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Blick über riesige Abraumhalden in den Braunkohletagebau der Vattenfall AG nahe Jänschwalde.

© P. Pleul/dpa

Brandenburg: Woidke-SPD denkt über Lausitz ohne Kohle nach

Der Landesvorstand der brandenburgischen SPD setzt sich für einen schnelleren Strukturwandel in der Lausitz ein. Und fordert Bundeshilfen für die Begleitung eines möglichen Ausstiegs aus der Kohle.

Potsdam - Es sind Sätze, die einen vorsichtigen Kurswechsel markieren: Brandenburgs Sozialdemokraten stellen sich nun doch vorsorglich auf einen möglichen Turbo-Ausstieg aus der Lausitzer Braunkohle ein, obwohl sie diesen ablehnen. Das geht aus einem einstimmigen Beschluss des von Parteichef Dietmar Woidke geführten SPD-Landesvorstandes hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. „Klar muss aber sein, dass, wenn der Bund aus übergeordneten politischen Gründen und mit ordnungspolitischen Vorgaben den laufenden Strukturwandel in der Lausitz beschleunigt, der Bund in erheblichem Umfang Mittel bereitstellen muss, um den Prozess finanziell zu flankieren“, heißt es etwa. Und: „Die Landesregierung wird aufgefordert, diese Forderungen an den Bund zu unterstützen.“ Woidke selbst wird mit einem Satz zitiert, der indirekt von einer Lausitz ohne Stromproduktion aus Braunkohle ausgeht: „Unser klares Ziel ist, dass die Lausitz auch nach dem Strukturwandel Industrieregion bleibt“, erklärte er. „Nur so werden wir in der Region viele gut bezahlte Arbeitsplätze erhalten können.“

Die Folgen für die Lausitz seien noch nicht erkennbar

Die Regierungspartei, die in Brandenburg seit 1990 ununterbrochen regiert und die Ministerpräsidenten stellt, reagiert damit auf die immer kohlefeindlichere Großwetterlage auf Bundesebene – auf die bereits beschlossenen Teilabschaltung von Kohlemeilern in Deutschland, auf die nach dem Pariser Klimagipfel forcierte Debatte um einen beschleunigten Braunkohleausstieg. Zwar habe mit dem Energiekompromiss 2015 ein Struktureinbruch in der Lausitz noch einmal verhindert werden können, so die SPD-Spitze. „Bereits jetzt wird aber deutlich, dass auf Bundesebene weiterhin Ideen verfolgt werden, funktionierende konventionelle energiepolitische Strukturen unter dem Primat der Klimapolitik zu zerschlagen.“ Die kurz- und mittelfristigen Folgen für die Lausitz seien „derzeit abschließend nicht erkennbar.“

Zwar halten Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Albrecht Gerber einen Turbo-Ausstieg aus der Braunkohle – vor einer gesicherten stabilen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien – für fatal, für Brandenburg, für Deutschland. Dies haben beide in den letzten Wochen bei diversen Anlässen bekräftigt. Gerber etwa in einem Kommentar zur Beteiligung einer Berliner Staatssekretärin an den Anti-Kohle-Protesten in der Lausitz, weil nach seiner Ansicht die Bundeshauptstadt von Braunkohlestrom abhängig ist – was aber strittig ist.

SPD: Neue Impulse für den Strukturwandel

Trotzdem sehen die Sozialdemokraten nun die Notwendigkeit, in der Lausitz mehr zu tun. „Es muss gelingen, dem seit mehr als 25 Jahren laufenden Strukturwandel in der Lausitz zusätzliche Impulse und eine neue Dynamik zu verleihen.“ Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Verstromung der Braunkohle langfristig beendet werden wird. „Deshalb gilt es, für die jetzt in den Tagebauen und konventionellen Kraftwerken Beschäftigten langfristig hochwertige Arbeitsplätze in der Region zu sichern.“ In der Lausitz, die bislang wegen des Kohlekonflikts zerstritten ist, hat sich für den Strukturwandel jetzt eine neue Allianz gebildet. Die Cottbuser Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, die Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg, die Wirtschaftsinitiative Lausitz und die BTU Cottbus-Senftenberg haben jetzt eine gemeinsame „Innovationsregion Lausitz GmbH“ gegründet, die Konzepte für die Region entwickeln soll.

Lob bekam die SPD prompt von den Grünen. Landeschef Clemens Rostock wertete den Beschluss „als Beleg eines einsetzenden Umdenkens.“ Forderungen der SPD nach einer stärken finanziellen Beteiligung des Bundes können wir uns nur anschließen. Das von der SPD-Bundestagsfraktion mitgetragene Programm zur Begleitung des Strukturwandels in den Braunkohleregionen für der Zeit nach der Braunkohle in Höhe von vier Millionen Euro pro Jahr werde nicht ausreichen. Aber auch das Land sei gefordert, so Rostock. Er forderte, ein anwendungsorientiertes Forschungsinstitut in der Lausitz anzusiedeln.

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