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Brandenburg: Rückzug aus der Braunkohle auf Raten

Landesbehörde reagiert auf Umschwung bei Bergbaubetreiber. Leag sieht bei neuen Tagebauen wirtschaftliche Probleme und macht in Wind

Cottbus - Das in Brandenburg seit 2007 laufende Braunkohlenplanverfahren für den neuen Tagebau Jänschwalde-Nord wird nach zehn Jahren beendet. „Wir werden das Planverfahren einstellen“, kündigte Klaus-Otto Weymanns von der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg am Dienstag in einer Sondersitzung des Braunkohlenausschusses in Cottbus an. Hintergrund ist, dass der Tagebaubetreiber Leag frühere Pläne des vorigen Gruben-Eigentümers Vattenfall massiv eingedampft hat und keinen neuen Tagebau Jänschwalde-Nord mehr aufschließen will. Für die Grube hätten drei Dörfer mit rund 900 Einwohnern umgesiedelt werden müssen.

Ein Braunkohlenplanverfahren dient der Vorbereitung eines vom Land zu beschließenden Braunkohlenplans. Dieser wiederum bildet die Grundlage dafür, dass ein Tagebaubetreiber den Aufschluss einer Grube auf Behördenebene beantragen kann. Vor der Ausschusssitzung demonstrierten Befürworter und Gegner der Kohle mit Transparenten vor dem Cottbuser Stadthaus.

Leag stellte am Dienstag auch Pläne für die Rekultivierung im Revierbereich Jänschwalde vor. Demnach sollen einmal – statt wie ursprünglich geplant ein großer See – drei Seen in den Bereichen Heinersbrück, Jänschwalde Ost und südlich von Taubendorf entstehen. Der Tagebaubetreiber geht davon aus, dass die Braunkohlenförderung im laufenden Tagebau Jänschwalde voraussichtlich etwa 2023 endet. Das Kraftwerk soll danach nach den Leag-Plänen bis maximal 2033 in Betrieb sein.

Brandenburgs Wirtschaftsministerium, in Cottbus nicht vertreten durch Minister Albrecht Gerber (SPD), stellte sich voll hinter das neue Revierkonzept von Leag, welches das Unternehmen Ende März präsentiert hatte. Neben der Streichung eines neuen Tagebaus soll auch die Grube Nochten II in Sachsen kleiner ausfallen. Dort soll nur noch das Sonderfeld Mühlrose abgebaggert werden, statt 1700 wären dort nur noch etwa 200 Einwohner von einer Umsiedlung betroffen.

Eine Entscheidung darüber, ob der neue Tagebau Welzow-Süd II südwestlich von Cottbus kommt, soll bis 2020 fallen. Der Leiter der Bergbauplanung bei Leag, Gert Klocek, sagte im Ausschuss, dass das Unternehmen weiter eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für eine Erweiterung der Kohlegewinnung sehe. „Wir wollen das Abbaugebiet zwei abbauen.“ Die wirtschaftlichen Bedingungen seien zurzeit aber sehr schwierig.

Um Spielraum zu haben, bis eine endgültige Entscheidung zu dem Standort getroffen wird, will Leag die bestehende Grube Welzow-Süd zunächst komplett abbauen. Frühere Vattenfall-Planungen hätten einen vorübergehenden Parallelbetrieb vorgesehen. Auch das Wirtschaftsministerium erachtet die zweite Welzow- Grube energiepolitisch als notwendig. Das ist rechtlich die entscheidende Begründung, um überhaupt einen neuen Tagebau aufmachen zu können.

Michaela Kruse, Klimaschutzreferentin beim Bund Brandenburg, sagte: „Die Landesregierung muss endlich aktiv eigenständige Pläne machen, anstatt nur die Entscheidungen der Leag abzuwarten.“ Für die Energiestrategie 2030, die gerade überarbeitet wird, brauche die Landesregierung eine langfristige Planung und müsse neue Tagebaue ausschließen. Die Entscheidung über Welzow-Süd II dürfe nicht bis 2020 abgewartet werden. „Es ist zu befürchten, dass die Landesregierung auch hier die Hände in den Schoß legt, bis ihnen das Bergbauunternehmen die Richtung vorgibt“, sagte Kruse. René Schuster, Vertreter der Grünen Liga im Braunkohleausschuss, forderte konkrete Pläne für den Erhalt des Dorfes Proschim, das vom Tagebau Welzow-Süd II betroffen wäre.

Leag selbst reagiert auch auf die Lage. Das Unternehmen stellte in Aussicht, in der zweiten Jahreshälfte erste Projekte zu weiteren Geschäftsfeldern vorzustellen. Die Braunkohle bleibe aber das Hauptgeschäft, betonte Klocek. Ein konkretes Vorhaben erwähnte Leag bereits am Dienstag: Auf einer rekultivierten Fläche des Tagebaus Jänschwalde im Bereich Forst (Briesnig) sollen in Kooperation mit Vattenfall mehrere Windkraftanlagen entstehen. Leag stellt dabei die Fläche zur Verfügung, der schwedische Staatskonzern ist für die Windkraftanlagen zuständig. Die Baustelle wird Leag zufolge demnächst eröffnet.Anna Ringle/Alexander Fröhlich

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