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Bio-Qualität. Thomas Schubert, Geschäftsführer der Biomanufaktur Havelland, die bis zu zwei Tonnen Wurst und Fleisch täglich ausliefert.

© Bernd Settnik/dpa

Brandenburg: Bio ist den Konsumenten nicht wurst

Keine Massentierhaltung und kein Gen-Futter: Die Nachfrage nach Bio-Fleisch steigt in der Hauptstadtregion

Velten - Salami, Kotelett, Filet: Biologische und in der Region Berlin-Brandenburg hergestellte Fleisch- und Wurstprodukte sind gefragt. Die Hersteller kommen nach eigenen Angaben kaum nach. „Die Waren werden uns fast aus den Händen gerissen, auch ohne dass wir bislang viel Werbung geschaltet haben“, sagt Thomas Schubert, Geschäftsführer der Biomanufaktur Havelland in Velten (Oberhavel). Einer der größten Produzenten von Bio-Wurst und -Fleischwaren in Berlin und Brandenburg beliefert vor allem die Region. Wie gelingt es, die Nachfrage zu decken?

Rund eineinhalb bis zwei Tonnen Wurst und Fleisch werden mittlerweile pro Tag von der Veltener Biomanufaktur ausgeliefert, sagt Schubert. 2013 sei das Unternehmen – hervorgegangen aus einem insolventen Biobetrieb – mit elf Mitarbeitern gestartet, mittlerweile seien es 35.

Im ersten Jahr wurden pro Woche 30 Havelschweine verarbeitet, heute sind es 100. Von den Uckermärker Rindern, die wie die Schweine im Freiland leben, gehen 25 Tiere pro Woche nach Velten. „Jedes Jahr haben wir eine Steigerung um etwa zehn Prozent“, sagt Schubert. Binnen Jahresfrist erhöhte sich der Umsatz auf 10,2 Millionen Euro (2017) von rund 8,7 Millionen im Jahr 2016.

Jedes Fleischstück, das in die Manufaktur kommt, wird im Computer erfasst und kann bis zum Landwirt zurückverfolgt werden. Auch die Rezepturen für die unterschiedlichen Wurstsorten sind im Computer zu finden. 300 verschiedene Produkte sind im Angebot: Bratwürste mit Rosmarin, mit Bacon oder gestoßenem Pfeffer, unterschiedliche Sorten Leberwurst, über Buchenspänen geräucherte Schinken, Teewürste oder zwei Wochen lang gereifte Snacksalami.

Der Umsatz der Biobranche in Berlin- Brandenburg lag im Vorjahr insgesamt bei rund 500 Millionen Euro – sechs Prozent mehr als 2016. Die Tendenz sei steigend, sagt Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau, die Betriebe in beiden Ländern vertritt. Knapp 120 Bio-Supermärkte gebe es dort, in diesem Jahr seien weitere zehn geplant. Kontinuierlich steigende Umsätze bei Bio-Wurst und -Fleisch konnten auch die Edeka-Supermärkte in den vergangenen Jahren verzeichnen. Ständig werde daran gearbeitet, die Sortimente mit regionalen Artikeln auszubauen, sagt Marcus Reh, Abteilungsleiter Regionaleinkauf für Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt der Edeka Handelsgesellschaft. „Für uns ist es besonders wichtig, mit Lieferanten aus der Region langfristig und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten“, sagt er. „Nur dann ist es möglich, nachhaltige Konzepte zu entwickeln und erfolgreich regionale Ware in unseren Märkten zu handeln.“

Auch in den etwa 100 Berliner Fleischereien steige die Nachfrage, sagt Martin Stock, der Geschäftsführer der Fleischerinnung Berlin-Brandenburg. Die handwerklich produzierenden Betriebe hätten aber zunehmend Probleme, ausreichend Tiere – bio oder konventionell – aus Brandenburg zu bekommen. „Wir brauchen eine nachhaltige Lieferkette“, sagt er. Zudem sei es immer wichtiger, die Landwirte genau zu kennen, um Nachfragen der Kunden beantworten zu können.

Im Durchschnitt verspeist der Berliner im Jahr rund 1000 Kilogramm Lebensmittel, von Ei über Brot bis zu Fleisch und Fisch, hat der Stadtplaner und Agrarwissenschaftler Ingo Zasada vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg (Märkisch-Oderland) durch Auswertung von Statistiken ermittelt. Kann sich die Hauptstadt auch künftig trotz Bevölkerungszuwachs regional und möglicherweise bio ernähren? „Ja“, sagt er. Bio-Selbstversorgung wäre zumindest für die Berliner möglich. Wenn durch den Handel und Haushalte keine Lebensmittel verschwendet würden, könnten auch die Brandenburger versorgt werden. Rund um Berlin gibt es nach seinen Auswertungen 14 600 Quadratkilometer Acker- und Grünland. Die Hauptstadt benötige davon nur etwa die Hälfte, sagt Zasada.

Mit einer Investition von zwei Millionen Euro will sich die Biomanufaktur Havelland in den kommenden zwei Jahren auf die Zukunft vorbereiten. So werden die Hallen auf dem 3000 Quadratmeter großen Gelände umgebaut und modernisiert. Von der Anlieferung des Fleisches über die Produktionsabteilungen mit eigener Räucherei bis zur Kommissionierung und Auslieferung werde alles effektiver gestaltet, sagt Geschäftsführer Schubert. „Damit können wir den Umsatz noch einmal verdoppeln.“

Schubert hat ein weiteres Ziel: „Erstmals haben wir einen Außendienstmitarbeiter eingestellt, der zielgerichtet Hotels und Gaststätten ansprechen wird.“ Dort könnten noch mehr Abnehmer gewonnen werden. (dpa)

Gudrun Janicke

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