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Brandenburg: Aus der Mark soll eine Marke werden

Eine renommierte Werbeagentur kümmert sich ums Image Brandenburgs. Das Land lässt sich die Kampagne 1,1 Millionen Euro kosten. Ein beliebter Slogan ist allerdings schon an ein anderes Bundesland vergeben.

Potsdam - Brandenburg lässt sich jetzt von einer der renommiertesten Werbeagenturen Deutschlands das Image aufpolieren. Ende vergangener Woche machte die Landesregierung den Vertragsabschluss nach einer EU-weiten Ausschreibung publik. Den für die Branche mit 1,1 Millionen Euro leichten Zuschlag unter fünf Bewerbern bekam die Agentur Scholz & Friends. Ein Schwergewicht also, das im Juni bei den „Cannes Lions 2017“, den Oscars der Werbebranche, Gold mit einer Aktion für die PNN-Schwesterzeitung „Tagesspiegel“ – mit dem Titelblatt mit US-Präsident Donald Trump – abgeräumt hatte.

Nun also Brandenburg. Im Frühjahr 2018 soll die Kampagne auf allen Kanälen – klassisch, im Internet und in den sozialen Medien – starten. Und sie soll, wie es in der Ausschreibung hieß, „das Land Brandenburg zunächst in Deutschland in den Fokus rücken und das Wirkungsbild eines interessanten, attraktiven Landes zum Leben und Arbeiten für Familien wie Singles, für Junge wie Ältere mit vielen Facetten und Möglichkeiten“ verbreiten.

Leider schon vergeben ist der Slogan: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“

Eine Sprecherin der Agentur wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, mit welchem Spruch künftige für die Mark geworben werden soll. Derzeit laufen noch weitere Gespräche und Verhandlungen mit der Staatskanzlei über die Details. Ein Spruch, der sicherlich auch für die berlinernden oder Brandenburger Plattdeutsch sprechenden Märker passen würde, ist allerdings schon vergeben. „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ für Baden-Württemberg stammt auch von Scholz & Friends und ist laut einer Online-Umfrage von Studenten der Universität Hohenheim der beliebteste Länderslogan. Der Umfrage zufolge kennen 70 Prozent der Deutschen den Satz, 54,4 Prozent wählten ihn auf Platz eins. Übrigens landete Brandenburgs bisheriger Spruch „Neue Perspektiven entdecken“, der auf den in die Jahre gekommenen Autobahnschildern an der Landesgrenze zu lesen ist, auf Platz fünf. Dennoch kann kaum jemand etwas mit Brandenburg anfangen. Zu diesem Ergebnis kam im Frühjahr eine Studie im Auftrag der Landesregierung. Das Urteil über das Image des Landes lautete: wenig präsent, geringes Profil, aber viel Grün und Wasser und dicht bei Berlin.

Demnach sind zwar Spreewald, Schloss Sanssouci oder der Filmstandort Babelsberg auch in alten Bundesländern bekannt. Aber nur die wenigsten denken dabei an Brandenburg. 83 Prozent der Westdeutschen kennen zwar Potsdam, aber nur 55 Prozent wissen, dass es zu Brandenburg gehört. Noch schlechter für Brandenburg sieht es beim Spreewald, beim Schloss Sanssouci, dem Babelsberger Filmpark oder Tropical Islands aus. Die Autoren der Studie befanden: „Aus fernerer Westsicht“ laufe Brandenburg Gefahr, „indifferent als Osten wahrgenommen zu werden“, „in der Wahrnehmung mit Berlin zu verschmelzen“, „von Berlin überblendet zu werden“. Nur über Sachsen-Anhalt und das Saarland wissen die Deutschen noch weniger. Als Zuzugsort und Reiseziel punktet Brandenburg vor allem bei Berlinern oder im Osten.

Gute Jobs, gute Bildung, preiswertes Leben und Nähe zur Natur

Und wofür ist Brandenburg bekannt? Jedenfalls nicht für wirtschaftliche Spitzenpositionen, die Infrastruktur, prima Internet, Jobchancen, niedrige Lebenskosten oder Kultur, was alles für Zuzügler interessant sein könnte. Deshalb hat sich die Landesregierung entschlossen, mit einer neuen Imagekampagne gegenzusteuern. Das frühere Understatement, etwa Thilo Sarrazins Bonmot, Brandenburg sei Berlin mit angeschlossener Landschaftspflege (2005), soll abgelegt werden. Stattdessen will die Landesregierung zeigen: Hier lässt es sich preiswert leben, naturnah sowieso, Jobs und gute Bildung gibt es auch. Fachkräfte müssen her. Und während es im Speckgürtel langsam eng und teurer wird, wäre dahinter viel Platz für Zuzügler.

Schon in der Ausschreibung hieß es selbstbewusst, dass das größte ostdeutsche Bundesland „ohne große Schlagzeilen oder separates Landesmarketing“ inzwischen wirtschaftliche Spitzenpositionen erreicht habe und sogar glänze, etwa mit seiner Wissenschaftslandschaft, mit Babelsberg als „Standort internationaler Kinoproduktionen“, als Logistikdrehscheibe in Deutschland, „als Binnenland auf Platz zwei der Windenergieerzeugung“.

Ganz ohne Berlin geht es nicht

Dass Brandenburg von Berlin profitiert, soll aber nicht verschwiegen werden. In den 900 Imagebroschüren, die Anfang Oktober bei der London-Reise von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verteilt wurden, ist Berlin jedenfalls prominent vertreten. Ohne Berlin geht es eben nicht. Aber schon die Autoren der Studie befanden: „Nicht jeder liebt es, aber fast jeder braucht es.“ In beiden Ländern sehen bis zu drei Viertel der Bürger eine enge Verbindung der Region. Aber: „Mentalitätsmäßig passt man nicht so recht zusammen.“

Woidke befand jüngst, dank der Studie wisse man jetzt, wo Brandenburg steht. Mit einem Seitenhieb auf die Berliner Nachbarn befand er aber: „Es ist besser, man ist gut und keiner weiß es, als wenn man schlecht wäre – und alle wissen das.“ Damit ist nun Schluss, Brandenburgs Stärken sollen bekannter werden. Der Werbevertrag läuft bis Ende 2018, eine Verlängerung für 2019 – im Landtagswahljahr – und 2020 ist möglich.

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