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Anpassen. Der Verbandsgeschäftsführer der Linken, Karl-Ludwig Böttcher, fordert, dass die Regelungen für Essensgeld im Kita-Gesetz an das Schul-Gesetz angepasst werden müssen.

© Waltraud Grubitzsc/dpa

Bildungspolitik in Brandenburg: Schüler-Bafög versus Essensgeld

SPD und Linke setzen in der Bildungspolitik bis 2019 unterschiedliche Schwerpunkte. Die Sozialdemokraten ernten für ein höheres Schüler-Bafög wenig Beifall.

Potsdam - Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg hat den Vorstoß von Linksfraktionschef Ralf Christoffers begrüßt, bei der Kita-Finanzierung durch das Land mit längeren Betreuungszeiten nachzusteuern. Er habe dafür bei der Anhörung des Landtags im Juni ausdrücklich geworben, sagte Verbandsgeschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher. „Wir freuen uns, dass sich immer mehr Unterstützer im Landtag finden, um die Landesfinanzierung den tatsächlichen Betreuungsleistungen der Gemeinden anzupassen.“

Wie berichtet will der Linksfraktionschef bis zum Jahreswechsel 2018/19 die vom Land finanzierte Betreuung verlängern. Bislang finanziert das Land sechs Stunden pro Tag, was rechnerisch auf 7,5 Stunden hinausläuft. Seit Jahren klagen Kommunen, Eltern, Träger und Verbände, dass das veraltete Kita-Gesetz an der Realität vorbei geht.

Weitere Betreuungsstufe nötig

Böttcher erklärte: „Landesweit haben die Gemeinden nicht nur die Zahl der Betreuungsplätze deutlich ausgebaut, sondern auch der Anteil der langen Betreuungszeiten ist massiv gestiegen.“ Im Krippenbereich werde mehr als ein Drittel der Kinder neun Stunden und länger betreut. Dennoch beteilige sich das Land nur für 7,5 Stunden pro Tag an den Personalkosten, obwohl zwei Drittel aller Kinder länger betreut würden. Eine weitere Betreuungsstufe, für die das Personal vom Land finanziert werde, sei deshalb nötig, um die Bildungsqualität in den Einrichtungen zu sichern.

Die Linksfraktion will nun im Dezember erste Schritte in der rot-roten Koalition mit der SPD vereinbaren, wie die Betreuungszeiten besser finanziert werden können. Aus Sicht der Fraktion schlägt die bisherige Strategie der Koalition, stets vor allem den Personalschlüssel zu erhöhen, fehl. Auch weil, wie Verbände und Träger kritisierten, die Zeiten wie Urlaub, Weiterbildung und pädagogische Vorbereitung bei der Personalberechnung nicht einfließen. Es werde immer mehr Geld in die Kitas gesteckt, ohne dass es wirksam vor Ort und für die Eltern spürbar ankomme. Deshalb müsse die Kita-Finanzierung grundsätzlich angepackt werden. Zumindest bei der Opposition aus CDU und Grünen, die seit 2015 mehrfach mit Vorstößen zu neuen Betreuungszeiten im Gesetz an der Koalition gescheitert waren, stieß die Linksfraktion damit auf Zustimmung.

SPD will Schüler-Bafög erhöhen

Die SPD-Fraktion setzt in der Bildungspolitik dagegen auf das Prestigeprojekt des früheren Generalsekretärs Klaus Ness. Sie will – wie berichtet – das Schüler-Bafög von 100 auf 125 Euro monatlich anheben. SPD-Fraktionschef Mike Bischoff sagte am Dienstag: Bildungsaufstieg müsse für jeden – unabhängig vom Portemonnaie – möglich sein. Das Schüler-Bafög sei dafür ein „gutes Instrument“.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Jan Redmann, sprach dagegen von einem Symbolthema der SPD, dessen Wirksamkeit man nicht überschätzen solle. Es sei sicher nicht falsch, die Leistung zu erhöhen, weitaus wichtiger wäre es aber, sich darüber Gedanken zu machen, warum das Schüler-Bafög nicht so wirksam sei.

Anspruch auf die monatliche Förderung vom Land haben Schüler aus einkommensschwachen Familien in den letzten Jahren vor dem (Fach-)Abitur. Die Zahl der gestellten Anträge war nach Angaben des Kulturministeriums zuletzt rückläufig und lag im vergangenen Jahr bei etwas mehr als 2500 Anträgen.

Fraglich ob Bafög Instrument für soziale Entwicklung sei

Die Linken wollen sich zunächst mit ihrem Koalitionspartner über die Einzelheiten verständigen. Fraktionschef Ralf Christoffers sagte aber schon einmal: „Es ist keine Frage des Geldes.“ Die Frage sei, ob das Schüler-Bafög ein Instrument für die soziale Entwicklung sei. Zudem müssten Bedenken des Landesrechnungshofes ausgeräumt sein.

Die Prüfer hatten in der Vergangenheit zu komplizierte Antragsformulare bemängelt. Diese würden vereinfacht, hieß es aus dem Ministerium. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Simona Koß, sagte, auch die Öffentlichkeitsarbeit werde intensiviert.

"Pseudo-Päckchen"

Die Grünen finden hingegen, es wäre für mehr Bildungsgerechtigkeit wichtiger, viel früher anzusetzen. „Wir haben noch nie zur Fan-Gruppe des Schüler-Bafögs gehört“, sagte Bildungsexpertin Marie Luise von Halem. Das Schüler-Bafög sei „ein kleines Pseudo-Päckchen“, was nicht geeignet sei, um gegen soziale Ungerechtigkeiten im Bildungssystem anzukommen.

Für den Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes gibt es noch weitere, weitaus wichtigere Baustellen im Bildungsbereich als das Schüler-Bafög, die auch weitaus mehr Menschen im Land, aber auch die Kommunen direkt betreffen. Böttcher forderte, dass die Regelungen für Essensgeld im Kita-Gesetz an das Schul-Gesetz angepasst werden müssten. Am Kita-Gesetz beklagt Böttcher etwa einen „völlig praxisuntauglichen Begriff“ bei den Essenskosten, die nach den „durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen“ errechnet würden.

Das Schulgesetz spreche dagegen von „angemessenen Preisen“ und regele, welche Qualität erforderlich und wirtschaftlich vertretbar sei. Böttcher sagte deshalb mit Blick auf die Kosten für Kita-Essen: „Viele Familien können ihre Aufwendungen für die häusliche Mittagsversorgung selbst nicht beziffern. Es ist doch geradezu absurd, dies dann wiederum centgenau den Gemeindeverwaltungen abzuverlangen, erst recht angesichts der individuell sehr unterschiedlichen Versorgungsstile in den Familien.“ (mit dpa)

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