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Im Sommer startet der Probebetrieb am BER mit 20.000 Freiwilligen. Das Foto ist bei der Pressekonferenz zum Probebetrieb entstanden. 

© Bernd Settnik/dpa

Berliner Großflughafen: Wenig Fragen im BER-Sonderausschuss

Am 31. Oktober 2020 soll der neue Airport starten, im Landtag tagt der BER-Sonderausschuss: Gibt es von den Abgeordneten Fragen zu aktuellen Problemen auf der Baustelle, zu Kabelmängeln, zum engen Zeitplan? Fehlanzeige.

Potsdam -  Die rund 20.000 Komparsen, die unentgeltlich den Probebetrieb am künftigen BER-Hauptstadtflughafen absichern, werden nach Einschätzung der Verantwortlichen nicht um einen Mindestlohn geprellt. Und die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) sieht auch keinen Anlass, diese Nulltarif-Praxis zu verändern und den Freiwilligen doch noch etwas zu zahlen. „Diese Diskussion ist eine Phantomdebatte“, sagte jedenfalls Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Montag im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtages in Potsdam. „Wir haben das rechtlich geprüft. Das fällt nicht unter das Mindestlohngesetz.“

Lütke Daldrup wies damit Kritik von Linke-Opposition und Arbeitsrechtlern zurück, dass die rund 20.000 Komparsen für ihre Teilnahme am Probebetrieb für die für den 31. Oktober 2020 angekündigte Eröffnung des BER lediglich ein Lunchpaket, jedoch keine Entlohnung erhalten. „Es ist ein Freiwilligenprogramm“, sagte Lütke Daldrup. Es handle sich schließlich um keine Arbeitnehmer, die Teilnehmer seien auch nicht weisungsgebunden. Neben Verpflegung habe man den Komparsen auch ein ÖPNV-Ticket oder kostenlose Parkplätze angeboten. Schon kurz nachdem die FBB dieses Programm gestartet hatte, sind die Plätze wie berichtet inzwischen auch weitgehend ausgebucht.

"Moralisch bedenklich"

Die Linke-Abgeordnete Marlen Block war mit der Antwort des FBB-Chefmanagers nicht zufrieden. „Die FBB sollte sich ihrer Vorbildwirkung und Verantwortung als öffentliches Unternehmen deutlicher bewusst werden“, erklärte Block danach. „Die Statisten nicht zu entlohnen, weil sie freiwillig kommen, ist jedenfalls moralisch bedenklich. Auch rechtlich bestehen erhebliche Zweifel an diesem Vorgehen.“ Block sagte, sie könne den „Betroffenen nur zu einer rechtlichen Prüfung und ggf. Geltendmachung von Lohnforderungen gegenüber der FBB raten“. Das Argument, dass es ja Freiwillige seien, ziehe nicht. „Arbeitsleistung wird in der Regel freiwillig erbracht, niemand geht hier von einer zwangsweisen Verpflichtung aus“, so Block. „Die Abläufe die hier geprobt werden sollen, erfordern eine weisungsgebundene Tätigkeit, die Statisten besuchen nicht nur den Flughafen, sondern sollen diesen „testen“.

Es war die erste Sitzung des BER-Sonderausschusses im neuen Jahr, in dem in nunmehr neun Monaten am 31. Oktober der neue Airport für Berlin und Brandenburg in Betrieb gehen soll – nach dann vierzehn Jahren Bauzeit. Wie berichtet hatten Lütke Daldrup und der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft am 29. November des vergangenen Jahres diesen neuen offiziellen Eröffnungstermin für den BER bekanntgegeben. Und klar war seitdem auch, dass es knapp werden kann. Um diesen Termin zu halten, müssen noch gravierende Mängel an Sicherheitskabeln abgestellt werden, die einer TÜV-Freigabe entgegenstehen. Ende November waren es nach PNN-Informationen rund 2500 offene Mängel. Obwohl die Kabelmängel das aktuelle BER-Hauptproblem sind, eines, das etwa nach Aussagen des Berliner SPD-Abgeordneten Jörg Stroedter im Berliner BER-Untersuchungsausschuss den Start gefährden könne, wollte im Brandenburger BER-Sonderausschuss kein Abgeordneter etwas zum aktuellen Stand der Abarbeitung der Kabelmängel wissen. Niemand fragte danach. Und Lütke Daldrup sprach die Thematik selbst nicht an. Auch zum weiteren Zeitplan, der knapp bleibt, gab es – ob aus Unwillen, Unkenntnis oder Unvermögen – von Abgeordneten keine Fragen. 

Präsentation voller Erfolge

Lütke Daldrup verwies auf jüngste Erfolge, etwa die Freigabe weiterer Anlagen durch den TÜV oder den erfolgreichen Abschluss der Wirk- und-Prinzip-Prüfung der technischen Systeme (PNN berichteten). Nach seinen Worten finden aktuell Heißgasrauchversuche im Terminal statt, für die die letzte Abnahmebescheinigung im März vorliegen soll.

Schon die Präsentation von Lütke Daldrup, die kurz vor der Sitzung an die Abgeordneten versandt und dann auch im Ausschuss gezeigt wurde, enthielt nur Erfolge, keine Hinweise auf Probleme im Hauptterminal. Das Gelb oder gar Rot früherer Präsentationen ist verschwunden, es dominieren nun grüne Farben. Der Ausschuss gab sich damit zufrieden. Im Frühjahr 2012 hatte die Baubehörde des Kreises Dahme-Spreewald mit ihrem Veto verhindert, dass eine halbfertige Baustelle als Großflughafen in Betrieb gehen konnte. Im Ausschuss zeigte sich Heike Zettwitz, neue Baubeigeordnete des Kreises Dahme-Spreewald, zuversichtlich, dass der Flughafen in diesem Jahr eröffnen kann. „Die Inbetriebnahme des BER hat für uns oberste Priorität“, sagte Zettwitz. Es sei Ziel, „es so zu begleiten, dass einer Inbetriebnahme in diesem Jahr hoffentlich nichts im Wege steht“. 

Bereits jetzt würden vom Flughafen fast täglich ein, zwei Aktenordner eintreffen, man erwarte von der Flughafengesellschaft die letzten Unterlagen für die Abnahmen „im ersten Quartal, gegebenenfalls auch ein paar Tage später“. Auch von der Baubehörde hängt es ab, wie die Abnahmen am BER in den nächsten Wochen und Monaten laufen können. Aber selbst an die Baubeigeordnete Zettwitz hatten die Abgeordneten keine Fragen. Lütke Daldrup und Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider wirkten jedenfalls, als die Sitzung so früh wie selten zu Ende war, sichtlich zufrieden. 

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