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ALTE VORBEHALTE: Wie Berlin zu DDR-Zeiten verspottet wurde

„An Arroganz undGrößenwahn erkennste den Berliner/doch wenndn indnHintern trittst,/da macht er einen Diener./ Er hat nischt auf der Plautze/und nur ne große Schnauze.

„An Arroganz und

Größenwahn erkennste den Berliner/

doch wenndn indn

Hintern trittst,/

da macht er einen Diener./ Er hat nischt auf der Plautze/

und nur ne große Schnauze.“

Dieses mindestens 30 Jahre alte Spottlied aus DDR-Zeiten geht mir nicht mehr aus dem Kopf, seit Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske wegen des gemeinsam verbockten Flughafens diesen Satz gesagt hat: „Die Berliner reden im Moment genau so, wie die Brandenburger immer befürchtet haben, dass sie reden würden, wenn sie in unserem Land das Sagen haben.“

Wahnsinn! Ein Fall für Sprachwissenschaftler und Psychologen. Die „Frankfurter Rundschau“ übersetzte nicht eingeweihten Lesern den Satz so: „Zum Glück haben die Brandenburger die Fusion mit Berlin abgelehnt.“ Dem Brandenburger, den Baaske meint, muss man das gar nicht erklären. Der weiß, wie manche Berliner sich in der märkischen Provinz benehmen. Und Provinz ist bekanntlich schon Oberschöneweide. Der Brandenburger, den Baaske meint, kennt die arroganten Sprüche und kriegt noch heute den Stinkefinger gezeigt, wenn er sich mit seinem OSL- oder LDS-Kennzeichen in die Hauptstadt wagt.

Selbst einige meiner Berliner Freunde sind verstört oder gar beleidigt, weil ich immer noch lustvoll außerhalb Berlins wohne. Und wenn sie nach zwölf Jahren endlich kapiert haben, dass ich zur Kneipennacht lieber nach Cottbus fahre, fragen sie irritiert und voll im Ernst: „Ach, gibt es denn in Cottbus mehrere Kneipen?“

Mit Ost und West, so viel sei den nicht eingeweihten Lesern verraten, hat das ausnahmsweise mal nicht viel zu tun. Eher mit der „großen Hauptstadt“ der kleinen DDR, in die alles reingebuttert wurde: Arbeitskräfte, Wohnungen, ja sogar Bananen. Das tat vielen Umländlern weh. Und führte zu Spottliedern. Nach der Melodie von „Sing mei Sachse sing“ schleuderte man einst von Suhl bis Saßnitz aus heutiger Sicht fast schon hellseherisch den Berlinern entgegen:

„Erst sauft ihr

so viel Weiße/

und nachher

baut ihr Scheiße.“

Sandra Dassler

Die Autorin wohnt in

Berlin und der Lausitz.

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