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Brandenburg: Berliner Justiz will Opfern beistehen Jetzt soll ein Beauftragter die Hilfe besser vernetzen

Berlin - Die Ernennung Roland Webers zum ersten Opfer-Beauftragten Berlins sei nicht schwergefallen, sagt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Denn der 45-jährige Rechtsanwalt habe nicht nur Erfahrung im Umgang mit Opfern von Gewalttaten.

Von Sandra Dassler

Berlin - Die Ernennung Roland Webers zum ersten Opfer-Beauftragten Berlins sei nicht schwergefallen, sagt Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Denn der 45-jährige Rechtsanwalt habe nicht nur Erfahrung im Umgang mit Opfern von Gewalttaten. Er wisse auch, wie schwierig es für diese oft sei, Hilfe zu erhalten.

Weber nickt. Erzählt von Frauen und Männern, die Ende 20, Anfang 30 sind. „Erst in diesem Alter wagen sie, darüber zu sprechen, dass sie – oft sogar in der eigenen Familie – sexuell missbraucht wurden.“ Damals hätten sie sich nicht getraut, sich zu offenbaren. „Die Taten sind oft verjährt, aber die Opfer leiden noch immer.“

Eine Verbesserung des Opferschutzes hatte sich die große Koalition auf ihre Fahnen geschrieben. Zwar hat der Gesetzgeber schon einiges für die Betroffenen getan, doch um als Nebenkläger in einem Prozess auftreten zu können, muss sich das Opfer erst einmal zur Anzeige entschließen. Genau das tun viele aber erst gar nicht. Und nur jedes zehnte Opfer wende sich an eine Hilfsorganisation, sagt Weber. In der Opferhilfe gebe es eine Vielzahl „sehr guter Solisten“, nun müsse man daraus ein „Orchester“ bilden.

Weber will mit den Hilfsorganisationen ebenso sprechen wie mit Polizisten, Staatsanwälten und Richtern. Er will dafür sorgen, dass Opferschutz präsenter ist als bisher, dass die Information über die Hilfen verbessert wird und Lücken im System geschlossen werden. „Wir haben viele Angebote“, sagt Heilmann, „aber der Nutzungsgrad ist niedrig.“

Der Justizsenator wünscht sich von seinem Opfer-Beauftragten auch praktische Anregungen. So könne er sich vorstellen, dass Opfer von Missbrauch oder häuslicher Gewalt, die noch nicht sicher seien, ob sie Anzeige erstatten wollten, künftig anonym bleiben können. „In der Opfer- Ambulanz muss man dann aber auch die Verletzungen anonym dokumentieren, damit das Verbrechen nach längerer Zeit noch nachweisbar ist“, sagt er.

Als direkter Ansprechpartner für Opfer kann der Beauftragte Weber nicht fungieren, schließlich hat er nur ein Ehrenamt. „Wenn sich aber einzelne Bürger an mich wenden, werde ich sie natürlich weitervermitteln“, sagt er. Justizsenator Heilmann kündigt eine entsprechende Webseite im Internet an, wo Betroffene gezielt schnelle Hilfe finden.

Gisela Raimund, die Pressesprecherin des Weißen Rings, begrüßte wie auch andere Opferschutzorganisationen die Ernennung von Weber als „Schritt in die richtige Richtung.“ Michael Böhl, Berliner Sprecher beim Bund deutscher Kriminalbeamter, sprach von einem richtigen Signal: „Wir können nicht ständig Zivilcourage einfordern“, sagte er, „und dann jene, die sie gezeigt haben und deshalb zum Opfer wurden, allein lassen.“

Klaus Eisenreich, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, stimmte dem zu, warnte aber zugleich davor, dass der Opfer-Beauftragte zur „Alibi-Veranstaltung der Politik“ werden könne. „Noch besser wäre es, wenn die Polizei endlich wieder so ausgestattet würde, dass sie auch präventiv tätig sein kann“, sagte er: „Jetzt kommen wir nur, wenn wir gerufen werden – und dann ist immer schon jemand zum Opfer geworden.“ Sandra Dassler

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