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Die Opposition im Landtag wirft Justizminister Stefan Ludwig vor, die Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht mit ausreichend Personal ausgestattet zu haben. 

© Britta Pedersen/dpa

Brandenburg: Justizminister Ludwig sieht keinen Personal-Engpass

Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig steht in der Kritik wegen frühzeitiger Entlassungen zweier Männer aus der Haft. Nun soll geklärt werden, was die Gründe dafür waren.

Potsdam - Die Haftentlassungen des mutmaßlichen Turnhallen-Brandstifters Maik Schneider und eines verurteilten Mörders sind nach Angaben von Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) nicht auf Personalmangel in den Gerichten zurückzuführen. Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hatte in beiden Fällen überlange Verfahrenszeiten als Gründe für die Haftentlassungen genannt. Daher wirft die Opposition im Landtag dem Minister vor, die Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht mit ausreichend Personal ausgestattet zu haben.

Das OLG habe bei den Entscheidungen zwar eine hohe Belastung des zuständigen Landgerichts Potsdam anerkannt, sagte Ludwig am Montag im Rechtsausschuss des Landtags. „Aber es hat auch klar gesagt, dass diese keine hinreichende Begründung für die verzögerte Zustellung von Urteil und Hauptverhandlungsprotokoll war.“

Ludwig: Genauen Gründe für Verzögerungen nicht zu erkennen

Die genauen Gründe für die Verzögerungen in den beiden Fällen Anfang Dezember und Anfang Januar seien für das Ministerium nicht zu erkennen, sagte Ludwig. Beide Verfahren seien von demselben „sehr vertrauenswürdigen und belastbaren“ Vorsitzenden Richter geführt worden. Zudem seien im vergangenen Jahr 33 neue Proberichter eingestellt worden, davon 15 in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, sagte Ludwig. Und auch im Januar seien bereits fünf weitere Proberichter eingestellt worden.

Nach Angaben von Ludwig sitzen derzeit allerdings 73 Personen bereits länger als die normalerweise zulässigen sechs Monate in Untersuchungshaft. Dies führe aber nicht automatisch dazu, dass die Betreffenden freigelassen werden müssen, betonte der Minister. Vielmehr könne die längere Verfahrensdauer etwa wegen komplexer Ermittlungen durchaus begründet sein. Der Minister verwies darauf, dass das OLG bei 80 Haftbeschwerden im vergangenen Jahr nur in dem Fall des verurteilten Mörders auf Freilassung entschieden habe.

Der rechtspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum, erklärte hingegen, diese Zahlen belegten das „klägliche Versagen“ der Landesregierung. So seien am Landgericht Potsdam seit 2016 zehn Überlastungsanzeigen gestellt worden. Dennoch habe das Justizministerium kein weiteres Personal an das Landgericht geschickt, sondern im Gegenteil eine Stelle im gehobenen Dienst und drei Stellen im Schreibdienst gestrichen, kritisierte Eichelbaum.

Neonazi Maik Schneider fordert Entschädigung

Der Verteidiger des Ex-NPD-Politikers Schneider hatte am Montag angekündigt, dass sein Mandant eine Entschädigung für seine Untersuchungshaft fordere. Dazu werde er beim nächsten Prozesstermin am Mittwoch am Landgericht Potsdam eine Verzögerungsbeschwerde einreichen, sagte Verteidiger Sven-Oliver Milke. Dann habe das Gericht die Möglichkeit, wegen der überlangen Verfahrensdauer einen deutlichen Strafrabatt zu gewähren, sagte Milke. Andernfalls werde er beim OLG eine finanzielle Entschädigung von rund 1200 Euro für jedes Jahr Untersuchungshaft verlangen, die knapp drei Jahre dauerte.

Ludwig erklärte dazu im Ausschuss, eine Entschädigung stehe einem Untersuchungshäftling nur zu, wenn er freigesprochen oder das Verfahren eingestellt werde. Beides sei im Fall Schneider nicht zu erwarten. Dagegen erklärte Milke am Rande des Ausschusses, die Entschädigung stehe seinem Mandanten nach dem Gerichtsverfahrensgesetz schon jetzt zu.

Gegen Schneider läuft vor dem Landgericht Potsdam derzeit ein Revisionsprozess. Der 31-Jährige soll im August 2015 in Nauen eine Sporthalle, die als Unterkunft für Asylbewerber vorgesehen war, in Brand gesetzt haben. Anfang Januar hatte das OLG seine Freilassung angeordnet. Er war im ersten Prozess im Februar 2017 zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof wegen der Befangenheit eines Schöffen aufgehoben. (dpa)

Klaus Peters

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