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Brandenburg setzt auf Studium und Quereinsteiger: Bundesweit fehlen 35 000 Grundschullehrer

Studie offenbart Versäumnisse bei der Pädagogen-Ausbildung. Brandenburg setzt auf Seiteneinsteiger und mehr Studienplätze.

Berlin/Potsdam - Der Lehrermangel an den Grundschulen in Deutschland wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Bis zum Jahr 2025 könnten bundesweit mindestens 35 000 Grundschullehrkräfte fehlen: Davon geht eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Grund sind steigende Schülerzahlen und der Ausbau der Ganztagsbetreuung – während gleichzeitig viele Lehrer in Rente gehen werden.

Demnach müssen bis 2020/21 9800 Grundschullehrer jährlich eingestellt werden, in den Jahren danach sogar 11 200. Aus den Hochschulen werden in dem Zeitraum aber deutlich weniger Lehramtsabsolventen kommen. „Es bedarf also kurzfristiger Lösungen“, schreiben die Bildungsforscher Klaus Klemm und Dieter Zorn in der Studie. Sie favorisieren, dass Teilzeitkräfte und Pensionäre mehr unterrichten. Allerdings werde man auch weiter auf Quereinsteiger zurückgreifen müssen, wie es aktuell viele Länder tun. So sind in Brandenburg nach Angaben des Bildungsministeriums unter neu eingestellten Lehrern bereits 21 Prozent Quereinsteiger.

Der Grundschullehrerverband reagierte mit „Entsetzen und Empörung“ auf die Ergebnisse der Studie. Diese dokumentiere „ein völliges Versagen der Kultusverwaltungen der Länder bei der Sicherstellung des Lehrerbedarfs“, hieß es in einer Stellungnahme. Der Verband forderte von Union und SPD, auf den im Sondierungspapier in Aussicht gestellten Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Kinder in der Grundschule zu verzichten. Der Rechtsanspruch sei „in den kommenden zehn Jahren nicht realisierbar“. Dem widersprach Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Der Rechtsanspruch sei pädagogisch sinnvoll und von den Eltern gewollt: „Er darf nicht an fehlenden Lehrerinnen und Lehrern scheitern.“ Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), forderte eine bessere Finanzierung des von Union und SPD anvisierten Ganztagsschulprogramms sowie der Inklusion: „Hier müssen CDU/CSU und SPD während der Koalitionsverhandlungen noch kräftig nachlegen.“ Der Verband Bildung und Erziehung mahnte unter anderen an, das Lehramtsstudium weiter zu verbessern, um Abbrecherquoten zu senken.

In berlinfernen Regionen in Brandenburg bereitet der Lehrermangel schon jetzt Probleme

Auch in Brandenburg bereitet der Lehrermangel seit Jahren Probleme, vor allem in den berlinfernen Regionen. „Die bundesweiten Zahlen zu den fehlenden Grundschullehrkräften sind alles andere als überraschend. Brandenburg braucht bis 2025 rund 5000 neue Grundschullehrer“, erklärte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Marie Luise von Halem. „Wir müssen aufstocken, möglichst ohne Qualitätseinbußen“, forderte sie. Um Seiteneinsteiger einarbeiten zu können, müssten Lehrkräfte von Aufgaben entlastet werden, in dem das „Team Schule“ mit Kräften für Verwaltung, IT und Sozialarbeit verstärkt werde.

Die Studie enthalte in der Sache nichts Neues, betonte Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). „Dem Ministerium sind die Herausforderungen bei der Gewinnung von Lehrkräften bekannt“, sagte sie am Mittwoch. Viele Maßnahmen würden bereits umgesetzt. So will Brandenburg die Qualifizeriung von Seiteneinsteigern verbessern sowie an der Universität Potsdam mehr Studienplätze für das Lehramt schaffen.

„Die Landesregierung hat das Problem verschlafen“, sagte hingegen der bildungspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion, Gordon Hoffmann. Obwohl der Mangel seit Jahren absehbar gewesen sei, lägen die Kapazitäten der Lehrerausbildung noch immer weit unter dem Bedarf. Die CDU schlägt zudem vor, pensionerte Lehrer mit finanziellen Anreizen zurück an die Schulen zu holen. (mit tiw/sve)

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