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Agrarförderung: Hektarwirtschaft

Landespolitik streitet um EU-Pläne für neue Agrarförderung: Rot-Rot sieht Großbetriebe im Osten in Gefahr. Aber stimmt das?

Potsdam - Brandenburgs Politik streitet um die künftige Landwirtschaft in der Mark, die maßgeblich von der Förderung der Europäischen Union abhängt. Die rot-rote Landesregierung hat am Montag alarmiert auf EU-Pläne für eine Reform der Agrarförderung reagiert.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung warnten Finanzminister Christian Görke (Linke) und Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) am Montag vor negativen Auswirkungen auf die typischen großen ostdeutschen Landwirtschaftsbetriebe, falls Brüssel von bisherigen Direkt-Pauschalzahlungen je Hektar abrücken und durch eine degressive Förderung ersetzen sollte. Dagegen begrüßte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel die EU-Pläne als Chance für Brandenburgs Landwirtschaft. „Es wäre ein Schritt gegen Wettbewerbsverzerrung“, sagte Vogel am Montag den PNN.

Benachteiligung des Ostens?

In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ hatte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger angekündigt, dass die EU eine Reform der Agrarsubventionen vorbereitet, die er mit nötigen Einsparungen begründete. Bislang erhalten Brandenburgs Agrarbetriebe jährlich rund 300 Millionen Euro als Direktzahlungen – berechnet je Quadratmeter – aus Brüssel. Nach den Aussagen Oettingers soll es bei Direktzahlungen bleiben. Aber ab einer gewissen Fläche soll es dann pro Hektar weniger finanzielle Unterstützung geben als für den Grundstock. Das sieht die rot-rote Regierung als Benachteiligung des Ostens an, während die Grünen und der die kleinen Familienbetriebe vertretende Bauernbund darin Chancen sehen.

„Eine Kürzung der Direktzahlungen für die großen ostdeutschen Betriebe würde zu einem starken Einkommensverlust in den hiesigen ländlichen Regionen führen“, sagte Finanzminister Görke. „Die Direktzahlungen tragen dazu bei, den Betrieben die nötige Planungssicherheit und Stabilität zu geben.“ Es gehe um 143 000 Jobs im strukturschwachen Ostdeutschland. „Daher erwarte ich, dass hier noch einmal spürbar nachgesteuert wird.“

Wirtschaftliches Rückgrat der Region

Brandenburgs Landesregierung wird in Kürze nach Brüssel reisen. Das Thema steht dort auf der Agenda. Agrarminister Vogelsänger sagte, dass in Ostdeutschland „die Agrarbetriebe nicht erst seit DDR-Zeiten“ größer seien als in Bayern oder auch Baden-Württemberg. „Die Ursachen hierfür liegen weit in der Geschichte und haben auch mit der Naturausstattung des Landes zu tun.“ Eine Anspielung auf die Agrarstruktur der vergangenen Jahrhunderte, die anders als etwa in Thüringen vor 1945 durch Großgrundbesitz geprägt war. Zu ähnlichen Betriebsgrößen kam es nach 1945 durch die Enteignung der „Großgrundbesitzer“, Bodenreform und Zwangskollektivierungen zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), deren Nachfolger die hiesige Landwirtschaft dominieren. Vogelsänger sieht sie als „Mehrfamilienbetriebe“, die das wirtschaftliche Rückgrat der ländlichen Regionen seien.

Er argumentierte, dass es angeblich „keinen Grund“ gebe, „einen Hektar in einem größeren Betrieb anders zu bewerten als einen Hektar, den ein Familienbetrieb bewirtschaftet“.

Genau diesen vermeintlichen Gründen widersprach Grünen-Fraktionschef Vogel, den die rot-roten Abwehrreflexe nicht überraschten. „Der Punkt ist doch, dass die Großbetriebe Rationalisierungsvorteile haben“, sagte Vogel. Vom ersten bis zum letzten Hektar wie bisher die gleiche Summe zu zahlen, sei in Wirklichkeit eine Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Kleinen. Insofern würden die EU-Pläne, die einer langjährigen Forderung von Grünen und Bauernbund entsprächen, für mehr Wettbewerb sorgen. Vogel wies darauf hin, dass die separate Hektar-Förderung der Öko-Landwirtschaft von den Plänen nicht angetastet sei: „Im Endeffekt kann es also dazu führen, dass Großbetriebe in der Mark mehr auf Öko-Landwirtschaft umsteuern.“

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