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Thomas Mix (SPD), Bürgermeister von Buckow, steht vor seinem Umgebindehaus. 

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Architektonische Rarität: Ein Umgebindehaus in der Märkischen Schweiz

Thomas Mix zog nach Buckow und brachte sich sein ganz besonderes Haus gleich mit. Seitdem gibt es in der Märkischen Schweiz eine Rarität: Denn Umgebindehäuser sind vor allem in der Oberlausitz typisch. Mix ist inzwischen Bürgermeister in Buckow und sein Haus ein Hingucker.

Buckow - Sobald Thomas Mix aus seinem Haus in Buckow (Märkisch-Oderland) tritt und in den Garten geht, bleibt er nicht lange allein. Einheimische sprechen ihn an, weil der SPD-Politiker seit gut drei Monaten ehrenamtlicher Bürgermeister des 1500-Seelen-Städtchens inmitten der Märkischen Schweiz ist. Ortsfremde, die auf der Ringstraße meist auf dem Weg zum einstigen Sommersitz des Dichters Bertolt Brecht und seiner Frau Helene Weigel sind, stoppen überrascht, weil sie unvermittelt vor einem Gebäude stehen, das sie nicht in der Brandenburger Provinz vermutet hätten.

Denn Mix' Zuhause ist ein sogenanntes hölzernes Umgebindehaus. Diese besonderen Fachwerkhäuser waren ab dem 17. Jahrhundert vor allem im Dreiländereck Schlesien, Böhmen und Sachsen gebaut worden. Das Charakteristische an diesen besonderen Fachwerkhäusern ist die Bauweise. Das Erdgeschoss bildet die Blockstube aus waagerecht übereinander geschichteten Balken. Darüber wird das Fachwerk mit Lehm oder Ziegelwänden errichtet, das von einem Umgebindegerüst gestützt wird. 

Ein altes Türschloss ist im Umgebindehaus zu sehen. 
Ein altes Türschloss ist im Umgebindehaus zu sehen. 

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Den Abschluss bilden Sparrendächer, die mit zusätzlichen Kehlbalken verstärkt werden. Nach Schätzungen der sächsischen Stiftung Umgebindehaus gibt es allein in den Landkreisen Bautzen und Görlitz (Sachsen) noch mehr als 6 000 Exemplare dieser Bauweise. Eine Besonderheit jüngerer Gebäude, wie das in Buckow, ist die „Verschieferung“: Das Fachwerk wurde als Wetterschutz mit aneinandergereihten Schiefertafeln verkleidet.

Haus aus Sachsen nach Brandenburg geholt

Mix hat sein dreigeschossiges Umgebindehaus vor Jahren aus der Oberlausitz (Sachsen) nach Buckow geholt. Der in Bayern geborene Unternehmer hatte das marode, vom Abriss bedrohte Denkmal 2011 beim Urlaub im Zittauer Gebirge in Neugersdorf entdeckt. „Wir hatten eine Ferienwohnung in einem Umgebindehaus. Noch nie habe ich so gut geschlafen, wie dort. Dann entdeckte ich das halb verfallene Exemplar und wollte es retten“, sagt Mix, der in West-Berlin lebend 1987 erstmals in Buckow war und sich schon damals vornahm, dort einmal hinzuziehen. 

Das tat er dann 2013 auch und brachte sein Haus inklusive der 16 Meter langen Holzbalken gleich mit. „Fünf Tage haben wir es in Neugersdorf abgebaut, in acht Tagen dann in Buckow wieder errichtet.“ Der eigentliche Ausbau jedoch dauerte anderthalb Jahre. Denn das Haus aus dem Baujahr 1888 war in ziemlich schlechtem Zustand, zumal es seit 16 Jahren leer gestanden hatte.

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„Mit der spektakulären Umsetzung meines Umgebindehauses wollte ich auf diesen besonderen Baustil aufmerksam machen, da einige dieser Häuser akut vom Verfall bedroht sind“, erklärt Mix. Das sieht Hochschulprofessor Thomas Worbs vom Informationszentrum Umgebindehaus in Zittau (Sachsen) allerdings etwas anders. „Gerade in der Erzgebirgsregion haben die Leute erkannt, was für ein architektonisches Kleinod wir da haben. Die meisten Umgebindehäuser sind in gutem Zustand, es gibt kaum noch welche zu kaufen“, meint der Bauexperte. Er verweist auf die touristisch angelegte Umgebindehausstraße in der Oberlausitz.

Über die Umzugskosten möchte Mix nicht sprechen

Durch Neugersdorf führt die viel befahrene Bundesstraße 96. Vor Jahrhunderten schon war sie eine Handelsstraße, an der die Umgebindehäuser gebaut wurden. Durch Straßensanierungen im Laufe der Zeit, liege die Trasse jetzt viel höher und verlaufe ganz dicht entlang der Häuser, erläutert Worbs. „Für diese Gebäude findet sich aufgrund des unattraktiven Standorts tatsächlich kein Käufer. Da ist eine Umsetzung wirklich sinnvoll“, erklärt der Wissenschaftler, der bestätigt, dass das von Mix erworbene Umgebindehaus ohne die Initiative des Wahl-Brandenburgers vermutlich verloren gegangen wäre.

Thomas Mix  im Wohnzimmer seines Umgebindehauses.
Thomas Mix  im Wohnzimmer seines Umgebindehauses.

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Was ihn der spektakuläre Haus-Umzug gekostet hat, will der Buckower Bürgermeister nicht verraten. Fördermittel habe er nicht in Anspruch nehmen können, seinen Denkmalstatus habe das umgesetzte Gebäude verloren, da es nicht mehr im „kulturhistorischen Kontext“ stehe, erzählt Mix. 

Über das Umgebindehaus in die Kommunalpolitik

Als Projektentwickler kennt er sich beruflich mit maroden Immobilien aus. „In Magdeburg und auch in Buckow habe ich Häuser saniert und neuer Nutzung zugeführt, die man allgemein schon abgeschrieben hatte.“ Mix glaubt, dass sein Umgebindehaus ihm den Weg in die Buckower Kommunalpolitik geebnet hat. „Die Leute glauben offenbar, dass ich schaffe, was ich mir vornehme. Erst wurde ich, für mich überraschend, in den Stadtrat gewählt, dann auch noch Bürgermeister.“ Sein großes Ziel: Das Städtchen Buckow, das von 1929 bis 1945 schon einmal den Zusatz „Bad“ im Namen führte, wird anerkannter Kneipp-Kurort.

Noch wohnt der 56-Jährige nur mit seinem Mann auf 320 Quadratmetern in dem Umgebindehaus. „Demnächst sind wir aufgrund meiner weitverzweigten Familie sieben Bewohner und für alle ist ausreichend Platz“, meint Mix lächelnd. Die Buckower, so erzählt er, hätten ihn und das Haus aufgeschlossen aufgenommen. „Als das Umgebindehaus 2014 fertig wurde, war das Interesse tatsächlich groß, da es etwas Besonderes in unserer Region ist“, erinnert sich die Buckower Tourismuschefin Annett Kiesner. Inzwischen sei das Gebäude vor allem etwas „für Eingeweihte“ oder Touristen, die zufällig vorbei kämen. (dpa)

Jeantte Bederke

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