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Affäre um nicht gesendeten Beitrag: Im Fall Braune ringt der RBB mit sich selbst

Die Intendantin des Senders stellt sich hinter ihren Chefredakteur und gegen die betroffenen Journalisten. Die Opposition glaubt nicht, dass der Regierungssprecher zu halten ist.

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Potsdam - Die Vorwürfe um eine versuchte Einflussnahme von Brandenburgs Regierungssprecher Thomas Braune auf das RBB-Fernsehen ziehen Kreise – in der Politik und der ARD-Anstalt selbst. In Brandenburgs Landtag legten CDU und FDP am Mittwoch Braune und RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein einen Amtsverzicht nahe. Und im RBB hat sich jetzt Intendantin Dagmar Reim eingeschaltet, in einem Brief an den Rundfunkrat hinter Singelnstein gestellt - und damit gegen die betroffenen Journalisten.

Singelnstein steht auch senderintern in der Kritik, weil er im Mai 2012 nach einer Beschwerde Braunes aus einem Beitrag zur geplatzten BER-Eröffnung eine Passage herausschneiden ließ, in der Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) unwirsch die Beantwortung einer Frage zum Hauptstadtflughafen BER ablehnte. In der Hauptsendung „Brandenburg aktuell“ um 19.30 Uhr lief der Film ohne die Sequenz. „Wichtig für uns ist: Der Chefredakteur hat ... aus journalistischen Gründen eine Änderung des Beitrages erwirkt“, schreibt Reim. „Ein unangekündigtes, fast überfallartig inszeniertes Interview mit dem Ministerpräsidenten war in seinen Augen zu diesem Zeitpunkt unangemessen und unnötig“. Es sei aber „unredlich wie falsch“ aus dem Vorfall eine Gefährdung der journalistischen Unabhängigkeit des RBB abzuleiten, so der Brief vom 11.März 2013.

Genau gegen diese Darstellung Singelnsteins, die Reim übernahm, hat sich am 12. März der Redakteursausschuss des Senders entschieden verwahrt. Nach dessen Erklärung hatte Singelnstein bei einer Aussprache damals selbst eingeräumt, einen Fehler gemacht zu haben. „In Verantwortung stehende Politiker auf aktuelle Fragen anzusprechen gehört zum journalistischen Handwerk. Auch ohne Vorwarnung und auch bei öffentlichen Terminen, bei denen es um eventuell ganz andere Themen geht“, stellte der Redakteursausschuss fest. Von einem Verstoß gegen den Pressekodex, den Braune reklamiert, könne keine Rede sein. Im Hauptausschuss des Landtages verteidigte Staatskanzleichef Albrecht Gerber am Mittwoch den Regierungssprecher. Der habe sich über einen gesendeten Beitrag beschwert, was legitim sei, aber nichts verlangt. Der Umgang damit, so Gerber, sei alleinige Angelegenheit des RBB. „Der Regierungssprecher hat seines Amtes gewaltet. Er muss die Chance haben, auf Fehler hinzuweisen“, sagte Gerber. „Von versuchter Einflussnahme kann man nicht sprechen.“ Die Stellungnahme des Redakteursausschusses, der sich gegen diese Darstellung richtet, wollte Gerber nicht kommentieren und sprach von einer internen Sache des Senders.

Die Opposition im Brandenburger Landtag hält die Versionen für unglaubwürdig und will das Thema in einer Sondersitzung der Hauptausschusssitzung erneut zur Sprache bringen, zumal Braune dem RBB-Redakteur unmissverständlich gedroht haben soll. Gerber bestätigte sogar, dass Braune dem Redakteur gesagt haben soll, wenn das der neue Stil sei, dann werde er sich das merken. Dies habe Braune aber nicht als Drohung gemeint, sagte Gerber. Wenn der Beitrag ohne Aufforderung geändert wurde, sagte Grünen-Abgeordnete Marie-Luise von Halem sagte, sei dies noch bedenklicher, denn dann sehe es nach „vorauseilendem Gehorsam“ aus. Der CDU-Abgeordneter Ingo Senftleben sagte, insgesamt sei dies ein schwerwiegender Vorfall. FDP-Fraktionschef Andreas Büttner sagte, „sollte sich der Verdacht bestätigten, kann ich mir nicht vorstellen, dass Herr Braune im Amt zu halten ist“.

Unterdessen räumte der RBB am Mittwoch ein, dass anders als von Singelnstein gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ behauptet, doch ein „fast sendefähiger Fernsehbericht“ zur umstrittenen Einladung Braunes zu einem Hintergrundgespräch der brandenburgischen SPD existierte. Kritisiert wurde damals nicht nur, dass die Einladung vom Sprecher der Landesregierung ausgeprochen worden war, sondern auch, dass zwei Journalisten, die nicht explizit eingeladen waren, aber dennoch kamen, am 1. September 2010 mit einem Rauswurf durch die Polizei gedroht wurde. Nach entsprechenden Medienberichten habe Singelnstein noch mal die Existenz eines entsprechenden Fernsehbeitrags überprüft, sagte RBB-Sprecher Justus Demmer den PNN am Mittwoch.

Der Beitrag sei damals nicht gesendet worden, weil Platzeck wenig später offiziell eingeräumt habe, dass die Einladung durch Braune eine Fehler gewesen sei, und dass dies in dieser Form nicht mehr passiere. Tatsächlich sollte der Beitrag am 8. September gesendet werden, am selben Tag äußerte sich Platzeck im Landtag. „Die Entscheidung traf damals die Redaktion, Singelnstein war nicht involviert“, sagte Demmer. Den PNN war damals aber gesagt worden, der Beitrag sei kurzfristig gestrichen worden, weil Braune zu schwammig geantwortet habe. Gestern hieß es offiziell, erst drei Monate später sei der Chefredakteur von der Autorin des RBB-Beitrags in einer Mail auf den nicht gesendeten Beitrag aufmerksam gemacht worden. Im Gespräch mit dem „Spiegel“ habe Singelnstein die Mail schlichtweg nicht mehr vor Augen gehabt, sagte der RBB-Sprecher. 

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