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BER: Berlin und Bund bremsen Platzeck aus

Brandenburgs rot-rote Koalition will das Volksbegehren bereits kommende Woche beschließen lassen

Potsdam - Das plötzliche Drängen Brandenburgs für ein strengeres Nachtflugverbot am künftigen Hauptstadtflughafen Schönefeld sorgt für politische Erschütterungen. Berlins CDU forderte am Mittwoch den Rücktritt von Ministerpräsident Mattias Platzeck (SPD) als BER-Aufsichtsratsvorsitzender. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erneuerte seine Kritik an Platzeck. In Brandenburg will die rot-rote Regierungskoalition bereits kommende Woche vom Landtag das mit 106 000 Unterschriften erfolgreiche Volksbegehren für ein Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr beschließen lassen.

Brandenburgs Fluglärmgegner verändern nach diesem Erfolg die Stoßrichtung ihrer Proteste gegen Wowereit. „Wir überlegen, unsere Mahnwachen und Aktionen von der Staatskanzlei in Potsdam vor das Rote Rathaus in Berlin zu verlagern“, sagte Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative, am Mittwoch den PNN. Zuvor hatten sich die Initiatoren des Volksbegehrens mit den rot-roten Koalitionären im Landtag getroffen. „Wir glauben, dass sie es ernst meinen“, sagte Schubert. „Das Problem ist jetzt nicht Brandenburg, sondern Berlin“.

Die von der Potsdamer Landtagsopposition erhobenen Vorwürfe wies Linke-Fraktionschef Christian Görke zurück. „Wir tricksen nicht.“ Brandenburgs Regierung werde mit Berlin ernsthafte Verhandlungen für eine Änderung des Landesplanungsstaatssvertrages aufnehmen, wie es das Volksbegehren verlange. So steht es im Entwurf des rot-roten Entschließungsantrags, der kommende Woche parallel zum Volksbegehren – das komplett angenommen wird – vom Landtag beschlossen werden soll. Da dies nicht reiche, so heißt es dort weiter, werde die Landesregierung gebeten, sich beim Land Berlin und dem Bund als Mitgesellschaftern einzusetzen, „dass die Betriebszeiten für planmäßige Flüge verkürzt werden“. Möglich sei dies aber nur über ein Planergänzungsverfahren, das der Flughafen – und das nur mit Zustimmung der drei Gesellschafter – selbst beantragen müsste. Nach den Reaktionen aus dem Bund und Berlin sind die Chancen dafür nahe Null. Scharfe Kritik an der Initiative des brandenburgischen Parteifreunds Matthias Platzeck, dem neuen Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, kam auch aus der Berliner SPD: „Wir brauchen einen Hauptstadt-Airport und keinen Dorfflughafen“, sagte Raed Saleh, Fraktionschef im Abgeordnetenhaus. Sein CDU-Kollege Florian Graf warf Platzeck Populismus vor. Ihm gehe es offenbar nur noch darum, seine Wahl in Brandenburg im Auge zu halten. Der CDU-Fraktionschef im Brandenburger Landtag, Dieter Dombrowski, forderte Platzecks Rückzug aus dem Aufsichtsrat. Grüne-Fraktionschef Axel Vogel forderte handfeste Ergebnisse von Platzeck und warnte den Regierungschef vor einer Schauveranstaltung.

Burkhard Kieker, Chef der Tourismusagentur Visit Berlin, erklärte angesichts neuer Rekorde bei den Besucherzahlen: „Wir können uns auf das Paderborner Niveau herabbegeben, aber das wird Berlin und Brandenburg nicht erfolgreich machen.“ Kieker dämpfte Erwartungen an weitersteigende Wachstumsraten im Tourismus. Dabei spiele die Frage eine Rolle, wie leistungsfähig der neue Flughafen sein könne. Berlins Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) sagte: „Die Entscheidung, den Flughafen zu bauen, hatte eine Basis. Und ich verlange, dass alle Gesellschafter zu der Vereinbarung stehen.“

Neben dem Tauziehen um das Nachtflugverbot soll die rot-rote Landesregierung nach dem Koalitionsantrag auf die Deutsche Flugsicherung einwirken, um Veränderungen beim Ab- oder Anflug auf den Flughafen Berlin Brandenburg zu erreichen. Denkbar seien verbesserte Sinkflugregelungen, ein Flugrouten-Wechsel nach Münchner Vorbild oder eine Übernahme des Modells von Berlin-Tegel, das für Wochenenden und Feiertage größere Höhen vorschreibt, ab denen Flugzeuge die vorgegebene Route verlassen können, heißt es. (mit axf /za)

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