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Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD).

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Update

Brandenburgs Finanzministerin Lange: Warnung vor Öl-Embargo und Kritik an Habeck

Bund und Länder beraten in einer neuen Arbeitsgruppe über die Zukunft der Raffinerie PCK in Schwedt. Auch Lange gehört der Task Force an.

Potsdam/Schwedt/Oder - Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisiert und vor einem übereilten Öl-Embargo gegen Russland gewarnt. „Mein Eindruck ist, dass der Bundeswirtschaftsminister den zweiten Schritt vor dem ersten macht“, sagte sie der „Märkischen Allgemeinen“. „Weiterbetrieb, Versorgung und Bezahlbarkeit müssen verbindlich gesichert sein.“ Absichtserklärungen seien nicht genug. „Erst wenn das klar ist, kann der Öl-Hahn zugedreht werden. Vorher nicht.“ Lange warnte: „Sanktionen dürfen uns nicht mehr schaden als Russland. Das wäre widersinnig und beendet auch nicht den elenden Krieg. Daher: Keine Entscheidungen ins Blaue hinein.“

Die Kritik an Habeck löste eine Verstimmung in der rot-schwarz-grünen Koalition aus. Grünen-Landeschefin Julia Schmidt forderte die SPD auf, konstruktiv an Lösungen mitzuarbeiten statt Schreckensszenarien zu entwerfen. „Kritik von der Seitenlinie, ohne eigene konstruktive Vorschläge einzubringen, macht die Situation für die Menschen in Ostdeutschland und Schwedt kein Stück besser“, teilte sie mit. Sie erwarte von der SPD und Lange, dass sie den Kurs der Bundesregierung aktiv unterstützten und (...) „nicht krampfhaft versuchen, an einem Status-Quo mit russischem Öl und Rosneft festzuhalten“. Am Montag startete eine neue Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern zu Schwedt. Für Brandenburg sind Lange und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) dabei.

In Schwedt wird in erster Linie russisches Öl aus der Druschba-Pipeline verarbeitet

In der EU wird über ein Öl-Embargo gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine diskutiert, in einigen Ländern gibt es Vorbehalte. Deutschland will ohnehin bis Ende dieses Jahres unabhängig von russischen Öllieferungen werden. In der Raffinerie PCK in Schwedt, die mehrheitlich der deutschen Tochter des russischen Staatskonzerns Rosneft gehört, wird in erster Linie russisches Öl aus der Druschba-Pipeline verarbeitet, die dort endet. 90 Prozent der Versorgung mit Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl in Berlin und Brandenburg werden laut PCK von der Raffinerie sichergestellt.

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Die SPD-Finanzministerin rechnet nach eigenen Worten mit enormen Verwerfungen im Fall eines Öl-Embargos. „Ich befürchte eine überproportionale Belastung der ostdeutschen Standorte Schwedt und Leuna im Vergleich zu westdeutschen Standorten“, sagte sie der Zeitung. „Die Gefahr besteht, dass bei einem abrupten Öl-Boykott große Teile der Wirtschaft in Ostdeutschland stillstehen, mit gravierenden Folgen für Unternehmen und Beschäftigte.“

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Arbeitsgruppe nahm Beratungen zur Zukunft der Raffinerie auf

Habeck sucht neue Lieferwege über Rostock und Danzig. Damit würden nach Schätzungen aber nur 60 bis 70 Prozent der bisherigen Leistung der Raffinerie erreicht. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert Versorgungssicherheit und Milliardenhilfen vom Bund, um die Raffinerie in Schwedt bei einem Öl-Embargo langfristig zu sichern.

Die neue Arbeitsgruppe nahm Beratungen zur Zukunft der Raffinerie auf. Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner erklärte, für den Standort Schwedt seien die Dinge weiter komplex. „Es rächt sich, dass trotz des Krim-Kriegs ein russischer Energiekonzern in den vergangenen Jahren einen so starken Einfluss auf die Versorgungssituation bekommen hat. Daher müssen wir hier gemeinsam und mit ganzer Kraft für eine Zukunft des Standortes ohne russisches Öl kämpfen.“

Die AG beriet laut Bundeswirtschaftsministerium auch über den Weiterbestand der Raffinerie und die Versorgungssicherheit mit Blick auf die Umstellung. „Ich weiß, dass das für den Standort Schwedt und seine Beschäftigten eine Kraftanstrengung bedeutet“, sagte Kellner. „Es ist gleichzeitig aber auch die Chance, sich zukunftsfähig aufzustellen. Denn es ist klar, dass der Abschied von fossilen Rohstoffen ohnehin näher rückt.“ Das könne eine Chance für den Standort sein. Es gebe vielversprechende Ideen, etwa mit Blick auf Wasserstoff, nachhaltiges Kerosin oder Bioökonomie, mit denen auch künftig Wertschöpfung am Standort stattfinden könne und Arbeitsplätze zukunftsfest gemacht werden könnten. (dpa)

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