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Gegen CDU-Landeschef Ingo Senftleben gibt es Widerstand in den eigenen Reihen. 

© Bernd Settnik/dpa

Brandenburgs Unions-Landesvorsitzender unter Druck: Aufstand gegen CDU-Chef Senftleben

Der Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen greift Ingo Senftleben in einem Brandbrief scharf an. Er wirft ihm unter anderem vor, eine Koalition mit den Linken ins Spiel gebracht zu haben. Für den CDU-Chef ist die Situation mehr als brenzlig.

Potsdam - Alarmstufe Rot für Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben: Wegen seines Vorstoßes, nach der Landtagswahl am 1. September 2019 eine Koalition von CDU und Linken nicht auszuschließen, droht dem 44-jährigen designierten Spitzenkandidaten nun ein Aufstand in der eigenen Partei. In einem aktuellen Brandbrief an Präsidium, Landesvorstand und alle Kreischefs rechnet der CDU-Bundestagsabgeordnete und Uckermark-Kreischef Jens Koeppen mit dem CDU/Linke-Öffnungskurs, der bisherigen Aufstellung der Union für das Superwahljahr 2019 und Senftleben selbst ab.

„Den Fokus auf eine mögliche Koalition mit den Linken zu lenken, halten wir für nicht zielführend und für die Motivation der Wahlkämpfer vor Ort kontraproduktiv“, heißt es in dem von der „Bild“-Zeitung publik gemachten Vier-Seiten-Papier Koeppens, der auch Mitglied des Landesvorstands ist. „Zudem wirken die Gedankenspiele zur Koalitionsoption mit den Linken innerparteilich polarisierend und schwächen den Zusammenhalt für erfolgreiche Wahlkämpfe im Jahr 2019.“

Früher war die Union für ihre Grabenkämpfe berüchtigt

Dieser Zoff, dieser Stil ruft Erinnerungen an frühere Zeiten wach, als die märkische Union für Grabenkämpfe berüchtigt war, bei denen am Ende meist der Vorsitzende auf der Strecke blieb. In den letzten drei Jahren war eigentlich Ruhe eingekehrt. Selbst in der Flüchtlingskrise blieb der Landesverband geschlossen auf Merkel-Kurs. Auch auf Senftlebens CDU/Linke-Vorstoß vom April hatte es aus der CDU im Land kaum offenen Widerspruch gegeben. Er hatte damit auf die Wahlergebnisse und Umfragen reagiert, wonach seit mehr als einem Jahr Zweier-Koalitionen in Brandenburg nicht mehr möglich sind.

Doch seitdem rumort es massiv in der Union. Und es rächte sich, dass Senftleben und Generalsekretär Steeven Bretz in der internen Kommunikation die Zügel schleifen ließen. Es braut sich weiterer Unmut zusammen. So sorgt zum einen für Irritationen, dass Bretz, der Landtagsabgeordneter ist, nach Übernahme des Amtes als CDU-Generalsekretär seinen Job als Referent im Berufsförderungswerk der Gebäude- und Energietechnikhandwerke nicht aufgegeben hat. 

Zum anderen war als CDU-Landesgeschäftsführer und Wahlkampfmanager der Prignitzer CDU-Landtagsabgeordnete Gordon Hofmann angestellt worden, was an sich schon eine ungewöhnliche Konstruktion ist: Ein Abgeordneter befindet sich gegenüber zwei anderen Abgeordneten in einem Dienstverhältnis. In der Union zieht nun Kreise, dass Hofmann mit immerhin 3450 Euro im Monat von der Landes-CDU vergütet wird, was eine Aufwandsentschädigung übersteigt.

Koeppen trifft mit seiner Kritik den Nerv vieler Parteianhänger

Und nun kommt Koeppen aus der Deckung, der vor allem mit der Kritik an dem CDU-Linke-Vorstoß einen Nerv in der verunsicherten Union trifft. „Herr Koeppen spricht aus, was die meisten in der CDU denken“, sagte etwa Frank Bommert, Landtagsabgeordneter und Kreischef in Oberhavel, den PNN. Datiert ist der Koeppen-Brief aus Prenzlau, den er im Namen des Kreisvorstandes unter der Überschrift „Themen, Köpfe, Kompetenzen - Aufstellung der CDU Brandenburg vor dem Superwahljahr 2019“ schrieb, vom 21. September. Am Vortag hatte der rbb eine neue Infratest-Umfrage veröffentlicht, nach der die CDU mit 21 Prozent inzwischen hinter SPD und AfD (beide 23 Prozent) zurückgefallen ist. Es folgen die Linken mit 17 Prozent, die Grünen mit sieben Prozent und die FDP mit fünf Prozent.

"Man weiß nicht, wofür unsere Partei gewählt werden möchte"

Nach der Umfrage wäre ein rot-rot-schwarzes Bündnis eine reale Option. „Man weiß nicht, für was unsere Partei auf Landesebene gewählt werden möchte, warum wir den Ministerpräsidenten stellen wollen“, warnt Koeppen in dem Brandbrief. „Unser formulierter Machtanspruch ist für die Menschen nicht wahrnehmbar mit Inhalten gefüllt.“

Zugleich übt Koeppen scharfe Kritik am Fahrplan, den Spitzenkandidaten und die Landesliste für die Brandenburg-Wahl erst im Juni 2019 aufstellen zu wollen, was die CDU-Führung im Frühjahr einvernehmlich beschlossen hatte. Koeppen fordert stattdessen eine frühzeitige Nominierung. Was er so begründet: „Nach annähernd zwanzig Jahren Mitgliedschaft im Landtag und deutlich über dreijährigem Parteivorsitz liegt der Bekanntheitsgrad von Ingo Senftleben bedauerlicherweise deutlich hinter dem politischer Mitbewerber zurück.“ 

Der CDU-Bundestagskandidat Jens Koeppen warnt vor einer möglichen Koalition mit den Linken
Der CDU-Bundestagskandidat Jens Koeppen warnt vor einer möglichen Koalition mit den Linken

© promo

Und es heißt weiter: „Hier vorwärts zu kommen wird nicht gelingen, wenn wir erst 10 Wochen vor der Wahl nominieren und auf unsere Themensetzung verzichten.“ Zudem werde „der Landesvorsitzende ein ganz anderes Standing bekommen, wenn er von der breiten Basis getragen wird“.

Die Abgeordneten sind zur Zurückhaltung gegenüber Journalisten angehalten

Und Senftleben? Er versuchte, den Ball flach zu halten, wollte sich nicht zu dem Brief des Parteifreundes äußern. Generalsekretär Bretz erklärte auf PNN-Anfrage, Briefe an den Vorstand würden im Vorstand und nicht in den Medien besprochen. Intern forderte Jan Redmann, der parlamentarische Geschäftsführer der von Senftleben geführten Landtagsfraktion, via SMS die Abgeordneten zur Zurückhaltung gegenüber Journalisten auf. 

In der Partei ist man auf das weitere Krisenmanagement gespannt. Fällt Senftleben um? Schließt er eine mögliche Koalition mit den Linken doch aus? Bislang gab es dafür keine Anzeichen.

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