bagger von Vattenfall stehen still

Der Energiekonzern Vattenfall muss bis Ende März einige Bagger am Braunkohletagebau Welzow Süd stoppen. Grund ist eine Klage einer Proschimer Agrarfirma vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Und auch um die Belastung des Grubenwassers aus dem Tagebau gibt es Streit.

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Still steht der Braunkohletagebau Welzow-Süd nicht, aber doch die ersten Bagger und Absetzer. Für die Landwirte GmbH Terpe-Proschim, ein Firmenverbund mit Rinderzucht, Milchproduktion, Fleischerei, Solarparks und Biogasanlage für Ökostrom, die sich seit Jahren wie David gegen Goliath, in diesem Fall der Energiekonzern Vattenfall, wehrt, ein Erfolg mit Symbolcharakter. Um einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) zu vermeiden, hat Vattenfall am Dienstag um 6 Uhr morgens den sogenannten Vorschnittbetrieb am Tagebau Welzow Süd gestoppt. Bis 31. März um 5 Uhr stehen jene Maschinen auf den Ackerflächen des Agrarbetriebs still, die die oberste Erdschicht für den Vattenfall-Tagebau aufreißen.

Landwirte wollen Bergamt zwingen, einen Baggerstopp gegen Vattenfall zu verfügen

Das OVG will bis Ende März über eine Beschwerde des Firmenverbunds in Proschim entscheiden. Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte Mitte Februar einen Eilantrag des Unternehmens gegen das Landesbergamt zurückgewiesen, deshalb liegt der Fall nun beim OVG. Der Firmenverbund will mit dem Eilantrag erreichen, dass das Gericht das Landesbergamt Vattenfall anweist, nicht mehr seine Ackerflächen abzubaggern.

Es geht um insgesamt 300 Hektar. Seit 1996 hat der Betrieb mit 90 Mitarbeitern bereits mehr als 1200 Hektar an den Tagebau verloren. Nach Ansicht der Proschimer Landwirte hat der Energiekonzern kein Nutzungsrecht für die Flächen. Parallel ließen sie in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht Cottbus feststellen, dass die ohnehin gekündigten Überlassungsverträge zwischen dem Agrarunternehmen und Vattenfall nichtig sind. „Sie wurden notariell nicht beglaubigt“, sagte Nedoma. Nun geht wiederum Vattenfall gegen dieses Urteil vor dem Oberlandesgericht Brandenburg vor. Erst im Zuge der laufenden Verfahren habe Vattenfall ein Enteignungsverfahren in Gang gesetzt, sagte Nedoma. Sein Eindruck, als er am Dienstag am Tagebaurand war: Der komplette Tagebau, alle Maschinen stehen still. Dem widersprach Thoralf Schirmer. Lediglich der Vorschnittbetrieb sei angehalten, der Tagebau sei weiterhin in Betrieb, es könne sein, dass Maschinen in Revision seien. Das Landesbergamt verwies darauf, dass es viel Sonne und Wind gab, Vattenfalls Kraftwerke daher wenig Kohle bräuchten.

Vattenfall zieht Wasserproben von Naturschützern in Zweifel

Unterdessen wehrte sich der Konzern am Dienstag gegen den Vorwurf des NABU-Brandenburg und der Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass nach wie vor durch abgepumptes Grubenwasser aus dem Tagebau umliegende Gewässer massiv verschmutzt würden. Wie berichtet hatten die beiden Organisatoren erneut an mehreren Stellen im Umfeld von Welzow-Süd Wasserproben entnommen und eine deutliche Überschreitung des Grenzwertes für gelöstes Eisen sowie eine enorm hohe Sulfatbelastung festgestellt. Während eine überhohe Eisenhydroxid-Konzentration vor allem für die lokale Tier- und Pflanzenwelt tödlich ist, bereitet ein hoher Sulfatgehalt vor allem bei der Aufbereitung von Trinkwasser große Probleme.

„Die von beiden Organisationen erneut vorgetragene Behauptung einer angeblichen ,Wasserverschmutzung’ durch bestehende Braunkohletagebaue weisen wir zurück“, erklärte Vattenfall-Sprecher Thoralf Schirmer auf PNN-Anfrage. Der Vorwurf sei weder nachvollziehbar noch durch die von BUND und Greenpeace vorgelegten Messergebnisse nachgewiesen. Es sei zu bezweifeln, dass sie Ergebnis einer fachkundigen Entnahme und Auswertung der Proben ist, wie sie für die vom Land zertifizierten Labore vorgeschrieben sei, so Schirmer. BUND-Landeschef Axel Kruschat warf er zudem vor, sich „unrechtmäßig auf das Betriebsgelände von Vattenfall begeben“ zu haben und „die Proben offenbar selbst in ungeeigneter und unsachgemäßer Weise entnommen“ zu haben.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt wegen Verdacht auf Umweltstraftat

Bereits im Juni 2014 hatten der BUND und Greenpeace Wasserproben der betreffenden Stellen und im September auf Grundlage der Ergebnisse bei der Staatsanwaltschaft Cottbus Strafanzeige wegen des „Anfangsverdachts für die Begehung einer Umweltstraftat“ gestellt. Die Werte für Eisenhydroxid hatten wie berichtet teilweise die Vorgaben des Landes um ein Vielfaches überschritten. BUND-Landeschef Axel Kruschat zeigte sich am Dienstag zuversichtlich: „Mein Eindruck ist, dass die Staatsanwaltschaft den Fall schon als schwerwiegend einschätzt, sollte die Behörde zur Ansicht kommen, dass unsere Messungen zutreffen.“

In der Behörde geht man allerdings von einem längeren Verfahren aus. „Wir haben inzwischen das Landesbergamt aufgefordert, die Ergebnisse ihrer eigenen Beprobungen vorzulegen. Die Antwort ist am 24. Februar bei uns eingegangen und muss nun ausgewertet werden“, sagte Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon am Dienstag den PNN. 

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