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Das Dokument des Rechnungshofs wurde am Mittwoch erstmals in Ausschüssen des Brandenburger Landtags behandelt.

© P. Pleul, dpa

BER-Prüfbericht vom Landesrechnungshof: 403 Seiten für den Staatsanwalt

BER-Prüfbericht des Rechnungshofs im Landtag: Rufe nach Strafjustiz und personellen Konsequenzen

Potsdam - In Brandenburg beginnt nun die Debatte über Konsequenzen aus dem BER-Prüfbericht des Landesrechnungshofes. Dieser stellt wie berichtet den Eigentümern und dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg beim unvollendeten Airport ein verheerendes Zeugnis aus. Das 403–Seiten-Dokument wurde am Mittwoch erstmals, noch hinter verschlossenen Türen, im Haushaltskontrollausschuss und BER–Sonderausschuss des Parlamentes behandelt. Die Lektüre war für die Abgeordneten so eindrücklich, dass prompt der Ruf nach der Strafjustiz laut wird. Der CDU-Abgeordnete Sven Petke will den Rechnungshofbericht „an die Staatsanwaltschaft übergeben, um ihn auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen überprüfen lassen“, kündigte Petke an. „Es ist ein Krimi.“ Der Rechnungshof habe in seiner Tiefenprüfung „Regierungsversagen“ dokumentiert.

Auch Grünen-Fraktionschef Axel Vogel und Christoph Schulze von den Freien Wählern halten es angesichts der Fülle der Rügen des Rechnungshofes für geboten, dass die Staatsanwaltschaft den BER-Bericht unter die Lupe nimmt. „Es kann nicht sein, dass jeder Falschparker bestraft wird, aber ein Milliardenschaden keine Konsequenzen hat“, sagte Schulze. Es sei nach den Feststellungen des Rechnungshofes offenkundig, dass Pflichtverletzungen des Aufsichtsrates zum Fiasko am BER beigetragen hätten. Grüne, CDU und Freie Wähler halten es deshalb auch für zwingend, dass die Haftungsprüfung auf etwaige Schadenersatzforderungen gegen den früheren, von den damaligen Regierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck (beide SPD) geleiteten Aufsichtsrat wiederholt wird.

Der von den PNN bereits publik gemachte Rechnungshofbericht, der bislang als „Verschlusssache“ eingestuft war, ist jetzt öffentlich. Rechnungshofpräsident Christoph Weiser hob in der Ausschusssitzung die Geheimhaltungsstufe auf, auf die im Vorfeld die Flughafengesellschaft aus Sorge vor negativen Rückwirkungen in Schadenersatzprozessen um die geplatzte BER-Eröffnung gedrängt hatte. Den Antrag auf Aufhebung der Vertraulichkeit hatten die Grünen gestellt. Nach einstündiger Debatte votierte der Ausschuss einstimmig dafür. Ein Grund für den Schwenk Weisers war aber auch, dass es durch die vorherigen Veröffentlichungen des Dokumentes in den PNN nur noch eine formale Geheimhaltung gewesen sei, wie es hieß. Selbst die SPD – die wie die Linken noch vor der Sitzung dagegen war – begrüßte die Wendung. Nun könnten sich die Bürger „über den kompletten Inhalt der Prüfmitteilung informieren, was ein hohes Maß an Transparenz schafft“, sagte der SPD-Abgeordnete Helmut Barthel. Nächste Woche Dienstag wollen die beiden Ausschüsse den Bericht zum Flughafen BER in einer Sondersitzung öffentlich beraten.

Die Befunde der obersten Finanzkontrollbehörde erschüttern auch das Verhältnis von Regierung und Parlament in Brandenburg. „Landtag und Öffentlichkeit wurden über Jahre öffentlich belogen“, sagte Schulze. Der Nachweis werde im Bericht erbracht, etwa bei der Nichtinformation des Parlamentes über längst absehbare weitere Kosten für die öffentliche Hand, als 2012/2013 eine Spritze der drei Gesellschafter von 1,2 Milliarden Euro für den Flughafen bewilligt wurde. Ähnlich äußerte sich Petke. Zu keinem anderen Thema habe es so viele parlamentarische Anfragen gegeben wie zum BER seit der abgesagten Eröffnung. Wie es wirklich aussehe, erfahre man erst jetzt aus dem Bericht.

Auch erste konkrete Forderungen nach personellen Konsequenzen gibt es bereits. Die CDU forderte den Rückzug von Brandenburgs Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Linke) aus dem BER-Aufsichtsrat und ihre Entbindung von allen BER–Aufgaben. Trochowski hatte in den Jahren 2010 bis 2013, die der Rechnungshof geprüft hat, das Land in der Gesellschafterversammlung der Flughafengesellschaft vertreten. Doch die Staatssekretärin hat demnach an keiner der zehn Sitzungen des Gremiums teilgenommen, sondern sich vertreten lassen. „Im Berufsbeamtentum würde man das Arbeitsverweigerung nennen“, sagte der CDU-Abgeordnete Björn Lakenmacher. „Jeder Beamte müsste in so einem Fall mit einem Disziplinarverfahren rechnen.“ Die Regierung sieht zu weiteren Konsequenzen indes keinen Grund. Finanzminister Christian Görke (Linke) verwies darauf, dass Brandenburg bereits „Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen und Empfehlungen des Rechnungshofes gezogen hat.“ Das Land sei nicht mehr mit Regierungsmitgliedern im Aufsichtsrat vertreten, man habe das Controlling verbessert.

Grüne und Union in Brandenburg sprachen sich dafür aus, dass auch Berlins Spitzenpolitiker – der Regierende Michael Müller (SPD) ist BER-Aufsichtsratschef, Innensenator Frank Henkel (CDU) Aufsichtsratsmitglied – das Kontrollgremium verlassen sollen.

Ein PNN-Dossier mit Originalauszügen aus dem Prüfbericht steht hier erstmals zum Download bereit >>

Die Grüne-Fraktion stellte am Mittwoch den Prüfbericht komplett online >>

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