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Christoph Weiser  ist Präsident des Landesrechnungshofs Brandenburg. 

© promo

Brandenburg: Lunapharm: Rechnungshof kritisiert Landesregierung

Im Finanzausschuss des Landtags wurde über einen Prüfbericht zu Fachaufsichten in Brandenburgs Ministerien diskutiert. Rechnungshofchef Christoph Weiser fand dabei deutliche Worte. 

Potsdam - Der Präsident des Landesrechnungshofes, Christoph Weiser, wirft der rot-roten Landesregierung vor, durch Ignoranz der Mangelausstattung von Aufsichtsbehörden den Skandal um illegale Krebsmedikamente womöglich verschärft zu haben. „Wenn die Landesregierung schneller gehandelt hätte, wäre es mit Lunapharm vielleicht gar nicht so weit gekommen“, sagte Weiser am Freitag im Finanzausschuss des Landtags.

Der Bericht stammt von November 2017

Der Ausschuss debattierte über einen kurzfristig auf die Tagesordnung gehobenen Prüfbericht des Rechnungshofes zur Fach- und Rechtsaufsicht durch Ministerien und Landesbehörden. Der Bericht, in dem exemplarisch die vier Ministerien für Bildung, Wissenschaft, Justiz und Inneres unter die Lupe genommen wurden, datiert vom November 2017. Untersucht wurden die Jahre 2016/17. Doch erst jetzt, ein Jahr später, wurde die Expertise, die wie berichtet eklatante Mängel bei der Organisation und dem Personaleinsatz in den Häusern aufzeigt, am Dienstag im Haushaltskontrollausschuss und am Freitag im Finanzausschuss des Parlaments öffentlich thematisiert. Zwar wurde das Gesundheitsministerium, bei dem im Zuge des Pharmaskandals diesen Sommer Personalengpässe und Fehlorganisation bei der Arzneimittelaufsicht festgestellt wurden, nicht vom Rechnungshof untersucht – die bei den anderen Ministerien aufgezeigten Versäumnisse seien aber übertragbar, so Weiser. „Wir stellen in vier Ressorts fest, dass es Mängel gibt. Das müsste gebündelt aufgegriffen werden“, sagte Weiser zu Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD), der im Ausschuss Mühe hatte zu erklären, warum die Landesregierung bislang nicht auf den Bericht reagiert hat. 

Gorholt sieht keinen Zeitverzug

Der Rechnungshofbericht sei an die Ministerien gegangen und nicht an die Staatskanzlei, sagte Gorholt. Erst Mitte des Jahres, als der Lunapharm-Skandal schon lief, habe er Kenntnis davon erhalten, dass es einen solchen Bericht gebe. „Ich kann keinen Zeitverzug erkennen“, so Gorholt. Am 3. September sei der Auftrag an alle Ressorts ergangen, bei denen sensible, die Gesundheit tangierenden Bereiche angesiedelt sind, Bedarf für Fachaufsichten zu benennen. Dazu zählten etwa Verbraucherschutz, Kinder- und Jugendhilfe, Heimaufsicht, Flugsicherheit oder die Prüfung medizinischer Produkte. Insgesamt sei ein Bedarf von 154 zusätzlichen Stellen für die Fach- und Rechtsaufsichten von den Ressorts angemeldet worden. 30 zusätzliche Stellen sollen nun geschaffen werden, davon wie berichtet zwölf für die Arzneimittelaufsicht. Im Juni wolle er berichten, ob darüber hinaus Konsequenzen aus dem Rechnungshofbericht gezogen werden müssten. Eine Innenrevision in jedem Ressort halte er für wichtig, so Gorholt.

Opposition kritisiert Staatskanzleichef

Erst als der Lunapharm-Skandal hochkochte, sei der Bericht des Rechnungshofes offenbar zur Kenntnis genommen worden, kritisierte der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Steeven Bretz. „Ich bin hellauf entsetzt“, sagte der Fraktionschef der Grünen, Axel Vogel.

Er hätte erwartet, dass die Ministerin den Prüfbericht an die Staatskanzlei weiterleiten und diese die Ergebnisse ressortübergreifend auswerte – und zwar zeitnah. „So bleibt der schale Eindruck, dass Berichte des Rechnungshofes nicht ernst genommen werden“, so Vogel. 

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