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Mit Mützentausch. Das schönste London-Erlebnis hatten wohl die Potsdamer Langen Kerls, die die Delegation begleiteten: Sie trafen sich mit den berühmten Grenadier Guards am Buckingham Palast – man war sich sehr sympathisch.

© F.-M. Gorges/Staatskanzlei

Brandenburg-Delegation reist nach Großbritannien: Nice to meet you: Brandenburg zu Gast in London

Brandenburgs Kurz-Trip nach London: Für die dreitägige Reise haben sich Politik und Wirtschaft, Tourismus und Medien viel vorgenommen. Was hat der Besuch gebracht? Ein Überblick.

Drei Tage hat sich das Land Brandenburg nach dem Tag der Deutschen Einheit in London präsentiert. Das Motto: „Brandenburg meets Britain“. Und auch ein lustiger Werbespruch fehlte nicht: „Brandenburg: Just my cup of tea“. Was das Ganze gebracht hat und was nicht? Die PNN geben einen Überblick.

Was hat Brandenburg in London zu suchen?

Die Auslandspräsentationen des Landes jeweils zum Tag der Deutschen Einheit sollen nach Willen der Staatskanzlei alle zwei Jahre stattfinden. Ausgewählt wurde Großbritannien, weil es ein besonders wichtiger Wirtschaftspartner Brandenburgs sei, so Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Geplant wurde die Reise schon, bevor die Briten im Juni 2016 für den Brexit votierten. Dass der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union kommt, vielleicht sogar als „harter Brexit“ weitgehend ohne Verhandlungen, verlieh den Wirtschaftsgesprächen besondere Bedeutung. Zur Delegation aus Brandenburg gehörten neben Ministerpräsident Woidke auch Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), Finanzminister Christian Görke (Linke), Justizminister Stefan Ludwig (Linke), Kulturministerin Martina Münch, Wirtschaftsminister Albrecht Gerber und der Chef der Landesvertretung Brandenburgs beim Bund, Martin Gorholt (alle SPD). Zudem reisten Brandenburgs Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) und neun Landtagsabgeordnete mit. Vor Ort war auch eine Unternehmerdelegation, betreut von der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB). 18 Unternehmen und Institutionen versuchten, Geschäftspartner zu finden. Bislang war Brandenburg schon in Budapest (Ungarn, 2002), London (Großbritannien, 2006), Warschau (Polen, 2008), Zagreb (Kroation, 2011) und Den Haag (Niederlande, 2013) zu Gast. Nun ging es nach verlängerter Pause von vier statt zwei Jahren erneut nach London.

Gibt es ein politisches Ergebnis der Reise?

Nein, jedenfalls keines, das sich als Vereinbarung dingfest machen ließe. Es ging eher darum, ins Gespräch zu kommen und Präsenz zu zeigen. Erstaunlich für manchen Teilnehmer: Brexit-Befürworter waren rar, die meisten Briten, die mit Vertretern der Landesregierung oder des Parlaments sowie Unternehmern sprachen, lehnten den EU-Austritt ihres Landes ab. Ministerpräsident Woidke betonte ein ums andere Mal, dass es weiter großes Interesse an intensiven, stabilen Beziehungen zu Großbritannien gebe. Die Landtagsabgeordneten trafen sich mit Abgeordneten des britischen Unter- und Oberhauses sowie der britischen Handelskammer zu Gesprächen. Thema dabei: Die politische Lage in Deutschland und Brandenburg nach der Bundestagswahl mit den Erfolgen der rechtspopulistischen AfD (PNN berichteten). Insgesamt sei das politische Interesse an Brandenburg groß gewesen, bilanzierte Woidke. Allein zum Empfang anlässlich des Tags der Deutschen Einheit in der Residenz der deutschen Botschaft kamen knapp 1000 Gäste, Woidke schüttelte mit Botschafter Peter Ammon vielen Besuchern die Hände, hielt ein Grußwort.

Wie ist die wirtschaftliche Bilanz?

