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Brandenburg: Algerier aus Abschiebehaft entlassen Mourad Djeziri ist frei – das hat er ausgerechnet seiner Botschaft zu verdanken

Berlin - Die Freiheit kam ganz überraschend. „Ich saß gerade mit meinem Seelsorger, Herrn Fricke, zusammen, da kamen zwei Männer und sagten, ich könne gehen“, erzählt Mourad Djeziri.

Von Sandra Dassler

Berlin - Die Freiheit kam ganz überraschend. „Ich saß gerade mit meinem Seelsorger, Herrn Fricke, zusammen, da kamen zwei Männer und sagten, ich könne gehen“, erzählt Mourad Djeziri. Seit Wochen hatte der 58-jährige Algerier im Abschiebegewahrsam Berlin-Köpenick gesessen. Wie berichtet sollte der in Schleswig-Holstein lebende Mann nach Jahrzehnte langem Aufenthalt in Deutschland nach Algerien abgeschoben werden.

Bernhard Fricke, der als evangelischer Seelsorger im Abschiebegewahrsam arbeitet, war auf den verzweifelten Mann aufmerksam geworden: „Er hat hier alle seine inzwischen erwachsenen Kinder und keine Verbindung mehr in seine Heimat“, sagt er. Fricke hatte deshalb auch einen Antrag an die Härtefallkommission von Schleswig-Holstein gestellt. Doch die lehnte ab, sich gegen die Abschiebung einzusetzen, obwohl Djeziri fast 33 Jahre, davon die letzten 26 ununterbrochen in Deutschland gelebt hatte. „Ich bin 1979 als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen“, erzählte Djeziri nach seiner Freilassung. Da habe er im Chemiewerk Rüdersdorf gearbeitet, später sei er nach Dithmarschen gezogen. „Ich hab’ Deutsch gelernt, Kinder großgezogen und gearbeitet“, sagt er: „Wie soll man sich noch mehr integrieren? Nie habe ich damit gerechnet, dass man mich jetzt wegschickt“. Aus Furcht vor der Zwangsabschiebung war Djeziri nach Berlin geflüchtet und dort verhaftet worden. Dass er nun doch nicht abgeschoben wird, ist der algerischen Botschaft zu verdanken. Die hatte nach Angaben des Pressesprechers von Dithmarschen, Björn Jörgensen, zugesagt, die erforderlichen Dokumente für die Rückkehr Djeziris auszustellen. Dies sei nicht erfolgt, sagte Jörgensen, „deshalb wäre ein weiterer Verbleib in der Abschiebungshaft unverhältnismäßig gewesen“. Das bedeute aber keinen Verzicht auf die Abschiebung: „Sobald die Dokumente vorliegen, wird erneut geprüft.“ Das dürfte aber nicht geschehen, denn auch Algerien hat den Fall geprüft. „Herr Djeziri war seit 1986 nicht mehr in seiner Heimat“, sagte ein Sprecher der Algerischen Botschaft am Freitag dieser Zeitung: „Alle seine Kinder leben in Deutschland“. Auch habe es zuvor nie einen Abschiebeversuch gegeben, sagte der Sprecher: „Warum erst jetzt, mit 58 Jahren? Für uns ist das ein humanitärer Fall, die deutschen Behörden sollten ihre Entscheidung noch einmal überdenken.“ Mourad Djeziri hat wieder Hoffnung. „Ich werde mich am Montag bei der Ausländerbehörde melden und eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen“, sagt er. Dann könne er auch die ihm angebotene Arbeit annehmen. „Es gibt jetzt viele, die Djeziri helfen wollen“, sagt Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein. Nachdem Pfarrer Fricke Djeziris Schicksal öffentlich gemacht hatte, griffen auch Medien im Norden den Fall auf. „Vielleicht hat diese Öffentlichkeit geholfen“, sagt Fricke: „Vielleicht auch das Beten. Herr Djeziri und ich haben um die Wette gebetet: der eine zu Gott, der andere zu Allah.“ Sandra Dassler

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