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35 bis 40 Millionen Euro: Der Stillstand am Flughafen BER wird noch teurer

Deshalb lautet Mehdorns Motto: starten – egal wie. Doch sein Vorschlag zur Teileröffnung des Großflughafens gilt als riskant.

Schönefeld - Jeder Monat Zeitverzug am BER koste die Steuerzahler zusätzlich 15 Millionen Euro, hieß es bisher. Jetzt hat Flughafenchef Hartmut Mehdorn gegenüber der Soko im Bundesverkehrsministerium sogar von 35 bis 40 Millionen Euro gesprochen, die das Pannenprojekt BER mit jedem Monat Stillstand verschlingt. Damit wächst der Druck, endlich voranzukommen. „Wir müssen nicht alle an einem Tag umziehen. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund“, sagte Mehdorn nun im RBB-Fernsehen. „Wir werden das also scheibchenweise machen.“

Damit ist die ursprünglich geplante – und für den schließlich geplatzten Eröffnungstermin im Juni 2012 bereits vorbereitete – Variante, eine Nacht lang die Stadtautobahn zu sperren und sämtliche Gerätschaften im Konvoi von Tegel nach Schönefeld zu fahren, vom Tisch.

Details dürfte Mehdorn bei der BER- Aufsichtsratssitzung am Mittwoch erläutern. Im Mittelpunkt stehen die Fragen, wann die neue Südbahn in Schönefeld freigegeben wird und wie die Passagiere abgefertigt werden. Als mögliche Varianten gelten die teilweise Freigabe der Anbauten des neuen Terminals, ein Bustransfer vom alten Terminal oder der Bau provisorischer Abfertigungsgebäude.

Damit agiert Mehdorn im Sinne der Politiker, die ihn zum BER geholt haben: „Priorität hat eine schnelle Eröffnung – in welcher Form auch immer“, sagte Senatssprecher Richard Meng am Sonntag. Allerdings hütete sich der Sprecher von Klaus Wowereit (SPD), jegliche Euphorie des Regierenden über den nun wieder absehbaren Fahrplan bis zur Eröffnung zu verkünden: Erst müsse die Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch abgewartet werden. Bei der werde sich zeigen, ob Mehdorns Plan „schon ein entscheidungsreifes Konzept oder erst mal nur eine Grundidee“ sei. Außerdem müsse auch ein in sich schlüssiger Plan unter rechtlichen und finanziellen Gesichtspunkten sorgsam abgewogen werden – etwa ob die Teileröffnung den im Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen Countdown für die Schließung des Flughafens Tegel in Gang setze und welche zusätzlichen Kosten ein Parallelbetrieb aller drei Flughäfen verursache.

Diese Frage macht auch Martin Delius (Piraten) misstrauisch, der den BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses leitet: „Selbst wenn Teilbereiche eröffnet werden, ist noch nicht gesagt, dass da auch jemand fliegt.“ Zwar gilt als möglich, dass zunächst nur eine Fluggesellschaft den BER nutzt, aber die dürfte nur bei entsprechenden Anreizen dazu bereit sein. Auch deshalb fürchtet Delius, dass das Desaster nur noch teurer wird: Der dann fällige Parallelbetrieb von Anlagen „wirft neue Probleme auf bei der Wirtschaftlichkeit der Flughafengesellschaft“. Delius sieht in dem neuen Plan „einen Coup von Mehdorn und dieser Sprint-Gruppe, um nach außen hin Arbeitsfähigkeit zu beweisen. Teilbetrieb 2014 – das klingt gut, aber ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss.“

Die Brandenburger Landesregierung ist offen für Mehdorns Plan: „Alles, was hilft, den Flughafen zum Laufen zu bringen, ist sicher zu prüfen. Eine Teileröffnung wäre sinnvoll, wenn sie sich in ein Gesamteröffnungskonzept einbinden lässt und wirtschaftlich ist“, sagt Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der auch im Aufsichtsrat sitzt.

Selbst die CDU in Brandenburg – anders als im Bund und in Berlin in der Opposition, daher beim BER besonders angriffslustig – kann diesem Szenario etwas Positives abgewinnen. „Es ist sicher reizvoll, eine Teileröffnung zu prüfen. Aber es löst die Gesamtprobleme nicht“, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski am Sonntag. Allerdings warnt auch er vor den Risiken der Teileröffnung. „Es ist nicht nur juristisch offen, was das für die Schließung von Tegel bedeutet“, sagte Dombrowski. Der Flughafen wäre dann auch in Zugzwang, nach dem jüngsten Urteil des Oberverwaltungsgerichtes den Lärmschutz rechtzeitig zu gewährleisten. Mehdorn regte erneut an, über einen längeren Weiterbetrieb von Tegel nachzudenken, obwohl Berlin, Brandenburg und Bund als Gesellschafter das bereits mehrfach als unrealistisch abgelehnt haben.

Fürs laufende Jahr sollen die „angemeldeten“ 650 Millionen Euro für den BER laut Mehdorn reichen. Den Gesamtbedarf könne man allerdings erst im Herbst ermitteln. Allerdings mehren sich die Befürchtungen, das die Kosten auf mehr als fünf Milliarden Euro steigen könnten – auch wegen des gerichtlich erzwungenen besseren Schallschutzes. Dombrowski warnt bereits, dass die Wirtschaftlichkeit des neuen Airportes auch auf Dauer nicht gesichert sei. (mit HB)

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