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Eltern können weiter nur die Rückstellung beantragen (Symbolbild)

© Andreas Klaer

Brandenburg verschiebt Änderung des Stichtags erneut: Fünfjährige werden weiter eingeschult

Eigentlich sollten Fünfjährige in Brandenburg nicht mehr eingeschult werden. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Doch wann die Früheinschulung tatsächlich beendet wird, ist ungewiss.

Potsdam - Elterninitiativen fordern es seit Jahren, im Kenia-Koalitionsvertrag haben sich SPD, CDU und Grüne darauf verständigt: „Damit künftig regelmäßig keine fünfjährigen Kinder mehr eingeschult werden, wird als Einschulungsstichtag der 30. Juni festgelegt“, heißt es in dem Papier vom November 2019.

Die Änderung der Stichtagsregelung solle zum Schuljahr 2022/2023 in Kraft treten und dann für alle Kinder gelten, die bis zum 30. Juni 2022 das sechste Lebensjahr vollenden und somit schulpflichtig werden, hieß es vergangenen September in einer Antwort des Bildungsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion. Doch nun hat die Koalition die Änderungspläne vorerst weiter auf Eis gelegt. Wann die Früheinschulung tatsächlich beendet wird, ist ungewiss.

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„Die Umsetzung der Absichtserklärung bedarf der Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes, die durch den Landtag zu beschließen ist. Aufgrund der nicht abgeschlossenen Beratungen zum Landeshaushalt kann zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch nicht die Entscheidung getroffen werden, wann die Verlegung des Einschulungsstichtages wirksam werden soll“, heißt es in einem Informationsschreiben des Ministeriums vom 12. Mai, das unter anderem an die Sozialdezernenten der Kommunen, Kita-Träger, den Landeskitaelternbeirat und kommunale Spitzenverbände ging. Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld bestätigt auf Anfrage, dass derzeit wegen der nicht abgeschlossenen Haushaltsberatungen keine Entscheidung getroffen werden könne.

Land müsste mehr für Kita-Betreuung zahlen

Hintergrund ist, dass eine Änderung des Stichtags massive Auswirkungen auf die Kitaplanung hat. Derzeit werden Brandenburger Kinder schulpflichtig, die bis 30. September sechs Jahre alt werden. Wird der Stichtag vorverlegt, bleiben mehr Kinder länger in der Kita, mehr Plätze und damit teils auch mehr Personal müssten bereitgestellt werden – und das kostet. Zudem werden in Brandenburg seit August 2018 Kitakinder im letzten Jahr vor der Einschulung beitragsfrei betreut. Die Kosten dafür trägt das Land.

Das Ministerium weist darauf hin, dass Eltern auch schon jetzt die Möglichkeit haben, einen Antrag auf Zurückstellung vom Schulbesuch für ihr Kind zu stellen. „In den vergangenen Jahren sind viele Anträge auf Zurückstellung bewilligt worden, um dem Wunsch der Eltern zu entsprechen“, so Sprecherin Grönefeld. Zahlen für das Schuljahr 2021/22 lägen noch nicht vor.

Zahl der Zurückstellungen verdoppelt

In den Vorjahren machten viele Eltern Gebrauch von der Möglichkeit. Die Zahl der Rückstellungen hatte sich von gut 1900 im Schuljahr 2009/2010 auf mehr als 3800 im Schuljahr 2019/2020 verdoppelt. Der Anteil der zurückgestellten Kinder stieg binnen zehn Jahren von 10,2 auf 17,2 Prozent.

Die bildungspolitische Sprecherin der oppositionellen Linksfraktion, Kathrin Dannenberg, ist empört über das Aufschieben durch die Kenia-Koalition. „Nach ewigen Diskussionen um die Änderung des Stichtages zur Einschulung spielt die Landesregierung wieder auf Zeit“, schreibt sie im sozialen Netzwerk Facebook. Mehrfach sei deutlich gemacht worden, dass viele Eltern Sorge haben, wenn ihr Kind zu früh eingeschult werde, nicht zu vergessen seien wissenschaftliche Erkenntnisse dahingehend. Mit Blick auf die Coronakrise schreibt Dannenberg: „Gerade jetzt, wo wir einen Marathon im Aufholen von Lernrückständen vor uns haben, wird diese wichtige Entscheidung geschoben, geschoben, geschoben.“ So könne man keine Sicherheit vermitteln.

33.000 Unterschriften gegen Früheinschulung

Bereits 2015 hatten Mütter aus Finsterwalde (Elbe-Elster) die Bürgerinitiative „Stoppt die Früheinschulung“ ins Leben gerufen. Sie sammelten rund 33.000 Unterschriften und wollten die damals noch rot-rote Landesregierung dazu bringen, Fünfjährige länger in den Kitas zu lassen. Sie kamen damit seinerzeit nicht durch, was an der SPD lag. Der damalige Koalitionspartner Linke plädierte schon damals für den Schulstart mit sechs Jahren.

Der Einschulungsstichtag 30. Juni wäre dabei gar kein Novum in Brandenburg, sondern eine Rückkehr zu einer früheren Regel. Bis zum Jahr 2005 galt in der Mark, dass Kinder eingeschult werden, die bis Ende Juni sechs Jahre alt sind.
Mittlerweile überwiegt die Zahl der Bundesländer mit einem frühen Stichtag im Sommer, im Nachbarland Berlin allerdings gilt wie in Brandenburg der 30. September. Bis 2017 mussten in Berlin sogar Kinder in die Grundschule, die erst am 31. Dezember des Einschulungsjahres ihren sechsten Geburtstag feierten. 

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