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Brandenburg: Blick auf die Sommermilchstraße Der kleine Ort Gülpe im Westhavelland wird wieder zum Mekka

für Astronomen. Mehr als 200 Sterngucker treffen sich an diesem Wochenende in Deutschlands erstem offiziellen Sternenpark

Gülpe - Schon kurz nach Sonnenuntergang erstrahlen drei Lichtpunkte am Nachthimmel, direkt über den Köpfen der Sterngucker auf dem Sportplatz von Gülpe im Havelland. „Das ist das Sommerdreieck: Wega im Sternbild Leier, Deneb im Schwan und Altair im Adler“, erklärt der Hobby-Astronom Carsten Debbe, der vor seinem Wohnwagen sein Teleskop am Polarstern einnordet. Bereitwillig gewährt der 43-Jährige den Zuschauern Blicke durch das Teleskop mit bis zu vierhundertfacher Vergrößerung. So ist am zunehmend dunklen Nachthimmel als derzeitiges Highlight auch Komet „Jacques“ zu sehen, der mit seinem Gasschweif durch das Sternbild Kassiopeia zieht.

Debbe ist einer von mehr als 50 Hobby-Astronomen, die sich an diesem Wochenende im ersten offiziellen Sternenpark Deutschlands mit ihren Teleskopen zum 4. „Westhavelländer AstroTreff“ versammeln. Jahr für Jahr wächst die Schar der Sternenfreunde, die sich auf dem Sportplatz des 150-Seelen-Dorfs Gülpe treffen – und staunen. Denn Gülpe ist einer der dunkelsten Orte Deutschlands. Bei klarem Himmel gibt es dort einen unvergleichlichen Blick auf das Sternenzelt.

Entdecker des Sternenparks Westhavelland ist der Osnabrücker Astronom Andreas Hänel, der vor fünf Jahren auf die Dunkelzone nur 70 Kilometer westlich von Berlin gestoßen ist. Er konnte dort eine Dunkelheit messen, die nur noch in Gegenden wie Chile oder Namibia übertroffen wird. Gemeinsam mit dem Naturpark Westhavelland trieb er die Anerkennung des ersten deutschen Sternenparks bei der Dark Sky Association voran.

Im Februar wurde die Auszeichnung verliehen. Seit August gibt es in Deutschland noch einen zweiten offiziellen Sternenpark: das Biosphärenreservat Rhön im Drei-Länder-Eck Hessen, Bayern und Thüringen. Gülpe ist weltweit der einzige solcher Parks, der so nahe an einer Großstadt liegt.

Die Auszeichnung brachte dem einstigen Geheimtipp Gülpe große Aufmerksamkeit. Dieses Jahr rechnen die Organisatoren mit mehr als 200 Besuchern. Und die erwartet zumindest bei klarem Himmel ein grandioses Spektakel: „Dann gibt es die Sommermilchstraße zu sehen mit Gasnebeln und Sternenhaufen“, schildert der Astronom. „Und der Planet Uranus wird hier in sehr dunklen Nächten mit dem bloßen Auge sichtbar.“ Solche Aussichten ziehen auch außerhalb des Astro-Treffens immer mehr Besucher in den Naturpark. „Die Buchungen haben um mehr als 20 Prozent zugenommen“, berichtet Ingolf Hammer, der zusammen mit seiner Frau Jordis eine kleine Pension mit angeschlossenem Künstler-Atelier betreibt. Die beiden wollen mit ihrem kleinen Kulturverein nun auf einem Nachbargrundstück einen Sockel für die Teleskope der Sternenfreunde errichten. Ein Berliner Arzt plant dort den Bau einer ersten kleinen Sternwarte.

Naturparkleiterin Ilona Langgemach freut sich über den wachsenden Zulauf der Sternengucker. Sie setzt große Hoffnungen in den Sternenpark, dessen dunkelste Kernzone etwa ein Fünftel des gut 1300 Quadratkilometer großen Naturparks Havelland ausmacht. Gemeinsam mit dem im Frühjahr gegründeten Förderverein „Sternenpark Westhavelland“ will Langgemach Schulklassen und interessierte Bürger zu den Sternen führen sowie wissenschaftliche Projekte fördern.

Der Verein hat ein leer stehendes Gebäude nahe dem Naturparkhaus im Gülper Nachbarort Parey im Auge, aus dem eine Sternwarte werden könnte. „Damit könnten wir Schüler und Lehrer für Astronomie interessieren, die ja im Unterricht kaum mehr stattfindet“, sagt Langgemach. Die Verhandlungen mit dem Finanzministerium als Eigentümer laufen. Ein Teleskop hat der Verein vom Potsdamer Planetarium geschenkt bekommen. Zwei Naturparkführer, die bislang vor allem Ornithologen als Kunden hatten, bieten schon nächtliche Touren für Sternengucker an.

Damit die Auszeichnung zum Sternenpark gelingen konnte, haben sich die angrenzenden Gemeinden verpflichtet, künftig beim Neubau oder Austausch von Straßenlampen nur noch Leuchten mit mattem gelbem statt weißem Licht zu verwenden. Dies nutzt den nachtaktiven Tieren wie Fledermäusen, Schleiereulen und Insekten – und am Ende auch den Menschen „Die Eulen fangen uns die Mäuse weg“, sagt Langgemach augenzwinkernd. „Wir wollen aus Sicherheitsbedürfnis alles ausleuchten oder möglichst lange Party machen – aber die Dunkelheit hilft uns, zur Ruhe zu kommen.“

Klaus Peters

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