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Brandenburg: Woidkes Agrarminister wird zur Belastung

Nach dem Not-Umbau in der Staatskanzlei wächst nun die Kritik an Agrarminister Jörg Vogelsänger - von den Linken.

Potsdam - Für Brandenburgs Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) verschärft sich sein nächstes Personalproblem, direkt im rot-roten Kabinett: Agrar- und Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) gerät weiter in Bedrängnis, nach Dauerkritik, dass Agrarfördermittel zu spät ausgezahlt werden. Am Dienstag kritisierte Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers nun, dass das Vogelsänger-Ressort seit einem Jahr keinen ständigen Vertreter mehr in der Landesvertretung in Brüssel hat. Und das, obwohl das Ressort das meiste EU-Geld verwaltet, in dieser Periode eine Milliarde Euro. Er verwies darauf, dass derzeit um die EU-Agrarförderung der nächsten Förderperiode gepokert wird. „Wir haben ein Zeitfenster von wenigen Monaten, wo man etwas einspielen kann.“ Zur Leistung Vogelsängers wollte sich Christoffers nicht äußern: „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich diese Frage beantworte“, sagte er. Ein Dynamit-Statement, gerade an dem Tag. 

Denn keine drei Stunden später überreichte Woidke, der in seiner Regierungszentrale erneut den Chef ausgetauscht hat und deshalb im Feuer der Opposition steht, diverse Urkunden. Etwa an Klaus Freytag, seinen neuen Lausitz-Beauftragten, Arbeitsort Cottbus: „Die Staatskanzlei hat jetzt eine Außenstelle in der Lausitz!“ Er überreichte Ernennungsurkunden an den neuen Kanzleichef Martin Gorholt und an Vorgänger Thomas Kralinski, dem er für die „ausgezeichnete Arbeit“ dankte. Der wird nun sein Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Digitalisierung, Landesmarketing und Medienpolitik, alles heiße Eisen. Er verabschiedete wärmstens Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, dankte ihm, dass der BER-Aufsichtsratsvorsitzender bleibe. Die Stimmung war gut, bis die Vogelsänger-Krise erneut den Regierungschef einholte. Wie PNN berichteten, soll Woidke erwogen, aber verworfen haben, den Minister abzulösen, der zur Belastung seiner Regierung geworden ist.

Woidke: „Die Kritik überrascht mich“

Erst am Vortag hatte sich Woidke demonstrativ vor Vogelsänger gestellt. Nun folgte die Kritik von Christoffers. Der hatte auf der gleichen Pressekonferenz den Wechsel in der Staatskanzlei begrüßt: „Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass die Koordinierung verbessert werden muss.“ Wohl auch innerhalb der rot-roten Koalition. „Die Kritik überrascht mich“, sagte Woidke dazu. „Normalerweise würde man in der Koalition so etwas untereinander besprechen.“ Das Kabinett hatte vorher getagt. Der neue Staatskanzleichef Martin Gorholt wird sich also gleich als Krisenmanager beweisen müssen. Zumal in der Sache das Agrarministerium auch noch auf Medienanfragen erklärte, dass es die Interessenvertretung in Brüssel auch ohne Mitarbeiter ohne Einschränkungen gewährleistet sieht. Warum es keinen gibt? Die Antwort: „Im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens konnte niemand gefunden werden, was sicher auch mit dem Altersdurchschnitt im unserem Haus zu tun hat. In vielen Vergleichsfällen sind es jüngere Leute, die für eine Zeit lang ins Ausland gehen.“ 

Und so überschattete das Vogelsänger-Problem ausgerechnet die Präsentation der für Woidke wichtigsten Personalie, nämlich der Einsetzung des neuen Lausitzbeauftragten, um die er seit Monaten gerungen hatte. Klaus Freytag, bisher Energieabteilungsleiter im Wirtschaftsministerium und vorher elf Jahre Präsident des Landesbergamtes, absolvierte seinen ersten Auftritt souverän – mit ausgestreckter Hand an die skeptischen Grünen und als pragmatischer Lausitz-Botschafter. Er sei für den Ministeriumsjob in Potsdam nicht von Cottbus umgezogen, wo er 300 Meter neben der Spree wohne: „Solche Grundstücke sind in der Lausitz zu haben und in Potsdam nicht zu bezahlen.“ 

Senftleben widerholt Forderung nach Neuwahlen

Im Landtag wiederholte CDU-Herausforderer Ingo Senftleben indes seine Forderung nach vorgezogenen Neuwahlen, die er schon im November 2017 bei der Absage von Woidkes Kreisreform gestellt hatte. Alle Fraktionen außer der AfD lehnen das ab. „Die Forderung ist heute noch mehr berechtigt. Das Land verliert Zeit“, warnte er. Vogelsänger? Senftleben erinnerte daran, dass er vor Monaten nach einem Brüssel-Besuch die Vor-Ort-Präsenz des Ministeriums angemahnt habe. 

Zufrieden, wie alles läuft, zeigte sich Andreas Kalbitz, AfD-Fraktions- und Parteichef. Mit Neuwahlen könne man gut leben, sagte er. Die AfD würde ja zu den Gewinnern gehören. Nach Umfragen liegt die AfD bei 22 Prozent, nur knapp hinter SPD und CDU mit je 23 Prozent. Er bedankte sich bei Senftleben, weil der nach der Landtagswahl 2019 mit AfD und Linken sprechen wolle. „Es ist das Prinzip des politischen Swingerclubs: Emma macht’s mit jedem“, sagte er. „Für uns ist es die beste Wahlkampfhilfe.“ Unruhige Zeiten in Brandenburg. 

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