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Brandenburg: Agent für Regenten

In einem spektakulären Prozess geht es um Spionage für Irans Regime. Betroffen war auch ein Politiker

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Berlin - Bewaffnete Beamte werden den Angeklagten zum Gerichtssaal begleiten, Zuschauer müssen durch eine Sicherheitsschleuse. Am Mittwoch beginnt am Berliner Kammergericht der Prozess gegen den 31-jährigen Pakistaner Syed Mustufa H. Der Mann soll ein Jahr lang im Dienst „einer dem Iran zuzurechnenden geheimdienstlichen Einheit“ gestanden haben, also Spion der Regierung in Teheran gewesen sein. Das wirft ihm die Bundesanwaltschaft vor, die zuständig ist, wenn es um die Sicherheit der Bundesrepublik geht.

H. soll im Sommer 2015 den SPD-Politiker Reinhold Robbe ausspioniert haben. Der hatte bei seinen Fahrten durch Berlin den Spion nicht bemerkt. Der Pakistaner habe im Auftrag der iranischen Revolutionsgarden gehandelt, heißt es aus Sicherheitskreisen. Dort wird vermutet, H. habe mit seinen Informationen einen möglichen Anschlag Irans auf Robbe vorbereiten sollen. Der SPD-Mann war 2010 bis 2015 Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Israel ist dem Teheraner Regime verhasst – Robbe sei als Ziel ins Visier geraten, falls Israel den Iran attackiert. H. soll von Bremen aus, wo er Ingenieurstudent war, erst im Internet über Robbe recherchiert, dann in Berlin Adressen ausgekundschaftet haben, an denen sich Robbe aufhalten könnte.

Zurück in Bremen hat der Pakistaner laut Sicherheitsexperten für seine Auftraggeber ein Infopaket mit Fotos und Unterlagen angefertigt. Der Agentenlohn war nicht üppig. Die Revolutionsgarden hätten ihrem Mann 800 Euro zukommen lassen. Im Juli 2016 nahm die Polizei den mutmaßlichen Spion fest. Vorgeworfen wird ihm auch, in Paris einen frankoisraelischen Wirtschaftsprofessor ausgeforscht zu haben.

Bei Spionage denken viele an die Glienicker Brücke, an den Austausch von Sowjet- und US-Agenten. Oder an die Kanzlerin, deren Handy vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein soll. Vielleicht an Cyberattacken, das Ausspähen von Computern. Der Spion in diesem Fall war traditioneller: Er fuhr wohl mit Bus und Bahn von Charlottenburg nach Mitte, soll mit Stiften seine Notizen gemacht haben. Neben Iranern wurden zuletzt Türken, Syrer, Marokkaner, Algerier, Libyer, Inder, Chinesen und Russen beim Spionieren erwischt, aber auch ein Deutscher, der die US-Amerikaner belieferte. Vor allem für die erstgenannten Staaten sind nicht deutsche Politiker das Ziel. Meist geht es den Geheimdiensten um Exilanten – so verfolgt der iranische Geheimdienst prowestliche und sozialistische Oppositionelle.

Schon im Sommer 2016 verurteilte das Kammergericht einen Iraner zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. Der 32-Jährige hatte oppositionelle Exiliraner für Teheran bespitzelt. Dafür bekam er 2015 rund 22 000 Euro. Das Vorgehen der Iraner erinnert an die Türkei: Seit Wochen wird gegen türkische Geistliche ermittelt. Die Ditib-Geistlichen stehen im Verdacht, im Auftrag Ankaras mutmaßliche Kritiker der türkischen Regierung ausspioniert zu haben. Der Verband hatte Spitzeleien im Januar eingeräumt. Ditib, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, ist mit rund 900 Moscheegemeinden der größte Islamverband Deutschlands. Die Religionsbehörde in Ankara, Diyanet, entsendet und bezahlt die Imame für deutsche Gemeinden. Auch der türkische MIT ist in Deutschland aktiv. Agenten verfolgen Kurden, linke Aleviten und Anhänger des Predigers Fethullah Gülen. Ende 2016 wurde in Hamburg ein Mann festgenommen, der Kurden-Funktionäre überwacht haben soll. Hannes Heine/Frank Jansen

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