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Brandenburg: Regierungserklärung im Potsdamer Landtag: War was?

Nach der Absage der rot-roten Kreisreform musste im Landtag noch einiges mehr abgeräumt werden.

Potsdam - Der Stopp der Kreisreform durch die Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat im Landtag weitere Entscheidungen nach sich gezogen. Ein Überblick

Das rot-rote Leitbild ist beerdigt

Die CDU-Fraktion wollte mit einem Antrag Klarheit schaffen: Wie denn der Landtag nach dem Scheitern der Kreisreform nun mit dem Volksbegehren dagegen umgeht. Die CDU legte dem Landtag die Forderungen des Volksbegehrens vor, zentral dabei: Dass damit das im Juli beschlossene Leitbild aufgehoben werden soll. Dieses Leitbild war die Grundlage für die zurückgezogenen Kreisreform-Gesetze, es empfahl Zwangsfusionen. Rot-Rot wollte das nicht auf sich sitzen lassen, lehnte ab und setze einen eigenen Antrag durch. Demnach wird das Leitbild aufgehoben. Zudem sollen die Kommunalverwaltungen durch mehr Zusammenarbeit besser werden. Der Antrag führte auch auf, was Woidke in seiner Regierungserklärung bereits ankündigte. Neben der Kooperation zwischen Kreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden, freiwilligen Gemeindefusionen, sollen Kreistagsabgeordnete, Ehrenamtler, besser gestellt werden und landesweit bedeutsame Kultureinrichtungen etwa in den kreisfreien Städte mehr Geld bekommen. Zudem soll die Regierung die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben, bis April ein E-Government-Gesetz vorlegen. Beim kommunalen Finanzausgleich sollen noch bis zur Landtagswahl 2019 die höheren Soziallasten der kreisfreien Städte, die auch zu hohen Schulden führten, stärker berücksichtigt werden.

Das Volksbegehren wird gestoppt

Die Gegner der Kreisreform hat vor allem ein Satz in dem Beschluss des Landtags gefreut: „Damit hat das Volksbegehren sein inhaltliches und politisches Ziel erreicht.“ Danach traten die Initiatoren, Ex-Prignitz-Landrat Hans Lange (CDU), die ehemalige Oberbürgermeisterin von Brandenburg/Havel und jetzige Bundestagsabgeordnete Dietlind Tiemann (CDU) sowie FDP-Landesvize Hans-Peter Goetz vor die Presse: „Wir werden der Initiative vorschlagen, die Erledigung unseres Anliegens festzustellen“, sagte Lange als Vorsitzender des Vereins „Bürgernahes Brandenburg“. Denn der Landtag habe die Forderungen der Initiative inhaltlich angenommen. Mit 130 000 Unterstützern hatte der Verein die erfolgreichste Volksinitiative überhaupt gestartet. Ob nun für das Volksbegehren, für das 80 000 Unterschriften nötig gewesen wären, noch die Halbzeitzahlen Ende November veröffentlicht werden, ist offen. Goetz sagte: „Spiel, Satz und Sieg, das können wir für uns verbuchen.“ Tiemann bemängelt jedoch, dass Ministerpräsident Woidke in seiner Regierungserklärung nicht deutlich gemacht habe, dass die Absage der Kreisreform ein Erfolg der Bürger gewesen sei. Woidkes Regierungserklärung sei nicht dazu geeignet gewesen, bei der Diskussion über den Reformbedarf im Land von vorn zu beginnen. Der Grund: Zu den von Woidke angekündigten Verhandlungen der Landesregierung mit den Landräten und Oberbürgermeistern soll Innenminister Karl-Hein Schröter (SPD) einladen: „Also derjenige, der mit brachialer Gewalt im Auftrag der Landesregierung versucht hat, das Ganze durchzutreten, soll jetzt Gesprächspartner sein?“, fragte Tiemann. „Der Gedanke, dass er auf null zurückschaltet, um in eine Kommunikation zu gehen, die nach vorne gerichtet ist, fällt uns schwer.“ Von daher gewähre die Volksinitiative der Landesregierung mit dem Rückzug des Volksbegehrens auch einen Vertrauensvorschuss.

Die Kommunalverbände wundern sich

Sie hatten das Aus der Kreisreform gemeinsam mit Woidke eingefädelt: Mittelmark-Landrat Wolfgang Blasig (SPD) als Vorsitzender des Landkreistages und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) als Präsident des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes. Sie riefen am Donnerstag zur einer gemeinsamen Konferenz der Regierung mit Kreisen und kreisfreien Städte über eine neue Verwaltungsreform auf. Jakobs sagte, es sei unverständlich, dass Schröter mit den kreisfreien Städten Sondergespräche führen wolle. Das zerstörte Vertrauen werde von den Ergebnissen abhängen. Blasig warnte vor zu hohen Erwartungen: In dieser Legislaturperiode seien ohnehin keine großen Würfe mehr zu erwarten. Feste Eckpunkte für eine Funktionalreform seien erst nach der Wahl 2019 zu erwarten. Das Ziel müsse es nun sein, trotz Fachkräftemangel und rückläufiger Bevölkerungszahl die Leistungen bürgernah zu erbringen.

Gesetz zur Landrätewahl angepackt

Im Sommer hatte der Landtag mit rot-roter Mehrheit für die Kreisreform per Gesetz die Amtszeiten von mehreren Landräten in Fusionskreisen – Elbe-Elster, Ostprignitz-Ruppin, Spree-Neiße, Uckermark, Oberspreewald-Lausitz und Barnim – verlängert auf die Zeit nach der Kommunalwahl 2019, die Direktwahl danach ausgesetzt. Das ist nun nicht mehr haltbar durch den Wegfall der Kreisreform – die Grundlage fehlt. Die CDU hatte rechtzeitig für das Novemberplenum eine Gesetzesnovelle zu den Amtszeiten einbracht, die den alten Zustand wiederherstellt. Rot-Rot und Innenministerium hatten die Fristen verpasst. SPD und Linke besserten nun aber noch einmal nach mit einer Übergangsvorschrift. Städte und Gemeinden mussten schriftlich angehört werden, der Innenausschuss hielt am Mittwochabend noch eine Sondersitzung ab. Am Donnerstag soll die Novelle dann beschlossen werden. Ein Beispiel: In Oberspreewald-Lausitz endet die reguläre Amtszeit von Landrat Siegurd Heinze (parteilos) bereits am 12. Februar. Weil eine Landratswahl aber 102 Tage vor dem Wahltag bekannt gegeben werden muss, Wahlvorbereitungen nötig sind, sollen er und andere Ländräte kurze Zeit länger im Amt bleiben können – für einen Übergang. Denn die Wahl eines neuen Landrats muss in den letzten fünf Amtsmonaten der amtierenden Landräte stattfinden.

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