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Brandenburg: Betrunken bei der Arbeit

Einer Studie zufolge müssen im Land Brandenburg überdurchschnittlich viele Erwerbstätige wegen Alkoholmissbrauchs ärztlich behandelt werden

Von Matthias Matern

Potsdam - Im Land Brandenburg haben überdurchschnittlich viele Erwerbstätige ein Alkoholproblem. Das zumindest ist ein Ergebnis des aktuellen Gesundheitsreports der Barmer Ersatzkasse für das Land Brandenburg. Einer Erhebung unter bundesweit 3,5 Millionen bei der Barmer versicherten Erwerbstätigen zufolge wurden im Jahr 2010 bei 1,17 Prozent der Personen „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ festgestellt. Trauriger Spitzenreiter mit einem Anteil von 1,59 Prozent ist Mecklenburg-Vorpommern, gefolgt von Hamburg, Bremen, Berlin, Schleswig-Holstein und Bayern. Das Land Brandenburg landet laut dem Barmer-Ranking mit 1,25 Prozent auf dem siebten Platz. Am geringsten ist der Anteil der Erwerbstätigen, die wegen Alkoholproblemen ärztlich behandelt werden mussten, in Thüringen (1,02 Prozent).

Im Land Brandenburg, das auch nach Auswertung der Barmer-Daten bundesweit den höchsten Krankenstand aufweist, wurden die Angaben von insgesamt 187 000 Personen analysiert. Zwar sei der Anteil derer, die aufgrund von Alkoholproblemen krank geschrieben seien, im Vergleich zu denen, die aufgrund anderer Ursachen fehlten, gering. Doch sei die Sucht nicht selten Auslöser für andere attestierte Beschwerden oder Unpässlichkeiten und werde somit statistisch gar nicht erfasst, gab der Landesgeschäftsführer der Barmer Brandenburg, Hermann Schmitt, am Dienstag zu bedenken. Zudem sei der bundesweit geschätzte volkswirtschaftliche Schaden durch Alkoholmissbrauch mit rund 26 Milliarden Euro immens. „Bei jeder sechsten Kündigung ist übermäßiger Alkoholkonsum ein Grund“, so Schmitt. Außerdem zeige die Auswertung, dass Arbeitnehmer mit einem nachgewiesenen Alkoholproblem im Schnitt 40 Tage länger krank geschrieben sind als andere Beschäftigte. Laut der World Health Organisation seien zudem Mitarbeiter mit riskantem Alkoholkonsum 3,5 Mal häufiger in Arbeitsunfälle verwickelt.

Das Alkoholproblem bei der Arbeit schätzen die Versicherer aber noch weit größer ein als die Krankschreibungen vermuten lassen. Rund fünf Prozent der Erwerbstätigen hätten einen riskanten Alkoholkonsum, heißt es in dem Report. Besonders betroffen seien Beschäftigte in Verwaltungen, helfenden Berufen und aus dem Gastgewerbe, berichtete Barmer-Landeschef Schmitt weiter. Technische Berufe oder das Handwerk dagegen spiele eine untergeordnete Rolle. „Das Klischeebild vom Bierkasten schleppenden Bauarbeiter gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an.“ Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht ist dem Report zufolge nicht relevant. Dafür aber das Geschlecht. Laut Barmer wurde 2011 im Land Brandenburg bei 923 Männern „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ diagnostiziert, bei den Frauen jedoch waren es nur 338 Fälle. Zudem sei die Gruppe der 55 bis 59-Jährigen sechsmal so stark suchtgefährdet wie die der 20 bis 29-Jährigen.

Bezogen auf die Zahl aller bei der Barmer Versicherten mit der Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ belegt Brandenburg sogar den Platz fünf. Innerhalb des Landes zeigt sich ein uneinheitliches Bild, das sich zudem kaum mit Kriterien wie wirtschaftliches Wachstum oder Berlinnähe erläutern lässt. Am höchsten ist der Anteil derer, die sich bereits wegen Alkoholmissbrauch stationär oder ambulant behandeln lassen mussten, im Elbe-Elster-Kreis. Gemessen an der Gesamtzahl der Fälle im Land waren es dort 2,55 Prozent. Auf dem zweiten Platz folgt der Kreis Dahme-Spreewald mit 2,51 Prozent. Angaben der Zukunftsagentur Brandenburg zufolge gehört der Kreis, der an Berlin grenzt und in dem der künftige Großflughafen Schönefeld liegt, zu den wachstumsstärksten Regionen des Landes. An dritter Stelle folgt die Uckermark (2,22 Prozent).

Den kleinsten Anteil an diagnostizierten Alkoholproblemen weist laut Report der Kreis Teltow-Fläming mit 0,6 Prozent aller Fälle auf. Potsdam kommt auf 1,19 Prozent, Potsdam-Mittelmark auf 1,12 Prozent. Matthias Matern

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