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Brandenburg: Abschied im Zorn

Oliver Neumann fühlt sich als Opfer bürokratischer Willkür. Der Unternehmer will die Koffer packen

Von Matthias Matern

Brandenburg/Havel - Oliver Neumann aus Hessen fühlt sich im Land Brandenburg ungerecht behandelt. Seine Geschäftsidee, glaubt er, ist bürokratischer Willkür und dem Einfluss mächtiger Lobbyisten zum Opfer gefallen. Eigentlich wollte der Geschäftsführer der Spot AG (Spirit of Technology) aus Offenbach auf dem Gewerbegebiet Kirchmöser bei Brandenburg/Havel aus gepressten Pflanzenabfällen der Lebensmittelindustrie, sogenannten Pellets, ein Gas herstellen, das in einem nahen Heizkraftwerk umweltschonend zu Strom und Wärme umgewandelt werden sollte. Eine entsprechende Pilotanlage vergammelt seit Jahren ungenutzt auf dem Gelände. Das brandenburgische Landesumweltamt hatte nach einigen Störfällen den Betrieb untersagt. Jetzt muss Neumann die Anlage beseitigen, hat das Potsdamer Verwaltungsgericht kürzlich entschieden.

Rund sieben Millionen Euro hat Neumann nach eigenen Angaben investiert. Die Gerichtsentscheidung bezeichnet er als „Skandal“. In Brandenburg wundere er sich „über nichts mehr“, dort würden offensichtlich „eigene Gesetze“ gelten. Vermutlich sei der Einfluss der „Kohlelobby“ im Land so groß, dass sie seine Technologie verhindern könne, behauptet er.

Besonders schlecht zu sprechen ist Neumann auf das Landesumweltamt. Sein Streit mit der Behörde reicht bis ins Jahr 2003 zurück und dreht sich vor allem um die Frage, ob die sogenannte Bio-Synthesegasanlage genehmigungspflichtig ist oder nicht. „Nein“, behauptet Neumann. Die Technologie sei nicht im Bundesimmissionsschutzgesetz aufgelistet. Lange sträubte er sich deshalb überhaupt einen entsprechenden Antrag zu stellen. „Ja“, sagt Bodo Schwiegk vom Landesumweltamt. Eine Einschätzung, die das Verwaltungsgericht jetzt bestätigte. „Darauf haben wir von Beginn an hingewiesen“, sagt Schwiegk.

Dennoch hatte Neumann damals mit dem Bau begonnen und mit dem Kraftwerksbetreiber einen Gasliefervertrag abgeschlossen. Ein durch die Bauaufsicht der Stadt verordneter Baustop war die Folge. Widerwillig fügte sich Neumann und beantragte eine Genehmigung, die 2004 schließlich unter Auflagen erteilt wurde. Nun schien es endlich loszugehen: Im November kam ein Staatssekretär des Landeswirtschaftsministeriums zur Einweihung, ein Professor der Technischen Universität Cottbus lobte das „innovative Verfahren“ als „Durchbruch in der Biomassevergasungstechnik.“

Doch stattdessen kam der Zusammenbruch: Das benachbarte Heizkraftwerk ging pleite, Neumann überwarf sich mit den neuen Eigentümern, ein von der Investitionsbank Brandenburg genehmigter Fördermittelantrag wurde wegen fehlender Unterlagen widerrufen, die Testläufe des Reaktors wurden zum Fiasko. Mindestens dreimal kam es 2006 zu Verpuffungen, Rußwolken zogen über das Gewerbegebiet, Anrainer klagten über gereizte Augen und Atemwege, Polizei und Feuerwehr rückten aus. Aus Neumanns Sicht Lappalien: „Das können sie vergessen“, meint er heute. Schließlich untersagte das Landesumweltamt im Mai 2006 den Betrieb, die Genehmigung erlosch und Neumann zog dagegen vor Gericht.

Gegen das vorliegende Urteil will der Spot-Geschäftsführer wohl keine Berufung einlegen. Das sei nicht „zielführend“, meint Neumann. Wahrscheinlich werde er die Anlage ins Ausland schaffen lassen. „Nach Indien oder in die USA. Dort ist das Interesse sehr groß.“

Zumindest in den Behörden des Landes wird ihm wohl keiner eine Träne nachweinen. Sowohl beim Landesumweltamt, als auch bei der Investitionsbank und dem Umweltministerium galt Neumann nach Aussagen von Mitarbeitern als schwierig und uneinsichtig. Auch in der Stadt Brandenburg scheint man nicht allzu traurig: „Es hat von Anfang an geknirscht“, meint Stadtsprecher Norbert Plaul. Matthias Matern

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