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Abgeflossen. Immer mehr Seen im Umfeld des Tagebaus Jänschwalde leiden unter Wassermangel. Untersuchungen sollen zeigen, inwieweit der Bergbau für den Wasserverlust verantwortlich ist. Die Grünen wollen das Thema im Landtag diskutieren.

©  Markus Pichlmaier

Austrocknende Seen in der Lausitz: Wasserfanal des Bergbaus

Erstmals räumt die Landesregierung gravierende Folgen des Braunkohletagebaus Jänschwalde für die Seen in der Umgebung ein. Doch der Bergbaukonzern Leag bestreitet jede Schuld.

Potsdam - Allein dass sich Brandenburgs Landesregierung derart deutlich zu den Folgen des Braunkohlebergbaus in der Lausitz äußert, ist bereits ein Novum. Gegenüber dem rbb erklärte der zuständige Abteilungsleiter im Umweltministerium, Kurt Augustin, dass der Braunkohletagebau Jänschwalde ein Grund für massive Wasserverluste in sechs Seen sei. Bislang war das nur für den Pastlingsee klar. Zwar bestreitet der Energiekonzern Leag jede Schuld, leitet aber trotzdem Wasser in den Pastlingsee ein. Doch im Sommer antwortete Umweltminister Jörg Vogelsänger (SPD) auf eine mündliche Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag zum Pastlingsee: „Nach erster Einschätzung ist für die Seespiegelabsenkung durchaus ein bergbaulicher Einfluss gegeben.“

Nun aber räumt Abteilungsleiter Augustin ein, dass weitaus mehr Seen in der Umgebung des Tagebaus Wasser verlieren. Die Wasserspiegel sanken um bis zu 1,40 Meter auch im Pinnower See, Kleinsee, Großsee, Schenkendöberner See und Deulowitzer See. Teilweise sei der Fortbestand der Gewässer gefährdet. Grundlage für die Einschätzung sind Messdaten des Landesumweltamtes.

Dramatische Lage kann nicht mehr geleugnet werden

Für den Tagebau muss der Grundwasserspiegel durch Abpumpen massiv gesenkt werden. Wie groß der Einfluss des Tagebaus aber genau ist, sei noch unklar, teilte das Ministerium mit. Im nächsten Jahr sollen weitere Untersuchungen folgen, um dann Maßnahmen gegen den Wasserverlust zu treffen. Augustin sagte: „Den genauen Anteil des Bergbaus wissen wir nicht, dazu sind noch Untersuchungen notwendig.“ Ergebnisse sollten im ersten Quartal 2018 vorliegen und ausgewertet werden. Dennoch: Dass sich das Ministerium überhaupt so weit herauslehnt, ist für die braunkohle-freundlichen Brandenburger Verhältnisse wie ein Durchburch. Denn jetzt ist die Lage so dramatisch, dass sie nicht mehr geleugnet werden kann. Ein Beispiel: Für den Pinnower See hatte das Ministerium trotz stetig sinkender Grundwasserstände im Umfeld einen Zusammenhang mit dem Bergbau dementiert. Und noch im Sommer den Klimawandel für den Wasserrückgang verantwortlich gemacht.

Das Energieunternehmen Leag, das ohnehin davon profitiert, sieht sich immer weiter in die Enge getrieben. Dabei profitierte es bislang davon, dass die Landesregierung das Unternehmen bei der Abgabe für das abgepumpte Wasser schont und im Gegensatz zu allen anderen im Land privilegiert. Kaum verwunderlich: Die Leag sieht keine Anhaltspunkte, dass der sinkende Wasserspiegel auf den Tagebau Jänschwalde zurückzuführen sei. „Eine solche Feststellung überrascht uns, weil sie der fachlichen Grundlage entbehrt und im Übrigen auch nicht näher faktisch begründet wird“, sagte der Chef-Geologe von Leag, Ingolf Arnold. „Aus den uns zur Verfügung stehenden Messdaten und hydrogeologischen Kenntnissen lässt sich kein Zusammenhang zwischen dem Wasserverlust in den Seen und der Grundwasserabsenkung des Tagebaues Jänschwalde ableiten.“ Die Leag pumpt laut dem Sender jährlich mehr als 200 Millionen Kubikmeter Grundwasser aus den Braunkohlegruben und greift damit massiv in den Lausitzer Wasserhaushalt ein.

Umweltschützer fordern Konsequenzen

Der Umweltverband Grüne Liga, der schon seit Längerem den Braunkohleabbau hinter den massiven Wasserverlusten vermutet, unterstellte dem Tagebaubetreiber einmal mehr, die Öffentlichkeit „an der Nase“ herumzuführen. Verbandssprecher René Schuster sagte: „Die Aussagen des Landesamtes bestätigen, dass die Grundwasserabsenkung deutlich weiter reicht, als vom Unternehmen zugegeben. Badeseen, Wälder und Schutzgebiete sind gleichermaßen betroffen.“ Schuster forderte einen Stopp der Grundwasserabsenkung, von der Badeseen, Wälder und Schutzgebiete „gleichermaßen betroffen“ seien. Das Voranschreiten der Tagebauentwässerung nach Norden müsse gestoppt werden. Von den Landesbehörden forderten die Umweltschützer rechtliche Konsequenzen gegenüber dem Energieversorger.

Die Grünen wollen das Thema nächste Woche in den Landtag bringen. „Die Lage ist dramatisch. Trotz des regenreichen Sommers sind die Wasserstände der Seen in unmittelbarer Nähe zum Tagebau auch in diesem Jahr weiter deutlich gesunken“, sagte die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky. „Der längst überfälligen Erkenntnis müssen jetzt Taten folgen. Die Landesregierung muss ein umfassendes Konzept entwickeln, um dem massiven Wasserrückgang der Gewässer entgegenzuwirken.“ Darin müsse festgelegt werden, ob der Tagebau fortgeführt werden könne und welche Maßnahmen zum Erhalt der Seen nötig seien. Bei der Braunkohleförderung wird das Grundwasser in einer Grube abgepumpt, damit der fossile Energieträger abgebaut werden kann. Auf Grundlage eines Gutachtens müsse die Übernahme der Kosten für den Wasserverlust durch die Leag festgelegt werden. Und Schinowsky erinnerte daran, dass die Landesregierung gewissermaßen zum Jagen getragen werden musste. Lange Zeit hatte auch die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen Braunkohleförderung und der großflächigen Absenkung des Grundwassers bestritten. Erst als am Pastlingsee 2015 massives Fischsterben einsetzte, untersuchte das Land die Ursachen für den Rückgang. (mit dpa/afp)

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