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Die AfD in Brandenburg hat den ursprünglich geplanten Lehrer-Pranger ausgeweitet.

© Christophe Gateau/dpa

AfD in Brandenburg: Was hinter dem erweiterten AfD-Portal steckt

Die Brandenburger AfD-Fraktion hat den ursprünglich geplanten Lehrer-Pranger deutlich ausgeweitet. Jetzt können auch Probleme aus dem Schulalltag gemeldet werden. Die PNN erklären, was dahintersteckt.

Potsdam - Man kann der AfD in Brandenburg auch melden, wenn Unterricht ausfällt, der Putz von der Decke rieselt oder das Schulessen nicht schmeckt. So steht es ausdrücklich in den Hinweisen auf der jetzt gestarteten AfD-Meldeplattform „Neutrale Schule“ der AfD-Landtagsfraktion, womit die Aktion über die allein auf etwaige Verstöße gegen das politische Neutralitätsgebot ausgerichteten Plattformen etwa in Berlin oder Hamburg hinausgeht. Der Unterschied ist gewollt. 

Der AfD-Landtagsabgeordnete Steffen Königer ist für das Portal zuständig.
Der AfD-Landtagsabgeordnete Steffen Königer ist für das Portal zuständig.

© Sebastian Gabsch

AfD-Mann Königer: Nur AfD-Kritik wäre zu kurz gesprungen

„Es ist ein bisschen anders als das, was die Hamburger machen“, sagt zumindest Steffen Königer, der AfD-Abgeordnete und bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, der das Brandenburger Portal verwaltet. „Uns geht es nicht nur um AfD-Kritik, um Verstöße gegen das Neutralitätsgebot. Das wäre zu kurz gesprungen.“ Und das sei von Anfang an so vorgesehen gewesen, behauptet Königer. „Wir haben Interesse zu erfahren, wo der Schuh an den Schulen drückt.“ Und er zieht einen Bogen zu einer Fragebogen-Aktion, bei der er im Frühjahr alle Grundschulen nach Problemen – von Ausfall bis Ausstattung – befragt hatte. Etwa von jeder zehnten Schule habe es vom Direktor eine Antwort gegeben. 

Auf den Pressekonferenzen, als das Portal angekündigt wurde, war allerdings davon nicht die Rede, sondern allein von Verstößen gegen das Neutralitätsgebot, oder von „linken Lehrern“ und „Indoktrinationen wie zu DDR-Zeiten“. Mit den angekündigten juristischen Überprüfungen durch Bildungsministerin Britta Ernst und Landtagspräsidentin Britta Stark (beide SPD) habe das nichts zu tun, sagt Königer. So hatte Stark eine Rückforderung von Fraktionsgeldern angedroht. 

Der Schritt könnte juristische Gegenmaßnahmen erschweren

Die neue Entwicklung wird denn auch von der Landtagspräsidentin aufmerksam registriert. „Das Portal der AfD-Fraktion erscheint nun anders als zunächst angekündigt; die öffentlichen Diskussionen und meine Prüfabsichten haben wohl Wirkung gezeigt“, sagte Stark am Mittwoch den PNN. „Die Landtagsverwaltung wird sich das online gegangene Portal ansehen und bewerten.“ Es scheint also nicht ausgeschlossen, dass die Ausweitung des Portals auf Probleme im Schulalltag, womit sich die Koordinaten etwas weg vom Ansatz politischer Gesinnungsschnüffelei und Denunziationsplattform bewegen, hin zum Rahmen zulässiger Arbeit einer Oppositionsfraktion, juristische Gegenmaßnahmen erschweren könnte. Für eine juristische Bewertung sei es noch zu früh, sagte Ralph Kotsch, der Sprecher des Bildungsministeriums auf Anfrage. „Und kein Mensch, den an Schulen etwas stört, muss über den Umweg AfD gehen.“ Der direkte Kontakt zur Schule stehe schließlich allen Schülern und Eltern frei. „Man kann sich genauso an die Schulämter wenden und zu guter Letzt auch direkt an das Ministerium.“

Brandenburger Lehrer haben eine Unterschriftenliste gestartet

Die Proteste gegen die am Dienstagabend gestartete AfD-Meldeplattform nehmen – ungeachtet der Schul- und Parlamentsferien – auch in Brandenburg zu. So kursiert jetzt auch an Brandenburger Lehrer-Kollegien nach Berliner Vorbild ein offener Brief samt Unterschriftenlisten – an die AfD im Land. In diesem legen Lehrer Geständnisse ab – etwa dass „wir die Zeit des Nationalsozialismus nicht als ,kleinen Vogelschiss’ behandelt haben“. Ein Hinweis auf diese Entgleisung des AfD-Bundeschefs Alexander Gauland, der vorher Partei und Fraktion in Brandenburg geführt hatte. Oder auch das Geständnis, „dass wir sprachliche Tabubrüche von seiten Ihrer Partei und anderen Menschen im Unterricht also solche thematisiert haben, weil rassistische und diskriminierende Aussagen als solche in unserem Land benannt werden müssen“. 

Die Junge Union forderte am Mittwoch eine sofortige Abschaltung des Portals. Und Brandenburgs SPD rief dazu auf, das „Petz-Portal“ zu nutzen, Demokraten zu nominieren, „um der AfD die Meinung zu sagen“, wie Generalsekretär Erik Stohn erklärte. In der Gesellschaft gebe es keinen Platz für Einschüchterungsmethoden. 

Unter den bisherigen Einträgen war auch eine Pizza-Bestellung

Und die Resonanz nach einem Tag? „Stündlich gehen fünf bis acht Einträge ein“, sagte Königer, der in der AfD eher als gemäßigt galt, Mitglied des Bundesvorstandes ist. Bis Mittag seien es insgesamt etwa einhundert Meldungen gewesen, überwiegend „Unsinn“ wie etwa eine Pizza-Bestellung, wobei unklar blieb, ob er auch politische Kritik darunter versteht. Drei, vier seien aber dabei, wo er nachhaken wolle. „Der Aufruf zum Spammen hat geringen Erfolg.“

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