Aus Sicht der Landesregierung und der mitgereisten Unternehmer gut. Für den Ministerpräsidenten standen Treffen mit Chefs von Unternehmen, die schon im Land angesiedelt sind, im Fokus. Dabei ging es laut Woidke um mögliche Schwierigkeiten, die durch den Brexit entstehen könnten. Nach einem Treffen mit dem Chef von Rolls-Royce, Warren East, gaben Woidke und Wirtschaftsminister Gerber ein Mittagessen für Unternehmer mit Sitz in der Mark – die Presse durfte nicht dabei sein. Woidke sagte später, mit Rolls-Royce-Chef East habe er über „konkrete weitere Projekte“ gesprochen, mehr könne er öffentlich noch nicht sagen. Rolls-Royce beschäftigt in Dahlewitz (Teltow-Fläming) rund 2200 Menschen in der Entwicklung und Endmontage von Triebwerken. Dahlewitz entwickle sich immer mehr zum Kompetenzzentrum, so Woidke. Zu den großen Arbeitgebern im Land gehört auch der britische Online-Modegroßhändler Asos, der plane, die Zahl der Beschäftigten in seinem Logistikzentrum in Großbeeren von 1000 auf 2500 zu erhöhen, so Minister Gerber. Außerdem umworben: der Billigflieger Easyjet. Im Sommer wollte die Fluggesellschaft ihre zwölfte Maschine in Schönefeld stationieren, damit arbeiten dort laut Unternehmen mehr als 500 Menschen. Außerdem gehört Easyjet zu den Bietern für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin – eine Chance auf weiteres Wachstum. Aus Großbritannien stammt zudem das Biotechnologieunternehmen LGC, das seit mehr als zehn Jahren in Luckenwalde ansässig ist und stetig wächst.

Die Landesregierung geht davon aus, dass britische Unternehmen sich verstärkt dafür interessieren könnten, Standorte in der Hauptstadtregion zu gründen, um nach dem Brexit ein Standbein in der EU zu haben. Davon könne Brandenburg profitieren, so Woidke. Aber: „Das ist sehr kurzfristig gedacht. Wir brauchen nicht ein gegenseitiges Abwerben von Unternehmen, sondern langfristig stabile und gute Beziehungen zu Großbritannien.“ Seit den 90er-Jahren gehören die Briten zu den zehn wichtigsten Handelspartnern Brandenburgs; 2016 gingen 3,5 Prozent der Gesamtexporte des Landes nach Großbritannien (Platz 8), bei den Importen liegen die Briten sogar mit 5,9 Prozent der Gesamtimporte auf Platz vier.

Positiv beurteilten Unternehmer der Wirtschaftsdelegation die London-Reise. Neben dem „Klassenfahrt-Effekt“ habe es gute neue Kontakte gegeben, sagte beispielsweise Matthias Thielbier von der Potsdamer espoto GmbH, die Apps entwickelt. Eine britische Eventagentur habe konkretes Interesse gezeigt. Ebensolches berichtete unter anderen die Chefin der Potsdamer Kommunikationsagentur Uva, Andrea Vock.

Potsdam präsentierte sich mit dem neuen MediaTechHub. Wie lief das?

Durchwachsen. Das MediaTechHub lässt sich (noch) nicht wirklich griffig kommunizieren, wie eine anspruchsvolle, aber auch komplizierte Präsentation zeigte. Vielleicht lag es tatsächlich an Zeit und Wetter – Freitagnachmittag, sonnig –, dass viele der britischen Medien- und IT-Unternehmer, die sich angemeldet hatten, nicht auftauchten. Andere fühlten sich von der Hub-Idee überfordert. Das unterstrich, wie wichtig es ist, dass das vom Bund verliehene Label MediaTechHub, das jetzt als „Netzwerk und Ort“ gleichzeitig verkauft wird, tatsächlich zum Leben erweckt wird. Immerhin: Die Ausschreibung für einen Träger läuft.

Wie warb Brandenburg noch für sich?

Kultureller Höhepunkt war das Konzert des Deutschen Filmorchesters Babelsberg, das in der ehemaligen Kirche St. John’s Smith Square zum Stummfilm „Der letzte Mann“ spielte. Allerdings, so erinnerte sich mancher, hatten die Musiker, die bislang alle Auslandspräsentationen begleiteten, im Jahr 2006 mit rund 1800 Zuhörern in London ein wesentlich größeres Publikum gehabt.

Für den Tourismus gab es eine Präsentation der Tourismus Marketing Brandenburg (TMB) für Fachpublikum. Die Landesregierung legte zudem eine neue Imagebroschüre auf, die es auch auf Englisch gibt – auf dem Titel das sehr britisch anmutende Schloss Babelsberg. Immerhin liegen die Briten schon jetzt auf Platz vier bei den Übernachtungen ausländischer Gäste in Brandenburg, Tendenz steigend. Besonders vermarktet wird hier übrigens Potsdam mit seinen Schlössern und dem Museum Barberini. Bald soll es zudem eine Werbekooperation mit der Fluglinie Eurowings geben, die das winterliche Brandenburg anpreist.

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