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Brandenburg: Agrarminister Vogelsänger: „Ich bin deutlich besser“

Brandenburgs Umweltminister Jörg Vogelsänger verteidigt seine Anti-Naturschutz-Personalpolitik gegen Kritik. Und er schafft neue Fakten – bei „unsinnigen Vorschriften“.

Potsdam - Er zieht es durch, obwohl die Naturschutzverbände im Land auf die Barrikaden gehen: Brandenburgs Agrar- und Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat seine Anti-Naturschutz-Personalpolitik verteidigt, mit der seit Amtsantritt 2014 systematisch ein profilierter Kopf nach dem anderen im Umweltressort abgelöst oder kaltgestellt wird. Zuletzt hatte es im Januar den langjährigen Naturschutz-Abteilungsleiter Axel Steffen erwischt, der eine andere Abteilung übernehmen muss.

Kritik vom Naturschutzbund Brandenburg

„Das sehe ich komplett anders“, sagte Vogelsänger dazu am Mittwoch den PNN. Steffen übernehme schließlich die wichtige Abteilung für Klima- und Immissionsschutz, die durch Ruhestand vakant geworden sei. Als Nachfolger für Steffen hat der Minister seinen bisherigen Büroleiter Frank Reichel eingesetzt, der zunächst kommissarisch übernimmt, da die Stelle ausgeschrieben werden muss. Zu seiner Entscheidung sagte Vogelsänger: „Als Leiter des Ministerbüros hat er den einen oder anderen brisanten Fall in dem Bereich so geklärt, dass alle zufrieden auseinandergegangen sind.“ Man möge die Personalien erst dann bewerten, wenn beide sich eingearbeitet hätten. Er sei ganz sicher: „Ich habe gute Abteilungsleiter. Das Haus wird die Aufgaben gut bewältigen.“

Die Ablösung Steffens nach diversen ähnlichen Personalentscheidungen vorher hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. So warf der Naturschutzbund Brandenburg Vogelsänger vor, er versuche, „mit beispielloser Rigorosität den Politikbereich Naturschutz zu erledigen“. Vogelsänger versuche den unter dem damaligen Umweltminister Matthias Platzeck in den 90er-Jahren aufgebauten Naturschutz „mit einer Doppelstrategie“ zu beseitigen. Inhaltlich werde „die Arbeit auf das unumgängliche Maß reduziert“ und personell „werden die führenden Köpfe ausgeschaltet“.

Jörg Vogelsänger: Ich muss mit Kritik leben, sehe sie aber nicht als gerechtfertigt an

„Als Minister muss ich ja mit Kritik auch leben“, sagte Vogelsänger dazu. „Ich sehe sie aber nicht als gerechtfertigt an.“ So werde im Naturschutz vieles bewegt, er wolle dort „auch für Akzeptanz“ sorgen. So habe man die noch vor Jahren heftigen Konflikte zum Umgang etwa mit Bibern und Wölfen entschärft. „Inzwischen sind wir hier auf einem guten Weg“, sagte der Minister. „Ich bin deutlich besser mit meinem Ministerium als in Medien dargestellt.“ Und er kündigte gleich einen nächsten Schritt an, Standards im Umweltbereich zu lockern: „Wir werden unsinnige Vorschriften beseitigen.“ Es geht um Landschaftsschutzgebiete, bei denen derzeit auch viele Ortsteile „noch komplett unter Schutz stehen“. Das führe dazu, „dass für jedes Vorhaben eine Ausgliederung beantragt werden muss“. Man werde dies jetzt für die Märkische Schweiz, Wandlitz, Strausberg und Teupitz ändern, dort Ortsteile aus den Schutzgebieten herausnehmen.

Von profilierten Naturschützern ist auf führenden Posten fast keiner mehr da. Gleich nach Amtsantritt als Minister für ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft hatte Vogelsänger im Dezember 2014 zunächst Matthias Freude, den langjährigen Präsidenten des Landesumweltamtes abgelöst. Der musste seinen Posten mit Dirk Ilgenstein tauschen, dem Chef des Landesamtes für ländliche Entwicklung. Der ließ 2015 Martin Flade, den Leiter des Biosphärenreservates Schorfheide Chorin, zwangsversetzen. Zwar hat Flade erfolgreich dagegen geklagt und in zwei Instanzen Recht bekommen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte kürzlich die Versetzung für nichtig erklärt.

Trotzdem kann Flade nicht auf diesen Posten zurückkehren. Am 24. Januar 2017 verfügte Ilgenstein eine Umstrukturierung im Landesumweltamt, bei der das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin aus dem Referat, dessen Chef Flade wieder wird, in ein neu gebildetes anderes Referat „ausgegliedert“ wird. Flade hat schon angekündigt, dagegen zu klagen. Sein Anwalt werde beim Arbeitsgericht in Eberswalde beantragen, „die Vollstreckung des Urteils des Landesarbeitsgerichtes zu erzwingen“. Und in einer „persönlichen Erklärung“ nannte es Flade „erschreckend“, dass der Präsident „das Urteil des Landesarbeitsgerichtes und damit rechtsstaatliche Prinzipien offenkundig nicht respektiert“. 

Keine Einwände

Vogelsänger jedenfalls hat mit diesem Vorgehen kein Problem. „Ich bin zuständiger Minister. Sonst ist es in erster Linie der Verantwortungsbereich des Chefs des Landesamtes für Umwelt“, sagte er. Der habe ihn über die Umstrukturierung informiert, die der Präsident in eigener Zuständigkeit mache. Einwände hat der Minister keine. Im Gegenteil. Ausdrücklich lobte der Minister den Präsidenten, „der seine Arbeit ganz hervorragend macht“. Vogelsänger, in und außerhalb des Landes nur als Agrarminister bekannt, ist jetzt gerade Vorsitzender der Umweltministerkonferenz in Deutschland. Das sei im Jahr der Bundestagswahl besonders spannend, sagte er. „Ich freue mich auf diese große Aufgabe.“

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