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Brandenburg: Berlin stinkt zum Himmel

200 Feuerwehrleute löschten die Flammen in einer Lagerhalle. Hunderttausende mussten Türen und Fenster schließen – von Pankow bis Hohenschönhausen

Berlin - Sie war kilometerweit zu sehen und auch zu riechen. Eine Rauchsäule bildete sich über dem östlichen Berlin. Ein Großbrand im Asia-Markt Dong Xuan Center in Lichtenberg – diese Meldung verbreitete sich in Windeseile in der ganzen Stadt. Auf der Straße, vom Bürofenster aus, auf Dachterrassen wurden Rauchsäulen-Fotos gemacht und in den sozialen Netzwerken verschickt. Die Polizei bat Anwohner, Fenster und Türen innerhalb eines Umkreises von fünf Kilometern zu schließen. Am Nachmittag meldete sich Jörg Kachelmanns Wetterdienst auf Twitter und erklärte, die Rauchsäule verlagere sich „nach Westnordwest“. Noch bis zum Abend wurden hunderttausende Bürger zwischen Prenzlauer Berg und Hohenschönhausen, zwischen Lichtenberg und Weißensee über das Feuerwehr-Infosystem „Katwarn“ gewarnt.

Der Markt selbst war nicht in Brand geraten, sondern eine Lagerhalle unmittelbar östlich des Geländes an der Herzbergstraße, einem großen Industrie- und Gewerbegebiet. Das bestätigte ein Sprecher des Bezirks Lichtenberg. Man kenne allerdings noch nicht den Eigentümer. Die Feuerwehr wurde gegen 11 Uhr von Anwohnern alarmiert. 200 Einsatzkräfte rückten mit mehr als 40 Lösch- und Spezialfahrzeugen an, die Polizei sperrte die Umgebung ab und schickte einen Hubschrauber zur Beobachtung. Die in der Halle Beschäftigten hatten ihren Arbeitsplatz beim Eintreffen der Rettungskräfte verlassen. Die 7000 Quadratmeter große Halle war nicht zu retten. Die Feuerwehr ließ sie kontrolliert abbrennen und kühlte die Nebengebäude, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. „Mehr können wir nicht machen“, sagte der Feuerwehrsprecher vor Ort, Bernd Bruckmoser.

In der Halle lagerten Stoffe zur Herstellung von Nagellack, deshalb entwickelte sich laut Feuerwehr eine „enorme Hitze". Nach Messungen in der Abgaswolke gaben die Behörden bald Entwarnung. Es habe sich „keine gesundheitsgefährdende Konzentration von Schadstoffen“ ergeben, erklärte die Feuerwehr. Gifte in geringer Konzentration seien möglich, sie würden aber mit dem Rauch abziehen. Vor Ort roch es stark nach verbranntem Gummi und Plastik. Bis weit nach Pankow war der üble Geruch zu spüren. Die Löscharbeiten verzögerten sich, weil die Feuerwehr nicht genügend Wasser heranschaffen konnte. Mindestens drei Hydranten auf dem Gelände des Einkaufszentrums funktionierten nach Angaben der Feuerwehr nicht, weshalb Wasserschläuche hunderte Meter bis zur Herzberg- und Vulkanstraße gelegt werden mussten. Probleme machten zeitweise aber auch Schaulustige, die im Weg standen.

Ein Augenzeuge berichtete: „Die Feuerwehr war schnell vor Ort, allerdings herrschte wegen der defekten Hydranten ein ziemliches Chaos.“ Feuerwehrsprecher Bruckmoser sprach von einem schleppenden Löschprozess. Die Einsatzkräfte waren auch fünf Stunden nach Ausbruch des Feuers noch immer mit dem Löschen beschäftigt. Dabei wurde auch die höchste Drehleiter eingesetzt, die der Feuerwehr zur Verfügung steht. Mit Löschschaum sollte von oben die Sauerstoffzufuhr gesenkt werden. Trotzdem stürzten erste Fassadenteile ein, weil sich die Eisenstreben durch die Hitze ausdehnten.

Brandermittler des Landeskriminalamtes nahmen die Ermittlungen auf und erhielten den Hinweis, dass es vor Ausbruch des Feuers Schweißarbeiten gegeben haben – eine mögliche Brandursache. In der Halle befanden sich Druckgasbehälter, deshalb gab es gegen Mittag kleinere Explosionen.

Am Nachmittag macht sich auch die Abgeordnete der Linken, Evrim Sommer, einen Eindruck vor Ort. „Ich bin erleichtert, dass es nicht im Dong Xuan Center brennt“, sagte die Direktkandidatin aus Lichtenberg. Sie will am Donnerstag im Parlament eine Anfrage stellen, weshalb einige Hydranten nicht funktionierten.

Der Brand wirkte sich auch auf den umliegenden Verkehr aus. Die Polizei sperrte die Straßen im Umkreis ab, zwei Tramlinien mussten umgeleitet werden. Der Betrieb auf dem Marktgelände ging trotz des Großeinsatzes nebenan weiter. Das Dong Xuan Center eröffnete 2005. Er wird von vietnamesischen Geschäftsleuten geführt und befindet sich auf dem Gelände des früheren VEB Elektrokohle. In vier Hallen bieten 150 Einzel- und Großhändler ihre Waren an. In Berlin sind etwa 20 000 Vietnamesen zu Hause. Das Einkaufszentrum gilt vielen als Zentrum dieser stillen Community.

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