zum Hauptinhalt
Statt einem Ausbau der Bahn könnte jetzt eine weitere Strecke in Brandenburg wegfallen.

© PNN / Ottmar Winter

Bahnstrecken in Brandenburg: Zug fällt aus

Die alte Bahnstrecke zwischen Brandenburg an der Havel und Reckahn könnte für immer verschwinden.

Potsdam - Oft hat die Brandenburger Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen mit versprochen, Bahnstrecken in Brandenburg zu reaktivieren und so die Verkehrswende voranzutreiben. Dieses Versprechen wird nun getestet. Die Linke kritisiert, dass eine weitere Traditionstrasse nicht nur stillgelegt, sondern durch Entwidmung von der Landkarte getilgt werden soll. Das hatte das von Guido Beermann (CDU) geführte Infrastrukturministerium auf eine parlamentarische Anfrage bestätigt. Es handelt sich um eine Teilstrecke der historischen „Brandenburger Städtebahn“, nämlich der Abschnitt zwischen Brandenburg an der Havel und Reckahn, einem Ortsteil von Kloster Lehnin, etwa bekannt durch das Museum für den preußischen Schulreformer Rochow. Die Entscheidung liegt beim Landesamt für Bauen und Verkehr, das zum Beermann-Ressort gehört. Den Antrag hat ein Privateigentümer der Strecke gestellt.

Seit 1990 mehr als 55 Kilometer Gleise stillgelegt

In Brandenburg sind seit 1990 mehr als 550 Kilometer Bahnstrecken stillgelegt worden. Die Kenia-Koalition hat sich, insbesondere auf Druck der Grünen, eine Trendwende und Reaktivierung alter Trassen vorgenommen. Der Linke-Abgeordnete Christian Görke, verkehrspolitischer Sprecher und Ex-Minister Christian Görke, forderte das Beermann-Ministerium auf, „die Entwidmung weiterer Bahnstrecken zu verhindern!“ Denn nur wenn die Eisenbahn in den ländlichen Raum zurückgeholt werde, könne man zusätzliche Impulse für die Verkehrswende erzielen.

Landkreis würde Reaktivierung unterstützen

Görke verwies darauf, dass der Landkreis Potsdam-Mittelmark dem Land im Februar mitgeteilt habe, einen Wiederaufbau der historischen Bahnverbindung Treuenbrietzen – Niemegk – Bad Belzig – Brandenburg/Havel zu unterstützen. Nach seinen Worten wäre dies auch eine wichtige Querverbindung zwischen den Regionalexpressachsen des RE1 (Brandenburg/Havel), RE7 (Bad Belzig) und RE3 (Jüterbog). Der Kreis werde „eventuelle Planungen durch das Land unterstützen“, sehe aber „unter den aktuellen Gegebenheiten derzeit kein Potential“, heißt es dazu in der vom Beermann-Ressort verfassten Regierungsantwort. Darin legt sich das Verkehrsministerium nicht fest, verweis aber auf objektive Schwierigkeiten einer Reaktivierung der Trasse zwischen Brandenburg an der Havel und Bad Belzig, da dort bereits mehrere Abschnitte entwidmet worden seien, nämlich 27 von 55 Kilometern. Der aktuell beantragte Abschnitt ist weitere acht Kilometer lang. Dennoch werde, so die Antwort, eine „Nutzwertanalyse“ für eine etwaige Reaktivierung durchgeführt, deren Ergebnisse im Jahr 2022 in den Entwurf des neuen Landesnahverkehrsplans einfließen sollen.

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran - in den Sommerferien einmal wöchentlich, am Dienstag. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]
Auf die Frage nach den Möglichkeiten eine Entwidmung abzuwenden, antwortet das Beermann-Ministerium sybillinisch: „Werden im Verfahren aktuelle oder zukünftige Nutzungsinteressen angemeldet, obliegt der Planfeststellungsbehörde die Kontrolle der Ernsthaftigkeit und Nachvollziehbarkeit der angemeldeten eisenbahnspezifischen Nutzungsinteressen.“ Das Landesamt für Bauen und und Verkehr (LBV) hatte die beantragte Entwidmung im April 2021 bekannt gemacht. Bis Juli können Eisenbahnunternehmen, Gemeinden, Regionale Planungsgemeinschaften und andere Betroffene dazu Stellung nehmen. 

Regierungskoalition hatte Mobilitätsgesetz zugesichert

Die Entscheidung ist auch deshalb brisant, weil die Kenia-Koalition jüngst mit der mit mehr als 25.000 Unterschriften erfolgreichen Volksinitiative für eine Verkehrswende einen Kompromiss geschlossen hatte. Die verzichtete auf die nächste Stufe, auf ein Volksbegehren, weil die Koalition ein Mobilitätsgesetz für Brandenburg zugesichert hat. Ausdrücklich wurde in dieser Vereinbarung neben einem landesweiten Radwegeplan, attraktiven Nahverkehr-Angeboten und der Überprüfung von Straßenbauvorhaben auch ein „Reaktivierungskonzept für stillgelegte Bahnstrecken“ angekündigt. 

Zur Startseite