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Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident über Russland: Matthias Platzeck gibt „RT Deutsch“ Exklusiv-Interview

Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck hat dem Propaganda-Sender "RT Deutsch" ein 20 Minuten langes Interview gegeben. Trotz gemäßigter Worte bleibt ein Beigeschmack.

Potsdam - Spätestens seit Januar 2016 ist der Fernsehsender „RT Deutsch“ hierzulande bekannt. Es war der „Fall Lisa“, der russische Fernsehsender verbreitete gezielt falsche Informationen, in Berlin sei ein 13-jähriges Mädchen von Flüchtlingen vergewaltigt worden. Aufgestachelte Rechtsextremisten und nationalistische Deutsch-Russen organisierten Demonstrationen, sogar der russische Außenminister Sergej Lawrow schaltete sich in den Fall ein, warf den deutschen Behörden Vertuschung vor. Dann stellte sich heraus: Die Entführung war frei erfunden, das Mädchen bei ihrem 19-jährigen Freund gewesen. Fake News in Reinform: Mithilfe von „RT Deutsch“ wurde eine erfundene Vergewaltigung zum Gegenstand internationaler Politik. Das Ziel: Die deutsche Flüchtlingspolitik diskreditieren, einen Keil in die Gesellschaft treiben.

Dass Platzeck "RT Deutsch" ein Interview gibt, ist ein Novum 

Für Aufsehen sorgt nun, dass Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck dem Propaganda-Sender ein „Exklusiv-Interview“ gegeben hat. Was es mit „RT Deutsch“ auf sich hat, dürfte Platzeck bekannt sein. Wie kein Zweiter wirbt der frühere SPD-Vorsitzende als Chef des Deutsch-Russischen Forums für gute Beziehungen zu Moskau. Aber dass er sich mit dem Propaganda-Sender trifft, ihm ein 20 Minuten langes Interview gibt, ist ein Novum. „Herr Platzeck hat damit ein Medium bespielt, das mit Fake News und Desinformation arbeitet“, sagte Jan Claas Behrends vom Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam den PNN. Ob das nun bei der US-Plattform Breitbart News oder eben bei RT ist, sei nebensächlich, sagte der Historiker. „Man entscheidet sich mit der Wahl einer solchen Plattform gegen den etablierten Qualitätsjournalismus und für eine Plattform, die eine klare Agenda verfolgt“, mahnte Behrends.

Gleichwohl war Platzeck, der über Russland schnell ins Schwärmen gerät, etwa weil er Potsdamer Heimatgefühle bekommt, „wenn ich den Kraftstoff rieche, mit dem die Russen damals ihre Fahrzeuge betankten“, vergleichsweise gemäßigt, wie man es lange nicht von ihm gehört hat. So schloss er sich in Bezug auf den vom RT-Reporter eingebrachten „Aufmarsch“ der Nato in Osteuropa zwar den Worten Frank-Walter Steinmeiers an: „Mit Säbelrasseln wird man wenig zur Problemlösung und Deeskalation beitragen.“ Gleichzeitig sagte er auch, dass dies „eine Forderung an beide Seiten“ sei. Und: Es sei vorrangig die Aufgabe des Größeren, also Russlands, aktiv das Vertrauen seiner Nachbarn herzustellen. Mit einem „Wir tun euch nichts“ sei es nicht getan.

Platzeck mahnte Russland zu besserer Kommunikation an

Den jüngst erschienenen deutschen Geheimdienstbericht zur russischen Desinformation fasste Platzeck so zusammen: „Gefunden haben wir nichts, aber gewesen sein werden sie es schon.“ Dabei ist es das Wesen von Geheimdienstaktionen, dass diese im Verborgenen bleiben. Dennoch appellierte Platzeck an Russland: Er wünsche sich, dass solche Dinge nicht tatsächlich unterwegs seien, „damit solche vermeintlichen Unterstellungen niemals Futter“ bekämen. Zwar halte er Sanktionen und Militäraufmärsche für falsch, weil die die Eskalation verschärften. Platzeck aber mahnte Russland zu einer besseren Kommunikation, da sei „vieles im Argen“. Zu einer besseren Kommunikation gehöre Selbstkritik. Da habe Russland eine Menge zu tun. Zugleich plädierte Platzeck dafür, in den internationalen Gesprächen den Streit um die völkerrechtswidrige Annexion der Krim auszuklammern, um „Kommunikationsräume“ zu gestalten.

Was bleibt, ist trotz der gemäßigten Worte von Platzeck ein Beigeschmack. Sonst sind es andere deutsche Politiker, die RT Interviews geben, etwa Sahra Wagenknecht (Linke) und die AfD-Chefin Frauke Petry.

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Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck führt Besucher durch die russische Botschaft und spricht vor Wirtschaftsvertretern über „ziellose Sanktionen“. PNN-Reporter Marco Zschieck hat zugehört, was Platzeck sagt und was nicht.

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