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Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde.

© dpa

Braunkohle in Brandenburg: Greenpeace will Vattenfalls Braunkohlesparte in Stiftung überführen

Der Schweden-Ableger der Umweltschutzorganisation Greenpeace reicht beim Energiekonzern Vattenfall ein „Statement of Interest“ für dessen Lausitz-Tochter ein. Der angebotene Kaufpreis ist nicht sehr hoch.

Berlin – Der schwedische Ableger der Umweltschutzorganisation Greenpeace will die Braunkohle-Sparte des Energiekonzerns Vattenfall für weniger als eine halbe Milliarde Euro kaufen. Nach den Plänen von Greenpeace sollen die fünf Braunkohletagebaue und drei Kraftwerke in Brandenburg und Sachsen von einer gemeinnützigen Stiftung übernommen werden, deren Ziel der Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 ist. Zugleich soll sie die bisherige Lausitztochter des schwedischen Staatskonzerns zu einem Erneuerbare-Energien-Unternehmen umbauen. Das gab Greenpeace Nordic am Dienstag in Berlin bekannt.

Greenpeace: Chance für die Lausitz

Nach der ersten Stufe des Interessenbekundungsverfahrens kündigte Greenpeace nun an, in der zweiten Stufe bis Fristablauf Dienstagmittag bei der US-amerikanischen Bank Citigroup, die für Vattenfall das Verfahren betreut, ein „Statement of Interest“ einzureichen. „Wir werden die Verantwortung für den Klimaschutz, die Gesundheit der Menschen und einen erfolgreichen Strukturwandel in der Lausitz übernehmen, wenn Vattenfall und die schwedische Regierung dies nicht tun“, sagt Annika Jacobson, Programm Managerin von Greenpeace in Schweden. „Es ist eine große Chance, aus dem schmutzigen Braunkohlegeschäft eine erneuerbare Zukunft für die Lausitz und die Menschen dort zu machen.“

Grundlage für das  13-seitige “Statement of Interest” ist eine Kalkulation zum Wert der Lausitzer Kohlesparte. In dem vom Institut Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace  erstellten Zahlenwerk wird der Barwert der Kohlesparte bis zum Jahr 2030 auf weniger als eine halbe Milliarde Euro berechnet. Der „wahre Wert“ liege jedoch nach Greenpeace-Berechnungen noch deutlich darunter, hieß es. Nach Ansicht von Greenpeace würden hohe Folgekosten des Kohleabbaus etwa für die Renaturierung der Tagebaue und den Rückbau der Kraftwerke den Preis auf einen negativen Betrag von mehr als zwei Milliarden Euro drücken. Hinzu kämen finanzielle Verpflichtungen in Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrag für die von  Vattenfalls Braunkohlesparte verursachten sozialen Kosten und Umweltkosten. “Wer die enormen Folgekosten der schmutzigen Kohle ignoriert, baut darauf, dass ein anderer sie bezahlt. Höchstwahrscheinlich der deutsche Staat und seine Steuerzahler“, sagte Jacobson. Für den Klimaschutz müsse Deutschland nach Analysen von Greenpeace bis zum Jahr 2030 aus der Braunkohle und bis 2040 komplett aus der Kohleverstromung aussteigen. 

In Brandenburg und Sachen werde mehr Kohlendioxid ausgestoßen als in Schweden

Greenpeace will mit dem Angebot auch den schwedischen Staat als Eigentümer von Vattenfall unter Druck setzen. Die rot-grüne Regierung in Stockholm hatte dem Staatskonzern einen strikten Kurs der Decarbonisierung für den Klimaschutz vorgeschrieben. Der Konzern soll seine Kohlendioxidemission auf null senken. Genau an diesem Punkt setzt die Strategie von Greenpeace an: Sollte es Stockholm ernst meinen mit dem Klimaschutz kämen nur ein Verkauf an die Umweltschutzorganisation infrage. Schon jetzt, so die Argumentation von Greenpeace, werde von Vattenfall in der Lausitz mit den Braunkohlekraftwerken Jänschwalde und Schwarze Pumpe (Brandenburg) sowie dem Kraftwerk Boxberg und Block R des Kraftwerks Lippendorf (Sachsen) mehr Kohlendioxid ausgestoßen als in ganz Schweden. 

Neben Greenpeace haben offiziell nur die beiden tschechischen Energieunternehmen CEZ und EPH ihr Kaufinteresse signalisiert. Mit ihnen drohe jedoch ein Weiterbetrieb der Klimazerstörer und Tagebaue auf unabsehbare Zeit, warnt Greenpeace. Damit sei die  Energiewende in Deutschland nicht machbar. Schwedens Regierung müsse also beim Verkauf der Lausitz-Sparte und mit Blick auf die Weltklimakonferenz in Paris im Dezember Verantwortung zeigen.

Interessenten auch aus Tschechien

Fraglich ist, ob Stockholm bereit ist, derlei Verluste durch einen Verkauf an Greenpeace zu tragen. Im Wettstreit um Vattenfalls Braunkohlesparte bekommt die tschechische Holding EPH einen mächtigen Verbündeten. Die Investmentgruppe PPF des reichsten Tschechen, Petr Kellner, will sich an einem Kaufangebot beteiligen. Dazu soll laut EHP eine gemeinsame Gesellschaft gegründet werden, an der beide Partner jeweils zur Hälfte beteiligt sind. Gemeinsam könnten die Partner einen möglichen Kauf besser finanzieren, hieß es.

Optional zur Kohlesparte verkauft Vattenfall obendrein zehn Wasserkraftwerke in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Dieses Angebot ist vor allem auf die Konzerne aus Tschechien zugeschnitten. Der Verkauf soll 2016 vonstattengehen.

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