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Brandenburg: Ach, du heilige Nudel

Spaghettimonster-Verein darf doch nicht am Ortseingangsschild für seine Nudel-Messe werben und erwägt nun rechtliche Schritte

Templin – Der Schilderstreit um die „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ (FSM) geht in die nächste Runde. Die Behörden erteilen dem Verein nun doch keine Genehmigung für das Anbringen von Hinweisschildern zu ihrer „Nudelmesse“ an Freitagen. Die kirchenkritische Parodie-Glaubensgemeinschaft, die sich selbst „Pastafaris“ nennen, hatte diese nach behördlicher Absegnung in einem ersten Akt ausgerechnet an Masten angebracht, an denen bereits die Kirchen an den Ortseingängen für ihre Gottesdienste werben. Als die Kirchen protestierten, bot Templins Bürgermeister Detlef Tabbert (Linke) den Nudelschildern Asyl an städtischen Masten an. Schließlich ging die Sache mit dem Templiner Schilderstreit bis hinauf ins Kultusministerium – nun erwägt Vereinsgründer Rüdiger Weida alias „Bruder Spaghettus“ rechtliche Schritte.

Auf den ersten Blick ist es eine skurrile Debatte, die seit einigen Monaten die brandenburgische Landes- und Lokalpolitik beschäftigt. Dürfen die Spaghettimonster-Gläubigen an denselben Masten auf ihre Messe hinweisen wie die christlichen Kirchen? Templins Bürgermeister Tabbert schmunzelt, wenn man ihn darauf anspricht. Der Streit hatte immerhin schon Journalisten aus China und von der BBC beschäftigt. Man sei ja tolerant, auch gegenüber kirchenkritischen Satirikern, sagte er den PNN. FSM kommt aus den USA, eine Reaktion auf die ultrakonservativen Kreationisten, die die Schöpfungsgeschichte der Bibel in Biologie unterrichtet sehen wollen. Tabbert zufolge haben die christlichen Kirchen für ihre Masten bezahlt, „daher haben sie auch einen Anspruch darauf“. Weida wollte seine aber auch selbst bezahlen. Das Befriedungsangebot, die FSM-Schilder gratis an städtische Masten montieren zu lassen, lehnte der Bruder aber ab. Man wolle „keine Werbeschilder, sondern Gottesdiensthinweisschilder“.

Es ist eine brandenburgische Posse mit langwierigem Hin und Her zwischen Behörden, Politik, Kirchen und den Anhängern des FSM. Sie beten an einem Altar mit Bier auf Weidas Grundstück und hoffen auf die Stripper-Fabrik im Jenseits. Anfang Dezember noch hatte der zuständige Landesbetrieb für Straßenwesen also die Schilder – nach ursprünglicher Genehmigung – am Mast unter den Hinweisen auf die kirchlichen Gottesdienste abmontiert. Als Reaktion hatte Weida Anzeige wegen Diebstahls erstattet. Die Behörde musste die Schilder dann herausrücken, woraufhin Weida erneut zur Tat schritt. Kurze Zeit später hingen die Schilder wieder an Ort und Stelle. „Die Kirchen hier fühlen sich auf den Schlips getreten, aber das wollen wir wirklich nicht. Wir wollen nur Gleichberechtigung“, sagt Weida den PNN. Der selbst ernannte „Bruder Spaghettus“ pocht auf eine Genehmigung der Straßenmeisterei. Bürgermeister Tabbert versuchte zu vermitteln und lud zum klärenden Gespräch. Weidas Verein bekam dann als Weltanschauungsgemeinschaft die Genehmigung, seine Schilder in Absprache mit Tiefbauexperten an eigene Masten im Abstand von rund 20 Metern vor oder hinter denen der Religionsgemeinschaften anzubringen. Rüdiger Weida akzeptierte zunächst, änderte aber dann die Meinung.

Nun hat die Landespolitik Klartext gesprochen. Religionsgemeinschaften und Kirchen dürften laut Bundesverkehrsministerium mit Straßenschildern für ihre Gottesdienste werben. FSM habe allerdings „keine ernsthafte religiöse Substanz“, wie Brandenburgs Kultusministerin Sabine Kunst (SPD) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage ihrer Landtagsfraktion erklärte. Der Landesbetrieb werde daher keine weitere Genehmigung für die Aufstellung erteilen, Schilder müssten wieder abgenommen werden. Bei den „Pastafaris“ sorgt das für neuen Ärger. Rüdiger Weida: „Da die Feststellung des Kultusministeriums, unsere Kirche wäre keine Religionsgemeinschaft, für diese Entscheidung unerheblich ist, () ist eine weltanschaulich motivierte Einflussnahme des Kultusministeriums nicht auszuschließen.“ Weida sagt aber immer, er glaube genauso ans Spaghettimonster wie Christen an den lieben Gott. Martin Niewendick/Annette Kögel

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