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Gefordert. Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) leitet den Ausschuss.

© Bänsch/dpa

Brandenburg: Alles ganz vertraulich

Streit um juristische Fragen zum Start des Berliner BER-Untersuchungsausschusses

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin – Die Stimmung war gereizt. Gerade erst hatte sich der neue Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zum Flughafen BER konstituiert, da verhakten sich Regierungs- und Oppositionsfraktionen am Freitag in juristischem Streit. Es ging um die Forderung von CDU, FDP und AfD, bei der Aufklärung der „Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung für die Kosten- und Terminüberschreitungen“ beim Berliner Skandalprojekt auch Unterlagen und Informationen aus dem rot-rot-grünen Koalitionsausschuss herbeiziehen zu können.

Dieses Gremium hatte sich mehrfach mit dem Hauptstadt-Airport befasst, auch unter Beteiligung der Abgeordneten Jörg Stroedter (SPD) und Harald Moritz (Grüne), die als Fachleute hinzugeladen waren. Nach Auffassung der Opposition wurden dort von der Geschäftsführung des Flughafens Unterlagen zur Verfügung gestellt und Aussagen gemacht, die dem Landesparlament bisher nicht zur Verfügung stehen. Das soll sich ändern. Außerdem will die Opposition die Kollegen Stroedter und Moritz im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der am Freitag die Arbeit aufnahm, nach der Sommerpause als Zeugen hören.

Beide Abgeordnete sind aber gleichzeitig Mitglieder des Untersuchungsausschusses und deshalb sollen sie, das erwartet jedenfalls die Opposition, ihre Arbeit nach der Befragung als Zeugen im Ausschuss ruhen lassen. Die Koalitionsfraktionen hielten in der konstituierenden Sitzung des Untersuchungsgremiums entschieden gegen und schalteten den wissenschaftlichen Parlamentsdienst ein. Die Juristen des Abgeordnetenhauses müssen nun klären, ob die Sitzungen des Koalitionsausschusses für eine parlamentarische Aufklärung der BER-Probleme tabu sind, und ob Stroedter und Moritz dem Parlamentsausschuss weiter angehören dürfen.

Dieser Konflikt führte auf der ersten Pressekonferenz des neuen Ausschusses am Freitag zu einem munteren Schlagabtausch. Zuerst ermahnte die Vorsitzende Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) die Parlamentskollegen, die Vertraulichkeit der nichtöffentlichen Sitzung nicht zu brechen. Aber genau das wurde anschließend von fast allen Beteiligten systematisch vorangetrieben. Erst zeigte sich der CDU-Abgeordnete Christian Gräff „schockiert“ über das Verhalten der Regierungsfraktionen. Dann beschwerte sich der SPD-Mann Stroedter darüber, dass die Opposition ein „Parteigremium“ in die parlamentarische Untersuchung hineinziehen wolle. Er meinte den Koalitionsausschuss. „Das ist kein guter Weg.“

Anschließend hoffte der AfD-Politiker Frank-Christian Hansel auf eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ und der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja forderte Transparenz und „mehr Mut“ bei der weiteren Aufklärung des BER-Skandals. Der Linken-Abgeordnete Carsten Schatz wiederum warf der Opposition vor, mit internen Informationen „wild um sich zu werfen“. Am Ende wurde der Disput zwischen den Sprechern der sechs Fraktionen während der Pressekonferenz vom Vorwurf Stroedters gekrönt, die Opposition wolle aus dem Untersuchungsausschuss offenbar eine „Karnevalsveranstaltung“ machen.

Trotz dieser schweren atmosphärischen Störung, mit der die BER-Aufklärer des Parlaments in die Sommerpause gehen, ist die verfassungsrechtliche Frage, die dahintersteht, durchaus spannend. Nach Auffassung von SPD, Linken und Grünen ist der Koalitionsausschuss von Rot-Rot-Grün ein parteipolitisches Gremium. Die innerparteiliche Willensbildung entziehe sich aber der parlamentarischen Kontrolle. Außerdem könne es nicht sein, dass den Regierungsfraktionen auf diese Weise die freie Auswahl der Abgeordneten genommen wird, die sie in den Untersuchungsausschuss entsenden. Dagegen hält die Opposition den Koalitionsausschuss nicht für sakrosankt und will es nicht hinnehmen, dass dieses Gremium der Kontrolle durch das Abgeordnetenhaus entzogen wird. Am 7. September trifft sich der Ausschuss zur zweiten Sitzung. Ulrich Zawatka-Gerlach

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