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Völkerfreundschaft. Der Landtag Brandenburg will seine Solidarität mit Israel durch die Gründung eines Freundeskreises zum Ausdruck bringen. Heute spricht zudem der israelische Botschafter im Potsdamer Parlament.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Gegen Antisemitismus – mit der AfD

Der Landtag will einen Freundeskreis Israel gründen und damit einer „Schlussstrich-Mentalität“ eine Absage erteilen. Die AfD sieht sich mit an Bord

Potsdam - Kann man zu AfD-Rechtsaußen Björn Höcke stehen und gleichzeitig einem Freundeskreis Israel beitreten, der sich explizit gegen eine „Schlussstrich-Mentalität“ im Umgang mit der NS-Vergangenheit ausspricht? Andreas Kalbitz kann. Der Brandenburger AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzende hat keine Skrupel, dem Freundeskreis des Landtags beizutreten. Seine Fraktion habe das Gründungsdokument „aus voller Überzeugung“ angenommen, so Kalbitz am Dienstag . Zuvor hatten die Fraktionen über das Dokument diskutiert. Alle wollen – auch vorm Hintergrund der Debatte über antisemitische Übergriffe – dem Freundeskreis beitreten, der im Mai aus der Taufe gehoben werden soll.

Die Brandenburger AfD-Fraktion müsse jetzt folgerichtig für den Parteiausschluss des „Geschichtsklitterers“ Björn Höcke eintreten, fordert SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Beides gehe nicht: „Sich als Freund Israels zeigen und zugleich Leute in den eigenen Reihen stützen, die den Holocaust faktisch vergessen machen wollen oder gar leugnen.“ Eine solche Doppelzüngigkeit dürfe man der AfD nicht durchgehen lassen.

Der Thüringer AfD-Politiker Höcke hatte im Vorjahr bei einer Rede in Dresden erklärt: „Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt hat pflanzen lassen.“ Dazu erklärte Kalbitz am Dienstag: Höcke habe das nicht so gemeint, wie es interpretiert wurde. Mit „Schande“ habe er die Schande des Holocausts gemeint. Zudem habe er sich für seine Äußerung entschuldigt. Nicht das Verhältnis der AfD, sondern jenes der Linken zu Israel sei „scheinheilig“.

CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben: Beitritt der AfD zum Freundeskreis „taktisch motiviert“

Der Beschluss der AfD, dem Freundeskreis beizutreten, sei „taktisch motiviert“, erklärte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben. Abgeordnete, die die Regeln des Gründungsdokuments verletzen, müssten diesen verlassen, so sei es bei jedem Verein. Wie der Freundeskreis genau organisiert und strukturiert werden soll, ist dabei noch nicht klar. Bislang ist auch nicht vorgesehen, dass fraktionslose Abgeordnete beitreten können, sondern nur Mitglieder von Fraktionen, die dem Gründungsdokument einmütig zugestimmt haben, wie Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers erläuterte.

Überlegungen, einen Freundeskreis Israel im Landtag zu gründen, gibt es seit November 2017. Die Initiative dafür war von den Abgeordneten Andrea Johlige (Linke) und Barbara Richstein (CDU) ausgegangen. Aus Anlass des 70. Jahrestages der Gründung des Staates Israels solle die Solidarität Deutschlands mit Israel auch im Landtag Brandenburg bekräftigt werden, heißt es im Gründungsdokument. „Der nationalsozialistische Völkermord an den europäischen Juden ging auch von Brandenburger Boden aus“, heißt es darin weiter. In Brandenburg befanden sich die Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück und zahlreiche Außenlagen.

Wichtiger Punkt in dem Dokument ist die Verpflichtung, jeglichen Versuchen einer „erinnerungspolitischen Kehrtwende“ und einer „schleichend um sich greifenden Schlussstrich-Mentalität“ eine klare Absage zu erteilen. Vor „Erinnerungsstolz“, dem Ausruhen auf erfolgter Geschichtsaufarbeitung, hatte der scheidende Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, gewarnt. Gleichzeitig hatte er dazu aufgerufen, auf gefährliche rechte Tendenzen der AfD mit einem „konsequenten, scharfen Dagegen“ zu antworten.

Am heutigen Mittwoch spricht der isralelische Botschafter Jeremy Issacharoff anlässlich des 70. Jahrestages der Staatsgründung Israels im Landtag. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte zuvor erklärt, die Zusammenarbeit mit Israel in der Jugend- und Bildungsarbeit ausbauen zu wollen. Vom 29. April bis 3. Mai reist Woidke unter anderem nach Tel Aviv und Jerusalem. Bei der Solidaritätsaktion „Potsdam trägt Kippa“ wollen sich am Mittwoch auch Landtagsabgeordnete verschiedener Fraktionen beteiligen. AfD-Chef Andreas Kalbitz nicht. Er kenne die Aktion nicht. Außerdem habe er andere Termine. Marion Kaufmann

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