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Die Kita kann nicht komplett kompensieren, wenn zu Hause nicht auf Mundhygiene geachtet wird.

© Inga Kjer/dpa

Barmer-Zahnreport 2020: Brandenburger Kinder leiden unter Karies und Kreidezähnen

Brandenburger Kinder haben nach einer Studie der Krankenkasse Barmer überdurchschnittlich häufig Kariesprobleme und leiden häufig unter sogenannten Kreidezähnen. Könnte eine Zahnarztbesuchpflicht helfen?

Potsdam - Im schlimmsten Fall bricht der Zahnschmelz ab. Die Kinderzähne verfärben sich weiß-gelblich oder gelb-bräunlich, werden extrem schmerzempfindlich. Und bei einigen Betroffenen wird der Zahnschmelz so porös, dass er absplittert. „Kreidezähne“ nennen Mediziner dieses Phänomen mit dem monströsen Fachbegriff: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH). Die Zahnerkrankung ist bisher kaum erforscht, ausgerechnet Kinder in Brandenburg sind besonders häufig von ihr betroffen. Das geht aus dem Zahnreport  der Krankenkasse Barmer hervor, der am Donnerstag in Potsdam vorgestellt wurde. Demnach wurden in Brandenburg im Jahr 2018 neun Prozent der Kinder wegen der Mineralisationsstörung behandelt, in Sachsen dagegen nur vier Prozent. Im Bundesschnitt haben acht Prozent der Kinder mit MIH zu kämpfen. 

Plastik-Weichmacher als Auslöser? 

„Da wir wenig über die Ursachen der MIH wissen, lassen sich auch diese regionalen Unterschiede nach jetzigem Kenntnisstand nicht erklären“, heißt es in dem Report, der auf landesweiten Abrechnungsdaten der Barmer aus dem Jahr 2018 beruht. Vermutet wird, dass Schwangerschaftsprobleme, die Einnahme von Antibiotika sowie Plastik-Weichmacher in Nahrungsmitteln zu Kreidezähnen führen können. Auch kariesfreie Kinder können von MIH betroffen sein. 

Vor allem Kinder aus einkommensschwachen Familien betroffen 

Gleichzeitig zeigt die Studie: Nicht nur poröser Zahnschmelz, auch Karies tritt in Brandenburg häufiger auf als in anderen Ländern. Nach den Daten der Barmer mussten im Jahr 2018 in Brandenburg 35,6 Prozent der Zwölfjährigen wegen Karies zum Zahnarzt. Der Bundesdurchschnitt lag bei 33,2 Prozent. Zwar geht der Anteil der Kinder mit Karies in Brandenburg seit einigen Jahren etwas zurück, hinter dem Rückgang stecke allerdings eine immer stärker werdende Polarisierung. Das heißt, die Karieslast verteilt sich auf immer weniger Kinder. 

„Es sind Kinder aus einkommensschwachen Familien, die am häufigsten Füllungen und Wurzelbehandlungen bekommen und nur schwer mit Präventionsangeboten zu erreichen sind“, sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg. Dabei seien zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen schon ab dem sechsten Lebensmonat Kassenleistungen. Doch zwei Drittel der Brandenburger Eltern von Kindern im Kita-Alter versäumen, mit ihren Kindern zur Vorsorge zu gehen. Nur 36,1 Prozent der Mädchen und Jungen zwischen zweieinhalb und sechs Jahren haben 2018 zur Kontrolle einen Dentisten besucht. „Wer mit seinen Kindern nicht zur Vorsorge beim Zahnarzt geht, bringt sie um die Chance, mit gesunden Zähnen aufzuwachsen“, mahnt Leyh. Denn Kinder mit kariösen Milchzähnen hätten meist auch schlechte bleibende Zähne.

Präventionsprogramme des Landes helfen nur bedingt 

Das Land Brandenburg habe im Rahmen des Bündnisses „Gesund Aufwachsen“ große Anstrengungen unternommen, um die Zahngesundheit von Kindern zu verbessern, konstatiert Leyh. Die zahnärztlichen Dienste der Gesundheitsämter erreichten jährlich mehr als 80 Prozent der Kindergartenkinder und Grundschüler. Mit dem Programm „Kita mit Biss“ verpflichten sich Kindertagesstätten zudem, auf gesundes Frühstück und regelmäßiges Zähneputzen zu achten. 

Diese Maßnahmen seien aber nur eine Ergänzung zur individuellen Zahnvorsorge, für die die Eltern verantwortlich seien. Zu diskutieren wäre aus Sicht der Barmer deshalb eine Art Zahnarztbesuchspflicht: Ähnlich wie bei der Masernimpfung müssten Eltern, die ihre Kinder zur Kita anmelden, nachweisen, dass sie mit dem Nachwuchs beim Zahnarzt waren. 

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