zum Hauptinhalt

Brandenburg: Syrer in Cottbus vor Gericht

Die strafrechtliche Verfolgung der Gewaltfälle in Cottbus läuft. Weil ein straffällig gewordener syrischer Jugendlicher und dessen Vater nun doch in Cottbus bleiben dürfen, lassen manche Einwohner gegenüber der Stadtverwaltung ihren Frust ab.

Von Sandra Dassler

Cottbus - „Da sieht man es wieder mal: Ausländer dürfen sich alles erlauben!“ Ungefähr so würde Jan Gloßmann, Sprecher der Cottbuser Stadtverwaltung, die teils unterirdisch beleidigenden Mails, die er derzeit erhält, in eine von Fäkalienausdrücken und Rassismus freie Sprache übersetzen. Weil ein straffällig gewordener syrischer Jugendlicher und dessen Vater nun doch in Cottbus bleiben dürfen, lassen manche Einwohner gegenüber der Stadtverwaltung, aber auch in den sozialen Medien, ihren Frust ab.

„Dabei hat die von Cottbus ausgesprochene und jetzt zurückgenommene negative Wohnsitzauflage absolut nichts mit der strafrechtlichen Verfolgung zu tun“, sagt Gloßmann. Tatsächlich ermittelt längst die Staatsanwaltschaft Cottbus gegen den Syrer, der demnächst 15 Jahre alt wird. Er soll an einem Vorfall beteiligt sein, der sich am 12. Januar in einem Cottbuser Einkaufszentrum zugetragen hat. „Insgesamt drei syrischen Jugendlichen im Alter von damals 13, 14 und 17 Jahren wird vorgeworfen, ein deutsches Ehepaar bedroht zu haben“, sagte der Sprecher der Cottbuser Staatsanwaltschaft, Horst Nothbaum, am Donnerstag dieser Zeitung.

Laut Medienberichten war es darum gegangen, dass die Frau den jungen Syrern „Respekt erweisen“, sprich: sie als „Männer“ zuerst durch eine Tür gehen lassen sollte. Als die Frau sich weigerte, soll es zu einer verbalen und körperlichen Auseinandersetzung gekommen sein, bei dem einer der Syrer ein Messer zog und es einem Landsmann reichte. Zum Einsatz sei das Messer glücklicherweise nicht gekommen, sagte Sprecher Horst Nothbaum. Welcher der drei Verdächtigen es besaß und in der Hand hatte, sei noch nicht geklärt. Die Ermittlungen stünden aber kurz vor dem Abschluss.

„Wir hoffen, damit wenigstens die zu erreichen, die an einer sachlichen Auseinandersetzung interessiert sind“

Bereits vor Gericht stehen zwei weitere junge Syrer, die nur fünf Tage später, am 17. Januar 2018, im selben Einkaufszentrum einen ungefähr gleichaltrigen Deutschen mit einem Messer verletzt haben sollen. Danach war es in Cottbus zu vielen Diskussionen und Demonstrationen für und gegen die Flüchtlingspolitik des Staates und der Stadt gekommen.

„Die beiden Syrer müssen sich wegen Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung verantworten“, sagt der Leiter des Cottbuser Amtsgerichts, Michael Höhr. Beteiligt waren zwei Gruppen von Jugendlichen, die sich wohl kannten oder sogar zur selben Schule gingen. Die Verhandlung findet wegen des Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und wird am 8. April fortgesetzt.

Dass sich nach ihrer Verurteilung die Meinung jener ändert, die meinen, Ausländer dürften sich alles erlauben, bezweifelt Stadtsprecher Jan Gloßmann. Viele würden an ihren Vorurteilen festhalten. Dennoch wolle die Stadtverwaltung nach Rückkehr ihres Oberbürgermeisters Holger Kelch (CDU), der aus gesundheitlichen Gründen eine Kur nicht verschieben konnte, eine ganze Reihe von Foren und Gesprächsrunden anbieten, sagt Gloßmann: „Wir hoffen, damit wenigstens die zu erreichen, die an einer sachlichen Auseinandersetzung interessiert sind.“

Zur Startseite