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Bertelsmann-Studie frühkindliche Bildung: Brandenburgs Kitas sind die besten im Osten

Der Personalschlüssel in Brandenburgs Kitas hat sich auch im bundesweiten Vergleich verbessert, konstatiert die Bertelsmann-Stiftung in ihrem "Ländermonitor" zu frühkindlicher Bildung. Brandenburger Eltern haben trotzdem noch konkrete Forderungen an Landes- und Bundespolitik.

Potsdam - Brandenburger Kinder werden in den Kitas inzwischen von mehr Erziehern betreut als noch vor einigen Jahren. Gemessen an der Entwicklung des Personalschlüssels gab es in brandenburgischen Krippen in den vergangenen Jahren bundesweit einen der größten Qualitätssprünge. Nur Sachsen-Anhalt hat sich noch weiter verbessert, wie die Bertelsmann Stiftung in ihrem neuen "Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme" schreibt. 

Bestes Betreuungsverhältnis in einem ostdeutschen Flächenland

2012 war demnach rein rechnerisch eine pädagogische Fachkraft für 6,6 ganztagsbetreute Krippenkinder zuständig. Fünf Jahre später waren es nur noch 5,8 Kinder. Auch für die älteren Kinder ab dem dritten Lebensjahr hat sich die Betreuungssituation verbessert, und zwar von 11,6 auf 10,8 Kinder pro Erzieherin. "Mit diesem Wert bietet Brandenburg den Kindergartenkindern im Vergleich der ostdeutschen Flächenländer die besten Betreuungsverhältnisse", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie. Ein weiterer Qualitätssprung, der im 2017 erhobenen Ländermonitor noch gar nicht berücksichtigt werden konnte: Seit August ist bei den älteren Kinder der Betreuungsschlüssel noch einmal leicht verbessert werden, von 1:11,5 auf 1:11. 

Eltern fordern konstante Gruppengrößen zu jeder Zeit

Das erkennen auch Brandenburgs Eltern an. "Wir können nicht sagen, dass auf Landesebene nichts passiert wäre", sagt Danilo Fischbach, der sich als Landes- und Bundeselternvertreter im Kitabereich engagiert, gegenüber den PNN. Allerdings, sagt Fischbach, seien diese rechnerischen Größen wie sie das Land mit seinem Betreuungsschlüssel präsentiert, für die Eltern  "extrem intransparent". "Wir fordern eine feste Kind-Erzieher-Relation, und das zu jeder Zeit, so dass auch eine Kontrolle durch die Eltern möglich ist, ob die Relation eingehalten wird", sagt Fischbach. Denn ein Betreuungsschlüssel von 1:11 bedeutet nicht, dass auch tatsächlich von früh bis spät eine Erzieherin eine Gruppe mit maximal elf Kinder betreut. In Stoßzeiten und bei Krankheit oder Urlaub von Kollegen können die Gruppen weit größer sein. Der Schlüssel spiegelt nur wider, wie viele Kinder und Erzieher es auf dem Papier insgesamt gibt. Diese Zahlen werden ins Verhältnis gesetzt.

Brandenburg bewegt sich, Sachsen stagniert

"Brandenburg zeigt, dass sich über die Zeit nennenswerte Verbesserungen erreichen lassen", loben die Autoren der Bertelsmann-Studie. Noch 2012 seien Brandenburg und Sachsen beim Personalschlüssel gleichauf gewesen. Doch während in Sachsen die Betreuungsrelation stagniert, habe sich Brandenburg in fünf Jahren "Qualitätsausbau" klar verbessert. Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern. Spitzenreiter mit dem besten Personalschlüssel sowohl im Krippen- als auch im Kitabereich ist seit 2014 Baden-Württemberg.

Hohe Arbeitsbelastung für Erzieher in Brandenburg/Havel

Manko in Brandenburg: Zwar hat sich der Personalschlüssel insgesamt verbessert, aber in der Realität gibt es laut Bertelsmann Unterschiede zwischen den Landkreisen. So musste 2017 eine Fachkraft in Brandenburg/Havel rein rechnerisch drei Kindergartenkinder mehr betreuen als in Ostprignitz-Ruppin. Für die jüngeren Kinder sei die Betreuungssituation landesweit einheitlicher. 

Gemessen an den Empfehlungen der Stiftung bestehe bei der Erzieherausstattung in Brandenburg trotz Verbesserungen "weiterhin erheblicher Ausbaubedarf", konstatiert Bertelsmann. Für eine kindgerechte frühe Bildung empfiehlt die Gütersloher Stiftung einen Personalschlüssel von 1:3 in den Krippen und 1:7,5 in Kindergärten. Doch das kostet: Um das umzusetzen, müssten in Brandenburg  zusätzlich 8254 Vollzeitkräfte eingestellt und weitere 385 Millionen Euro jährlich bereitgestellt werden, rechnet die Stiftung vor. 

Beitragsfreiheit und Qualitätsverbesserung

Für Brandenburg fordert Elternvertreter Fischbach neben weiteren Qualitätsverbesserungen perspektivisch eine komplette Befreiung der Eltern von Kitabeiträgen, da Kindertagesstätten wie Schulen einen Bildungsauftrag erfüllten. "Perspektivisch muss beides möglich sein", sagt der Familienvater aus Oberhavel. "Auch wenn es klar ist, dass das nun in Schritten passieren kann und viel Geld kostet." Seit August zahlen Eltern für das letzte Kitajahr vor der Einschulung keine Beiträge mehr. Fischbach war der Urheber der Elterninitiative, die seit Jahren für Beitragsfreiheit und mehr Transparenz bei den Kitagebühren kämpft.

Kritik am Gute-Kita-Gesetz

Mit dem sogenannten "Gute-Kita-Gesetz" will nun auch der Bund ab 2019 mehr in Kitas investieren - 5,5 Milliarden Euro bis 2022. Bertelsmann bremst aber die Hoffnungen der Länder auf Geldsegen aus Berlin, besonders der Ostländer. Denn derzeit ist geplant, die Bundesmittel nach Zahl der Kinder an die Bundesländer zu verteilen. Es wird nicht berücksichtigt, wie viele Kinder tatsächlich in Kitas betreut werden. "Dadurch werden jene Länder mit vielen Kindern in Kitas und Kindertagesbetreuung benachteiligt, traditionell Ostdeutschland, also auch Brandenburg", heißt es im Ländermonitor. Würde die Verteilung nach betreuten Kindern erfolgen, bekäme Brandenburg nach Bertelsmann-Berechnung 2021 und 2022 jährlich 68 Millionen Euro. Damit würden allerdings nur rund 15 Prozent des jährlichen Finanzbedarfs für den Qualitätsausbau abgedeckt. "Die Finanzierungslücke für den Qualitätsausbau in Kitas bleibt riesig", sagt Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. 

"Brandenburg muss beim Bund darauf drängen, dass das Gute-Kita-Gesetz angepasst wird", fordert auch Danilo Fischbach. "Sonst hat es seinen Namen nicht verdient."

Marion Kaufmann

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